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Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Titel: Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Huber
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gleichen Würde aller Menschen verpflichtet zum Einsatz für diejenigen, denen Gleichheit verweigert wird, insbesondere für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Die Ausbeutung von Frauen durch unbezahlte Arbeit, ihre geringere Entlohnung und ihr Ausschluss von wirtschaftlicher Verantwortung lassen sich nicht mit kulturellen Gegebenheiten im jeweiligen Land rechtfertigen.
2. Nachhaltigkeit
    Zum Respekt vor der gleichen Würde jedes Menschen gehört die Verantwortung für die Lebensbedingungen künftiger Generationen. Die Gerechtigkeit zwischen den Generationen schließt die Verpflichtung zur Nachhaltigkeit wirtschaftlichen Handelns ein. Das Prinzip der Nachhaltigkeit wurde ursprünglich für die Forst- und Landwirtschaft entwickelt. In der Wirtschaft geben insbesondere Familienunternehmen gute Beispiele für ein Denken in der Abfolge der Generationen. Angesichts der ökologischen Krise wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit wiederentdeckt. Die Bearbeitung der Natur und der Respekt vorihrer Würde lassen sich nur dann miteinander vereinbaren, wenn Menschen auf den ökologischen Fußabdruck ihres Handelns achten und die Natur nicht bloß als Gegenstand menschlicher Beherrschung, sondern als Raum menschlicher Verantwortung ansehen. Nachhaltigkeit meint jedoch mehr als nur ökologische Verantwortung. Inzwischen spricht man in der Regel von einem Dreieck der Nachhaltigkeit, in dem ökologische Verantwortung, wirtschaftliche Stabilität und soziale Gerechtigkeit miteinander verbunden sind. Die Lebenswelt der Menschen ist allerdings nicht nur durch die natürliche Umwelt sowie durch wirtschaftliche und soziale Faktoren geprägt, sondern der Mensch lebt auch als kulturelles Wesen in einer kulturellen Umwelt, die zu bewahren und weiterzuentwickeln zu den Grundpflichten jeder Generation gehört (vgl. Kapitel 7 und 18).
3. Haben, als hätte man nicht
    Der Apostel Paulus hat die christliche Gemeinde in Korinth angesichts der für die nahe Zukunft erwarteten Wiederkunft Christi dazu aufgefordert, zu «haben, als hätten sie nicht»: Nicht nur auf den Gebrauch der Welt und das Anhäufen von Besitz bezog er diese Aufforderung, sondern auch auf das Weinen und die Freude, ja sogar auf die Ehe (1. Korinther 7, 29ff.; vgl. Weinrich 2012: 102ff.). Er konnte dieses Bild auch umkehren und den Christen, die unter Verfolgung litten und das Nötigste entbehrten, versichern, dass sie «nichts haben und doch alles haben» (2. Korinther 6,10). Auch über die Zeit einer unmittelbaren Naherwartung hinaus hat sich diese doppelte Aufforderung für das christliche Ethos bewährt. Es hat dazu beigetragen, von dem, was man hat, dankbar Gebrauch zu machen, aber die eigene Identität nicht an das Haben zu hängen. Bis in die moderne Literatur hinein hat sich dieses «Besitzen, als besäße man nicht» (Fülleborn 1995) als ein tragfähiges Motiv dafür erwiesen, mit dem eigenen Hab und Gut «nicht-possessiv» umzugehen, also nicht sein Glück davon abhängig zu machen. Das umgekehrte Motiv des «nichts Habens und doch alles Habens» will nicht Armut bagatellisieren und über die Bedürftigkeit des Mitmenschen gleichgültig hinweggehen. Diese Betrachtungsweise betont, dass Menschen, denen das Notwendigste fehlt, die gleiche Würde zukommt wie denen, die alles haben. Die Distanz gegenüber dem Haben ist also eine Voraussetzung für die Nähe zu den Menschen.
    Das geschilderte Doppelmotiv lässt sich für ethische Überlegungen zum Umgang mit dem Geld fruchtbar machen. Geld soll Wirtschaft möglich machen und Menschen zu ihrem Lebensunterhalt verhelfen. Unter den Bedingungen des modernen Finanzmarktkapitalismus hat sich das Geld jedoch von dieser Funktion weit entfernt. Es ist in vielen Zusammenhängen zum Selbstzweck geworden und steht nicht mehr im Dienst der Wirtschaft, sondern hat die Herrschaft über sie angetreten. Die ständige Versuchung, dem Geld eine selbstzweckliche, ja eine religiöse Bedeutung zu geben, kann man an der Dollarnote ablesen. Sie nimmt durch die Aufschrift
In God we trust
nicht nur das Gottvertrauen als Unterpfand des Währungsvertrauens in Anspruch, sondern das Dollarzeichen ($) elementarisiert zugleich die Buchstabenfolge IHS:
In Hoc Signo
. Sie geht auf den römischen Kaiser Konstantin zurück, der vor seinem Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke im Jahr 312 eine Kreuzesvision hatte, die mit der Zusage verbunden war: «In diesem Zeichen wirst du siegen.» Die darin begründete Verbindung von Religion und

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