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Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Titel: Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Huber
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politischer Macht transformierte sich im Zeichen für den Dollar in die Verbindung von Religion und wirtschaftlicher Macht (vgl. Braun 2012: 123. 148f.).
    Die notwendige Korrektur zielt darauf, Geld wieder als Mittel zu verstehen, und hat eine religionskritische Komponente. Sie beruht auf der Einsicht, dass Geld nicht Gott ist. Der Säkularisierung des Staates muss eine Säkularisierung des Geldes folgen. Sie ist vorgezeichnet in der biblischen Unterscheidung zwischen Gott und Geld, die der Unterscheidung zwischen Gott und politischer Herrschaft genau nachgebildet ist. Ebenso wie in Jesu Wort zur Steuermünze hervorgehoben wird, man solle dem Kaiser geben, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist (Matthäus 22, 21), so heißt es über das Geld: «Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.» (Matthäus 6,24)
4. Vertrauen
    Zu einer «Ökonomie für den Menschen» gehört Vertrauen. Als Grundregel für die Wahrung von Vertrauen gilt in der christlichen Tradition die Goldene Regel: «Was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.» (Matthäus 7,12) Zu dieser Regel finden sich Parallelen inunterschiedlichen religiösen und kulturellen Traditionen. Sie beruht auf dem Grundsatz wechselseitiger Achtung, aus dem ein Verhalten der Gegenseitigkeit abgeleitet wird.
    Die Verdrängung ethischer Gesichtspunkte kann man exemplarisch daran ablesen, dass der Begriff der Goldenen Regel in der Ökonomie eine ganz andere Bedeutung angenommen hat. Er bezeichnet entweder die Sparquote einer Volkswirtschaft, die im Idealfall der Kapitaleinkommensquote entspricht, oder den empfehlenswerten Anteil von Aktien an einem Wertpapierdepot. Die Goldene Regel ist damit aus einer ethischen Grundorientierung zu einer ökonomischen Handlungsmaxime geworden.
    Ursprünglich bezeichnete sie die Vertrauenswürdigkeit im menschlichen Miteinander, von der kein Mensch ausgenommen ist; sie bezieht sich, um einen inzwischen geläufigen Ausdruck aufzunehmen, auf alle Anspruchsgruppen, auf alle
stakeholder
: Anteilseigner und Mitarbeitende, Kunden und Lieferanten, die allgemeine Öffentlichkeit. Sie muss sich in einem Verhalten zeigen, das anderen gegenüber Respekt ausdrückt und seinerseits Respekt verdient. Bestechung, Betrug und Korruption lassen sich deshalb nicht damit rechtfertigen, entsprechende Verhaltensweisen seien in einem bestimmten Umfeld gang und gäbe. Selbst dort, wo man eine solche Situation vorfindet, geht es, ethisch betrachtet, darum, solche Verhaltensweisen zu ächten, nicht sie zu übernehmen.
    Manche Vorgänge erschüttern nicht nur das Vertrauen in einzelne wirtschaftliche Akteure, sondern in die Wirtschaft als Ganze. Zu diesem Vertrauensverlust tragen maßlose Managergehälter und Abfindungen, rücksichtslose Massenentlassungen sowie ebenso rücksichtslos wirkende Verkäufe und Käufe von Unternehmen oder Unternehmensteilen bei. Die einseitige Bevorzugung der
shareholder
-Perspektive hat eine systemische Vertrauenskrise zur Folge.
    Auf die Frage, was Einzelne tun können, heißt die Antwort: Einzelne sind es, die Vertrauen verspielen; Einzelne müssen auch das Entscheidende dafür tun, dass es wiedergewonnen wird. Menschen mit klarer ethischer Haltung und sozialer Kompetenz sind deshalb die wichtigste Voraussetzung dafür, dass sich Vertrauen erneuert und das Konzept einer sozialen Verantwortung wirtschaftlicher Institutionen wieder Bedeutung gewinnt.
Wirtschaftsethische Klärungsprozesse
    Die neuen Herausforderungen der globalisierten Wirtschaft erfordern eine Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft hin zu einer sozialen, nachhaltigen und global verpflichteten Marktwirtschaft (EKD, Riss 2009; Huber 2010). Mit einer solchen Weiterentwicklung ist nicht eine leichtfertige Preisgabe tragender Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft gemeint. Ihre Erfolge werden aufs Spiel gesetzt, wenn die Aufgaben staatlicher Regulierung und Aufsicht aus Nachgiebigkeit gegenüber einem ungeregelten Kapitalismus vernachlässigt werden. Es muss auch in Erinnerung gerufen werden, dass im Konzept der Sozialen Marktwirtschaft alle Einkommensschichten vom Wirtschaftswachstum profitieren. Schließlich gehört zur Sozialen Marktwirtschaft die Bereitschaft, auf neue Wettbewerbssituationen mit neuen Initiativen zu reagieren. Von asiatischen Wirtschaftsführern werden die Europäer

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