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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sich den Hals gebrochen. Schade.«
    »Schade«, wiederholte mit zusammengebissenen Zähnen Annabel Prentiss.
    »Schade«, gab Jemima Tyndall in sachlichem Ton zu. »Nur er, der Pastor und der Junge waren halbwegs brauchbares Material für die Fortpflanzung. Nun ja, passiert ist passiert. Mit diesem Kind muss aber gesprochen werden. Ernsthaft gesprochen.«
    »Das werde ich tun«, versicherte Dorothy Sutton, worauf sie sich zum Tisch hin abwandte, wo die Männer, desapathischen Zuschauens überdrüssig, sich wieder dem Mahl zuwandten. Als ob nichts geschehen sei.
    »Frances, schaff hier Ordnung.«
    »Ja, natürlich. Herr Adrian van Rijssel!«
    »
Tot Uw dienst, juffrouw

    »Bitte«, ordnete Frances Flowers an, »entfernt die Reste des Wagens vom Weg. Bitte fangt das Pferd ein. Bitte bringt die Leichen hier weg. Bitte tragt sie in den Wald und schlagt sie an Bäume. In der üblichen Entfernung von der Siedlung. Habt Ihr verstanden?«
    »Ja,
juffrouw

    »Geh lieber mit, Frances«, empfahl Dorothy Sutton. »Und überwache alles.«
    »Gut.«
    »Verity! Komm her zu mir. Lass diesen Kater sein und komm her, mein Fräulein. Rasch!«
    »Ich komme, Oma!«
    Sie gingen langsam zwischen den Häusern dahin. Zwei Frauen. Eine alte und beleibte in einer schwarzen Pelerine und einem schwarzen Hut mit Schnalle, die die an ihrer Seite trippelnde junge im himmelblauen Kleidchen bei der Hand hielt.
    »Oma, ich wollte wirklich nicht   …«
    »Sag nichts.«
    Auf der Schwelle eines der Häuser stand Faith Clarke. In Gesellschaft einer jungen Frau mit hellem Haar. Die Hellhaarige verneigte sich.
    »Es gibt keinen Grund zu Befürchtungen mehr«, sagte Dorothy Sutton gewichtig. »Es ist vorbei. Du bist in Sicherheit, Janet Hargraves.«
    »Danke.« Janet Hargraves machte einen unbeholfenen Knicks, man sah, dass das Bein ihr immer noch Schwierigkeiten bereitete. »Danke. Ich weiß nicht, wie ich mich dankbar erweisen soll   …«
    »Du brauchst dich nicht dankbar zu erweisen.«
    Janet Hargraves knickste abermals. Wortlos. Dorothy Sutton musterte sie. Forschend. Aber wohlwollend.
    »Du hattest Glück«, sagte sie schließlich ernst. »Du hattest verdammt viel Glück. Bei mir war es einmal ähnlich, 1640, als sie mich in Reading ergriffen und in die Themse warfen. Ich hatte auch Glück. Vielleicht war es vorherbestimmt, dass ich eines Tages jemanden retten, jemandem bei der Flucht helfen würde. So, wie mir damals Agnes Simpson geholfen hat.
    Später werden wir entscheiden«, setzte sie hinzu, »was wir mit dir anfangen, Schwester. Gemeinsam werden wir es entscheiden. Zunächst habe ich etwas anderes im Sinn. Befass dich mit ihr, Faith.«
    »Natürlich.«
    Die Sonne neigte sich zum Westen hin, der allmählich rot werdende Ball hing schon über der Wand des Waldes, als die beiden Frauen, die alte und die junge, endlich den Gipfel der Anhöhe erklommen hatten, die sich über der Siedlung erhob, in einer Schleife des Mischief Creek. Sie standen da und betrachteten schweigend den Horizont.
    »Die Macht, die uns die Göttin verliehen hat«, sprach schließlich die alte Zauberin, »müssen wir benutzen, um zu helfen, zu retten und zu heilen. Mit der Macht, die wir haben, müssen wir die Welt verbessern. Darum müssen wir imstande sein, unsere Macht vernünftig einzusetzen. Und vernünftig heißt praktisch und nützlich. Die Macht darf man nicht vergeuden. Verstehst du, was ich sage, Miss Verity Clarke?«
    »Ja.«
    »Wie also kommt es, dass du, mein Fräulein, immerzu die Macht auf Spielereien vergeudest? Auf unpraktische Dinge? Auf Mechanismen? Räder und Rädchen?«
    »Ich bitte um Entschuldigung wegen des Wagens«,antwortete die junge Zauberin verlegen. »Ich habe schon gesagt, dass es mir leid tut und dass ich es nicht wollte   … Aber so überhaupt   … Da denke ich   …«
    »Was?«
    »Dass Maschinen und Rädchen praktisch sind. Und Fahrzeuge, mit denen man auf den Straßen fährt. Irgendwann kommt eine Zeit   …«
    »Schau, Verity«, unterbrach die alte Zauberin sie. »Schau dorthin und sag mir, was du siehst.«
    »Na   … Wald.«
    »Genau. Wald, nichts als Wald, von Cape Cod bis nach Louisiana, von Florida bis nach Kanada, nichts als wilder, dichter, undurchdringlicher Urwald. Das ist die Neue Welt. Das ist Amerika! Hier gibt es keine Straßen, auf denen irgendwelche Fahrzeuge oder Maschinen fahren könnten, und es wird nie welche geben. Hier in Amerika haben solche Dinge wie Maschinen und Fahrzeuge einfach keine Zukunft.

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