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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Holländer von Albany feilgeboten hatten.
    »Ein guter Jengis«, sagte die Frau, »ist ein toter Jengis.«
     
    Eia ei, eia ei
    Ate, heia lo
    Eia ei, ate ho
     
    Ishmael Sassamon, noch immer tanzend, öffnete die Jacke und warf sie ab. Schenectady, dachte er fieberhaft, nicht irgendein Albany. Nicht Worcester, sondern Quisinggamon, nicht Belmond, Lynn und Arlington, sondern Pequoset, Saugus und Menotomi. Und Shawmut, nicht Boston. Fort mit Boston.
    Er knöpfte sein Hemd auf, zerriss es. Fort mit dem
shirt
. Fort mit den
boots
. Fort mit
breeches
und
stockings
.
     
    Ate, heia lo
    Eia, eia ei   …
     
    Ishmael Sassamon wurde wiedergeboren und reinigte sich, indem er Namen und Bezeichnungen abwarf.
     
    Adam Stoughton schirmte die Augen mit der Hand ab, für einen Moment hatte ihn die Sonne geblendet. Und dieser Moment genügte. Annabel Prentiss, die schwarzhaarige Schönheit, die er verfolgte, verschwand. Sie verschwand einfach.
    Er blieb eine Weile stehen, schaute sich um. Die wortkargen ausländischen Zimmerleute waren vom Bauplatz verschwunden. Jetzt war beim Skelett des entstehenden Speichers ein langer Tisch aufgestellt worden, drei Frauen machten sich dort zu schaffen. Zwei von ihnen, beide sehr jung, die Schwarze und die Blonde, hatte er schon gesehen. Das waren die beiden, die so ausgiebige Blicke auf Jason Rivet geworfen hatten, als er vorhin mit dem Jungen hier vorbeigekommen war. Auf der Veranda des nächsten Hauses, inmitten von Kräuterbüscheln, saß die dritte von denen, die er schon gesehen hatte   – die Korpulente, die Pfeife rauchte.
    Er kehrte um. Einen Moment lang erwog er, in die Stube zurückzukehren, nicht, um sich zu stärken oder dem Pastor zuzuhören, sondern um vor sich hin zu dösen, den Rücken an die geweißte Wand gelehnt. Doch er tat es nicht. Ihm ging der Anblick von Annabel Prentiss’ Wespentaille nicht aus dem Sinn. Und des hübschen Popochens, dessen Umrisse der Rock nicht verbergen konnte. Er trat von einem Fuß auf den anderen und rückte die Hose im Schritt zurecht.
    In der Tür einer Scheune blitzte etwas Weißes. Adam Stoughton sah nicht genau, was es war. Doch er hatte eine Vermutung. Etwas, ein unwiderstehliches Verlangen, ein Befehl oder ein Zwang, hieß ihn hineingehen. Seine Vermutungen trafen zu. Das zeigte sich, sobald sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten.
    »Ich wusste es«, sagte Annabel Prentiss. »Ich wusste, dass du mir nachkommen würdest.«
    Der Zimmermann schluckte, fühlte, wie er rot wurde. Die Frau lachte, leicht, ungezwungen, perlend. Sie stand an einen Pfosten der Scheune gelehnt, sinnlich geneigt.
    »Aber«   – sie nahm eine noch sinnlichere Pose ein   – »deswegen braucht man sich doch nicht zu schämen, mein Herr. Das ist doch normal. Für gewöhnlich streben wir dem nach, wonach es uns verlangt, wir folgen dem, was uns unwiderstehlich anzieht. Und du wirst doch von mir unwiderstehlich angezogen. Gib’s zu.«
    Der Zimmermann gab nichts zu. Annabel Prentiss lachte abermals.
    »Ich ziehe dich an«, versicherte sie. »Ich habe gesehen, wie du mich angeschaut hast. Du hast mich mit Blicken ausgezogen. Wie vor Gericht, wenn sie einen für Zauberei verurteilen. Was? Herr Gesetzeshüter aus Watertown? Das ist doch die Standardprozedur, so ist man in Salem und Andover verfahren, in Medford und Lynn, so war es in Charlestown, so macht man es vor den Gerichten aller anderen Städte und Grafschaften in der Kolonie der Massachusetts-Bucht. Ich irre mich doch nicht, oder? Die Richter ziehen das Mädchen nackt aus, suchen an ihr eingehend nach einem Zeichen, einem Fleck, einem Merkmal des Teufels. Oh, ich zweifle nicht, dass dann wahrlich heiliger Eifer die ehrenwerten Herren Richter ergreift! Sie schauen gründlich, betrachten, blicken überall hin, in jeden Winkel, helfen sich, wenn nötig, mit dem speichelbedeckten Finger. Und welche Freude, wenn sie etwas finden, denn etwas findet sich ja immer! Nicht wahr, Herr Gesetzeshüter? Du hast doch selbst so etwas gesehen, warst selbst bei derlei zugegen.«
    Ehe der Zimmermann reagieren konnte, schnürte Annabel Prentiss rasch das Jäckchen auf und warf es ab. Darunter trug sie eine dünne Bluse, die die Formen nicht im Mindesten verbarg. Sehr anziehende Formen. Stoughtonschluckte angestrengt. Weg hier, dachte er. Ich muss sofort hier rausgehen, sonst nimmt das ein schlimmes Ende. Dieses Weib ist verrückt.
    »Ja, du warst dabei«, wiederholte Annabel Prentiss. »Du warst Zeuge, wie Janet

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