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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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druckste. »Sie hat auch da nicht gestanden. War verstockt. Da wurde ihre Tochter verhaftet, Janet Hargraves. Die wollte anfangs auch nicht gestehen. Erst später   … Nachdem die Alte im Gefängnis gestorben war   … Als eine eingehende Untersuchung bei ihr im Schritt das Mal des Teufels offenbarte, als alle Zeugen sie belasteten, gestand Janet ihre Schuld. Wie ihre Mutter war sie eine Hexe.«
    »Ach. Unglaublich.«
    »Aber wahr. Es wurde das Urteil gefällt: Tod durch Erhängen. Doch ehe es vollstreckt werden konnte, floh die Zauberin aus dem Gefängnis. Auf unbekannte Weise, sicherlich mit Hilfe von Zauberei. Die Wächter wurden verhaftet; sie schwören, dass sie nicht wissen, wie ihnen geschah, dass die Hexe sie verzaubert hat. Vielleicht, denn sie ist schön   …«
    »Teuflische Schönheit«, knurrte Maddox. »Der nur ein Sünder erliegen kann. Diejenigen, unter deren Aufsicht die Hexe geflohen ist, werden diese Sünde büßen. Sie werden büßen, und zwar streng. Dafür werde ich schon sorgen.«
    »Kein Zweifel.« Jemima Tyndall nickte und stand auf. »Die Gentlemen wollen mich entschuldigen. Die Pflicht ruft.«
    Der Pastor gab mit den Augen dem Constable einen Wink. Corwin nickte.
    »Ja, geht, geht«, sagte Dorothy Sutton. »Der Reverend und ich werden hier noch ein wenig plaudern. Denn eineswüsste ich gern: Der Gouverneur der Kolonie, Sir William Phipps, soll selbst   …«
    Henry Corwin hörte den Rest nicht mehr. Er eilte Jemima Tyndall zum Ausgang nach.
     
    Beim Skelett des entstehenden Speichers stand ein langer Tisch, mit einem Tischtuch bedeckt; drei Frauen machten sich dort zu schaffen, verteilten Teller und Schüsseln. Corwin bemerkte, dass vom Fluss, wo sie sich gewaschen hatten, die Männer zurückkehrten. Es waren viele, vielleicht fünfzehn, darunter sowohl die Zimmerleute vom Bauplatz als auch die Holzfäller aus dem Wald.
    Er wandte sich rasch ab; beinahe ins Gaffen versunken, hatte er die Frau vergessen, die er verfolgen sollte. Jemima Tyndall war jedoch nicht verschwunden; sie ging langsam, blieb gelegentlich stehen und schaute sich immer wieder um, als wolle sie sich vergewissern, dass der Constable ihr folgte. Gut, dachte er wütend, wenn das ein Spiel sein soll, wollen wir beide Spaß daran haben.
    Er ging in ihre Richtung, hielt aber nach ein paar Schritten inne, schirmte die Augen mit der Hand ab, tat so, als betrachte er die Häuserdächer, den hoch darüber kreisenden Habicht. Die Frau bog um die Ecke eines Hauses, der Constable beschleunigte den Schritt, rannte beinahe. Hinter dem Haus stand ein großer Schuppen, er sah noch, wie die Tür in den Angeln schwang. Nach kurzem Überlegen ging er hinein.
    Jemima Tyndall war da, sie stand in einem schrägen, stauberfüllten Lichtstreifen, der durch ein Loch im Strohdach hereinfiel.
    »Du hast selbst zugegeben«, brach sie abrupt das lastende Schweigen. »Du hast selbst vor kurzem zugegeben, dass ich nicht dumm bin. Ich weiß das Kompliment zu schätzen, weiß, dass es dich eine Menge gekostet hat. Woheralso jetzt die lächerliche Annahme, die Verfolgte werde dich irgendwohin führen?«
    »Ich erwarte durchaus nicht«, erwiderte er heiser, »dass du mich irgendwohin führst.«
    »Was also erwartest du?«
    »Es gibt verschiedene Wege, zur Wahrheit vorzudringen.«
    »In der Tat«, gab sie zu. »Die Anwendung der meisten, vor allem der wirksamsten, verbietet jedoch das Gesetz, darüber hast du selbst vor kurzem beliebt, mich zu belehren. Obwohl dich dieses Verbot in Watertown nicht allzu sehr gestört hat, nicht wahr?«
    »Du weißt eine Menge«, knurrte der Constable. »Wirklich eine Menge. Du prahlst mit diesem Wissen, versuchst mir damit Angst einzujagen, indem du mir eine Wahrsagerin oder Magierin vorspielst. Wisse, dass das ein müßiges Unterfangen ist.«
    Sie lächelte. Doch es war kein fröhliches Lächeln. Ihr schmales, wächsernes Gesicht wurde dadurch einem Totenkopf ähnlich.
    »Ich weiß«, bestätigte sie, »dass es müßig ist. Du glaubst ja nicht an Magie und Zauberei. Du hast nicht daran geglaubt, als du die Anklage gegen Mary Hargraves zusammengezimmert hast, auf der Woge der in Salem herrschenden Mode. Die einen Zeugen hast du bestochen, die anderen eingeschüchtert, wieder andere haben sich aus eigenem Antrieb angeschlossen, froh und glücklich, dass sie jemandem eins auswischen konnten. Aber im Grunde ging es ja um den Besitz der Alten, um das Land und das Bargeld, das ihr der Seemann hinterlassen hatte.«
    »Du«,

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