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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sehr unhöflich.«
    »Ein Schritt, Deskath«, flüsterte die Frau Doktor, »noch ein Schritt, und die Tausend Stufen tun sich unter dir auf.«
    »Zu spät. Sie hat meine Hand berührt. Sie gehört mir. Heute Nacht wird der Flammende wiedergeboren werden.«
    »Sie hat deine Hand berührt?«
    »Ja.« Er lächelte jungenhaft. »Sie hat meine Hand berührt.«
    »Dann schau auf deine Hand, Deskath.«
    Er brüllte auf, riss den Arm hoch, schüttelte den formlosen, triefenden Stumpf, von dem grüne Schmiere tropfte und schwarzblaue, rauchende Fetzen, Brocken abfielen. Die langen, dünnen Knochen, die unter dem zerfallenden Fleisch zum Vorschein kamen, krümmten sich, zerflossen und verschrumpelten wie Gummi in der Hitze. Die Haut auf dem mageren Unterarm blubberte, schlug Blasen.
    »Du weißt selber nicht, was du berührt hast, Deskath«, sprach die Frau Doktor. »Ein verhängnisvoller Irrtum.«
    Der magere junge Mann verschwand. Der nackte kleine Junge, von einer Kruste von Brandstellen bedeckt, schrie auf, begann mit den bloßen Füßchen zu stampfen, schüttelte das rauchende Köpfchen, den schwarz werdenden Armstumpf.
    »Fort, Deskath! Fort in Tümpel und Tiefe!«
    Der Kleine schrie noch lauter. An den Fingerchen der heil gebliebenen Hand wuchsen ihm Krallen, groß wie bei einem Weih. Der geöffnete Mund war nicht mehr zahnlos.
    »Magna Mater!«, rief die Frau Doktor. »Gladius Domini!«
    Die Kohlen auf dem Fußboden und in der Feuerstelle zischten auf wie mit Wasser begossen, verströmten Dampfwolken, schwarzen Rauch.
    »Ich kriege dich! Ich kriege dich noch!«, heulte der Junge, im Rauch verborgen. »Hörst du, Hexe?«
    Der Rauch lichtete sich für einen Augenblick, ganz kurz, gerade genug, dass sie ihn in seiner wahren Gestalt sah, riesig, niedergebeugt, mit krummen Hörnern, die Schatten an die Decke warfen.
    »Und sie«, dröhnte er mit merklicher Anstrengung, kaum verständlich, »sie kriege ich auch   … krie…ge sie   …«
    »Ich glaube nicht, dass das möglich ist, Deskath.«
    »Ich krieee…ge   …«, stammelte er, während er sich im bitteren, beißenden Rauch auflöste, der allmählich die Stube erfüllte.
    »Nein«, flüsterte die Frau Doktor, die mit Mühe Atem schöpfte. Ihr Herz hämmerte, das Adrenalin schlug in schweren Wogen gegen die Gurgel, ließ es ihr schwarz vor Augen werden. »Nein, Deskath. Du kriegst sie nicht mehr. Niemand wird sie mehr kriegen.«
    Die Nachtfalter, die an den Scheiben klebten, begannen wie wahnsinnig zu wirbeln, lösten sich, flogen in die Nacht.
    »Niemand«, schluchzte die Frau Doktor tonlos. »Niemand wird sie mehr kriegen. Und niemand sie aufhalten.«
     
    Monika stand allein inmitten der Erlen, schaute auf die Fingerspitzen der ausgestreckten Hand. Und wie sie so schaute, sagte sie   …
    Nein. Nicht sie sagte es. Das sagte jenes Etwas, das in ihr war, tief drinnen. Dieses Etwas, das sie war.
    »Endlich. Endlich frei.«
     
    Jene in der Tiefe des Hains begannen durcheinanderzuwirbeln. Das bis zum Gürtel nackte Mädchen riss sich die groteske Maske vom Kopf. Jemand begann zu schreien, jemand fiel, krümmte sich in Krämpfen zwischen demtrockenen Laub. Jemand anders wandte sich ab, stürmte blindlings in den Wald, stürzte knackend durchs Unterholz, brach Zweige.
    »Zernebock! Zernebooock!«
    Das halbnackte Mädchen begann zu heulen, abgehackt, hysterisch, schrecklich.
     
    Die Frau Doktor wagte es noch immer nicht, den Kreis zu verlassen, obwohl sie deutlich die erleichterte Leere spürte, die in der Luft pulsierende Abwesenheit des Bösen. Sie schaute zur Tür. Ich bin ausgelaugt, dachte sie, zu schwach, die nächste Anstrengung wird mich umbringen. Wenn   … sie   …
    Der schwarze Kater schob sich vorsichtig unter dem Bett hervor, dehnte sich, miaute leise, unsicher. Dann setzte er sich, leckte sich die Pfote, kratzte damit am Ohr, ruhig, abwesend.
    Die Frau Doktor atmete erleichtert auf, mit echter, ersehnter und endgültiger Erleichterung.
    Was da durch den dunklen Wald ging, lachend und flüsternd, kam nicht auf die Anhöhe zu.
    Es ging in die entgegengesetzte Richtung.
     
    Monika rieb sich mit dem Handrücken über die Augen, betrachtete die Finger, die von dem bemoosten Erlenstamm grün geworden waren, gegen den sie sich mit den Fäusten gestemmt hatte, dort in der Tiefe des Waldes. Jetzt aber stand sie mitten in ihrem Ferienhaus, inmitten eines hellen Flecks Mondlicht, das durchs Fenster hereinfiel. Elka, genannt das Schneehuhn, ihre Mitbewohnerin,

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