Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ethik: Grundwissen Philosophie

Ethik: Grundwissen Philosophie

Titel: Ethik: Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Horster
Vom Netzwerk:
hervorgerufenen Wirkungen möglich ist, hätten weder Kant noch sonst jemand die Existenz der Gravitation bestritten. In Analogie dazu kann man nicht die Existenz der Werte und der sich daraus ableitenden Moral bestreiten, nur weil man sie nicht unmittelbar sehen kann. Wir können die Werte und die Moral ebenso wenig direkt sehen wie die Gravitation. Auch sie kann man nicht unmittelbar erfassen, sondern an ihren Auswirkungen, am Fallen eines Apfels, an der Bewegung der Planeten und an Ebbe und Flut. Die Existenz der Moral kann man beispielsweise an der Empörung über unmoralisches Handeln, wie Steuerhinterziehung im großen Stil, erkennen. Oder daran, dass jemand sich moralisch verhält, sich für andere einsetzt, ihnen hilft oder amnesty international und [116] Hilfsorganisationen gegen die Armut in der Welt unterstützt. Deutlich wird hierbei, dass moralischer Kognitivismus, wie ihn unter anderem Putnam vertritt, und moralischer Realismus zusammengehören.
    Vertreter des moralischen Realismus haben zum Nachweis der Objektivität von Werten und moralischen Normen in der Nachfolge von George Edward Moore auch die Supervenienztheorie herangezogen. Mit ihr ist ein ebensolcher indirekter Beweis möglich wie im Fall der Gravitation. Die Anhänger der Supervenienztheorie gehen davon aus, dass es sich bei moralischen um superveniente Eigenschaften handelt (wenn eine Eigenschaft A supervenient ist, bedeutet das, dass es andere Eigenschaften gibt, die bewirken, dass etwas A ist). Danach gibt es moralische Fakten, die in einer supervenienten Beziehung zu empirischen Fakten stehen. Man sagt: »Moralische Wahrheit superveniert auf nicht-moralischer Wahrheit.« (Ernst 2008, 51) Um zu zeigen, dass es sich um eine superveniente Eigenschaft handelt, müssen die ihr zugrunde liegenden subvenienten Eigenschaften bekannt sein und geprüft werden. »Um zu wissen, daß es warm ist, brauche ich nichts über die Verteilung von Molekülen usf. zu wissen, auch wenn diese die subveniente Basis für Wärme bilden. Um zu wissen, daß eine Besteuerung ungerecht ist, genügt es nicht,
daß
die entsprechenden subvenienten Eigenschaften im konkreten Fall instantiiert sind, ich muß auch
um sie wissen
.« (Halbig 2007, 303) Ungerechtigkeit hat zum Beispiel die subveniente Basis (Explanans) Verelendung oder krasse Ungleichheit. »Auch wenn die Eigenschaft der Ungerechtigkeit in jedem einzelnen Fall durch spezifische subveniente Eigenschaften konstituiert wird, hätte sie doch auch durch andere (allerdings nicht durch beliebig andere) Eigenschaften konstituiert sein können.« (Halbig 2007, 305) Wir könnten demnach feststellen, dass dann, wenn ein großer Teil der Bevölkerung in absoluter Armut lebt, zu dieser Tatsache die Feststellung superveniert, dass es sich um eine ungerechte Tatsache handelt. Es handelt sich um ein wahres moralisches [117] Urteil deshalb, weil ein moralisches Urteil genau dann wahr ist, »wenn das, was in ihm beurteilt wird, objektiv der Fall ist« (Halbig 2007, 237). Moralische Eigenschaften sind superveniente Eigenschaften, die nicht immer unmittelbar erkannt werden. Das bedeutet nun nicht, dass sie nicht objektiv sind und nicht erkannt werden könnten. Wenn wir sie nicht erkennen, liegen meist Kognitionshindernisse vor. Mit der Nichterkenntnis von moralischen Wahrheiten verhält es sich, wie bereits zitiert, »ebenso wie mit der mathematischen Einsicht. Nicht jeder ist ihrer fähig; nicht jeder hat den Blick, die ethische Reife, das geistige Niveau, den Sachverhalt zu sehen, wie er ist.« (Hartmann 1962, 155)
    Drittens
zeigt sich die enge Verbindung von Werten und Normen. Die genannten Werte verpflichten uns zu Handlungen, weil es gut ist, Wertvolles zu realisieren, denn der Sinn moralischen Handelns ist es, Gutes zu tun und das Böse zu unterlassen. Daraus ergibt sich wiederum, dass es der Sinn von verpflichtendem moralischem Handeln ist, das durch Normen angeleitet wird, zum Wohl der Menschen beizutragen. Weitergehend schützen moralische Normen die Menschen, die vom Handeln anderer betroffen sind, in ihrer physischen und psychischen Integrität. Nehmen wir ein Beispiel: Ein für uns hoher Wert ist die Gesundheit. Zu diesem Wert gibt es moralische Normen: »Du sollst andere nicht schädigen« als Verbotsregel oder »Du sollst die physische und psychische Integrität anderer wahren und befördern« als Gebotsregel.
    Bei den Werten müssen wir auf die zugrunde liegende Werteigenschaft zurückgehen. »Wertvoll« wurde

Weitere Kostenlose Bücher