Etwas Endet, Etwas Beginnt
Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel.‹ Hier aber auf der Erde müssen wir Geistlichen und Richter diese Last auf unsere Schultern nehmen, wir müssen das Böse ausrotten und gegen den Teufel kämpfen, dennwenn wir zaudern, bricht die Ordnung zusammen, und das Chaos wird herrschen!«
Dorothy und dann, ihrem Beispiel folgend, auch die anderen Frauen fassten sich an den Kopf, als seien sie von dem, was der Reverend gesagt hatte, unerhört entsetzt. Corwin schnaubte, doch Maddox beachtete es nicht. Er predigte weiter.
»Es ist Krieg!«, schrie er und lief rot an. »Ewiger Krieg! Krieg mit dem Teufel, aber auch mit dem irdischen Feind! Wir sind von Feinden umringt! Im Norden die Franzosen, im Süden die papistischen Spanier, seit eh und je Feinde des wahren Glaubens! Wie sollen wir ihnen die Stirn bieten, wenn es an Ordnung gebricht? Wir werden es nicht können! Darum handelt jeder, der – wie die Hexen – Unruhe sät und die Ordnung gefährdet, dem Lande zum Schaden, ein Verräter ist das, Hand in Hand mit dem Feind! Und für einen Verräter gibt es nur eine Strafe – den Tod! So will es das Gesetz, so will es Gott! Und wer Verräter und Hexen duldet, der ist selbst ein Verbrecher und soll sterben! Nach menschlichem Urteil oder, wenn er diesem entflieht, nach dem Urteil Gottes! Diejenigen, die Hexen dulden, wird Gott strafen, wie er Ahab gestraft hat! Wir aber werden keine Nachsicht üben! Wir werden die schändliche Verbrecherin fassen! Und es wird geschehen nach den Worten der Schrift, dass die Hunde Isebel fressen sollen an der Mauer Jesreels!«
Vor dem Fenster begann mit viel Gefühl für Dramatik ein Hund zu heulen. Dann war es wieder lange still.
»Die Gentlemen werden entschuldigen.« Annabel Prentiss stand auf, zog sich mit geradezu wolllüstiger Geste die Kleidung zurecht. »Die Pflicht ruft.«
Sobald sie hinausgegangen war, gab Maddox mit einem Blick Abiram Thorpe ein ziemlich deutliches Zeichen. Doch noch ehe der Jäger seinen Becher abstellen konnte,war Adam Stoughton aufgesprungen. Der Pastor bedeutete mit einem Schulterzucken Zustimmung, Abiram Thorpe seufzte erleichtert und zog die Schüssel mit Mais zu sich heran.
»Ich auch …«, brachte Jason Rivet hervor, bemüht, das hörbare Rumpeln in seinem Bauch zu übertönen. »Ich muss auch …«
Dorothy Sutton lächelte mütterlich. »Aus dem Haus und nach links, Junge. Du kannst es nicht verfehlen.«
Wenig später saß Jason Rivet schon auf einem glattgescheuerten Brett mit Loch, rang mannhaft mit der Reaktion des Organismus auf die erste reichliche Mahlzeit seit zwei Tagen, verscheuchte die Fliegen und betrachtete die Welt durch das in die Tür gesägte Herzchen. Das ist eine seltsame Siedlung, dachte er, sogar der Abort ist hier seltsam. Das kann ein verhexter Ort sein, Zimmermann Stoughton hatte unrecht, als er sich über mich lustig machte. Wohin wohl, dachte er, Zimmermann Stoughton der schönen schwarzhaarigen Annabel Prentiss gefolgt ist? Und wo mag Ishmael Sassamon sein, was mag er machen? Und hat er etwas aufgespürt?
Die ersten Spuren, auf die Ishmael Sassamon stieß, führten von den Zäunen zum Flüsschen. Der Indianer hörte vom Wasser her das Klatschen von Schlaghölzern. Doch keine der Wäscherinnen konnte die verfolgte Hargraves sein. Hargraves hinkte, Ishmael hatte ihre Fußspuren schon oft gesehen, er hätte sie sogar nachts erkannt.
Er bog um einen Schuppen, kam in einen Gemüsegarten, von Sonnenblumen umringt. Er roch Rauch, machte bald dessen Quelle aus – einen Bienenstand. Zwei Frauen mit Hüten und Netzen, eine davon, der Größe nach zu urteilen eher ein Mädchen, sammelten Honig ein undverscheuchten die über den Stöcken summenden Bienen mit Rauch. Ishmael beobachtete die Imkerinnen einen Moment lang, aus Pflichtgefühl, um ganz sicher zu sein. Die größere war von ähnlicher Statur wie die verfolgte Hargraves. Doch wie der Indianer gleich darauf feststellte, war sie es nicht. Sie bewegte sich anders.
Er ging weiter. Und hinter dem nächsten Zaun, in einem offenen Holzschuppen, stieß er auf Faith Clarke. Die Mutter der kleinen Verity.
Er verbeugte sich, senkte den Kopf tief, wollte der Frau ausweichen, ohne den Blick zu ihr zu heben. Als er vorbeiging, packte sie ihn am Ärmel. Er wollte sich losreißen, sie erlaubte es nicht. Der Indianer blickte sich verschreckt um, ernstlich bestürzt.
»Hab keine Angst«, sagte sie.
Du hast gut reden, Jengise,
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