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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Überhaupt keine Zukunft, Verity. Darum dürfen wir, die Zauberinnen von Amerika, auf irgendwelche Fahrzeuge und Maschinen keine Zeit vergeuden.«
    »Aber   …«
    »Kein Aber. Schluss mit den Mechanismen. Hast du verstanden, mein Fräulein?«
    »Ja.«
    Über den von Cape Cod bis nach Louisiana und von Florida bis nach Kanada reichenden Wäldern stand weiß eine schmale Mondsichel. Über den Köpfen der Zauberinnen flog lautlos ein Ziegenmelker dahin.
    »Einmal«, brach Dorothy Sutton sanft das Schweigen, während sie Verity Clarke über das kastanienbraune Haar strich, »einmal wirst du Töchter haben, mein Fräulein. Töchter, die nächste Generation der amerikanischen Zauberinnen. Wichtig ist, dass die Macht, die du ihnen vererbst,echt und nützlich ist. Du willst doch sicherlich nicht, dass deine Töchter weiter nichts können, als fahrende Wagen kaputt zu machen? Das würdest du nicht wollen, oder? Darum musst du lernen. Und die schlechten Angewohnheiten ablegen.«
    »Ja, Oma. Ich verstehe.«
    »Also lass uns zurückgehen. Ich bin sehr hungrig geworden.«
    »Oh, und ich erst!«
    Langsam gingen sie den Hang hinab, zwischen Disteln und hohem Gras. Sie gingen zur Siedlung, die lecker nach dem Rauch aus den Schornsteinen roch.
    »Oma?«
    »Ja.«
    »Wenn ich groß bin, fangen wir dann auch für mich einen Mann?«
    »Natürlich.«
    »Und wenn keiner kommt?«
    »Es kommen immer welche, Verity. Immer.«
    Unten, zwischen den Ulmen, glitzerte silbern das Band des Mischief Creek.

»Maladie«

entstand als Ergebnis der Faszination für den Artus-Mythos und die ganze
matière de Bretagne
, die ich empfand, als ich Thomas Malorys
Le Morte Darthur
und Joseph Bédiers
Der Roman von Tristan und Isolde
las, vor allem aber bei der Lektüre der Werke von Joseph Campbell:
Die Masken Gottes, Die Kraft der Mythen
und
Der Heros in tausend Gestalten.
Diese Faszination fand später ihren Ausdruck in meinem Sachbuch
Die Welt des Königs Artus
, das 1995 im Verlag SuperNOWA erschien. Zuerst aber kam, wie gesagt, »Maladie«, veröffentlicht im Dezember 1992 in der Zeitschrift
Nowa Fantastyka.
    Maladie
     
    Ich sehe den Tunnel der Spiegel, kantig und hart
    Im Untergrund meiner Träume, drohend, gewunden
    Wo keines Menschen Fuß je den Weg hin gefunden
    Einsam, jenseits der Zeit und der Zeiten erstarrt.
     
    Ich seh die gespiegelte Mär über uralten Gründen
    Sonnenlos tot, vom Spalier der Kerzen gesäumt
    Die Mär, die sich aus sich selbst ohne Ende erträumt
    Nur, um im Traume niemals ein Ende zu finden   …
    Bolesław Leśmian
    I
    D ie Bretagne verbindet sich für mich, soweit ich zurückdenken kann, mit Sprühregen, mit dem Tosen der Wellen, die gegen zerklüftete Felsufer schlagen. Die Farben der Bretagne, an die ich mich erinnere, sind Grau und Weiß. Und natürlich Aquamarin, wie denn sonst.
    Ich berührte die Flanke des Pferdes mit dem Sporn, ritt auf die Dünen zu, zog den Mantel fester um mich. Feine Tröpfchen   – zu fein, um aufgesaugt zu werden   – sammelten sich dicht auf dem Gewebe, auf der Mähne des Pferdes, ließen als Dunst die Metallteile der Ausrüstung stumpfer glänzen. Der Horizont spie schwere, klumpige, grauweiße Wolken aus, die am Himmel zum Land hinzogen.
    Ich kam auf ein Hügelchen, auf dem steifes, graues Gras wuchs. Und da erblickte ich sie, schwarz vor dem Hintergrund des Himmels, reglos, erstarrt wie ein Standbild.
    Ich ritt näher. Das Pferd ging mit schweren Schritten durch den groben Sand, von dem nur eine dünne obere Schicht feucht war, die unter dem Druck der Hufe aufplatzte.
    Sie saß auf einem Grauschimmel, im Damensitz, in einen langen dunkelgrauen Umhang gehüllt. Die Kapuze hatte sie zurückgeworfen, ihre hellen Haare waren feucht, verdreht, klebten an der Stirn. Sie verharrte reglos und schaute mich mit ruhigem, gleichsam nachdenklichem Blick an. Sie strahlte Ruhe aus. Ihr Pferd schüttelte den Kopf, ließ das Zaumzeug klirren.
    »Gott mit dir, Ritter«, sagte sie und kam mir damit zuvor. Auch ihre Stimme war ruhig, beherrscht. So, wie ich es erwartet hatte.
    »Und mit dir, Dame.«
    Sie hatte ein ovales, liebes Gesicht, volle Lippen von interessanter Form, über der rechten Braue ein Mal oder eine kleine Narbe in Gestalt eines umgekehrten Halbmondes. Ich schaute mich um. Ringsum gab es nichts als Dünen. Keine Spur von einem Lager, einem Wagen, Knechten. Sie war allein.
    Wie ich.
    Ihr Blick folgte dem meinen, sie lächelte. »Ich bin allein«, bestätigte sie die unbestreitbare

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