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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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gebot.
    »Willkommen auf Schloss Carhaing«, sagte Iseult. »Frau   …«
    »Ich bin Branwen von Cornwall. Und das ist mein Gefährte   …«
    Da bin ich aber gespannt, dachte ich.
    »…   Ritter Morholt von Ulster.«
    Bei Lugh und Lir! Ich erinnerte mich. Branwen von Tara. Und später Branwen von Tintagil, natürlich. Sie war es.
    Iseult betrachtete uns schweigend. Endlich legte sie die berühmten weißen Hände zusammen und ließ die Finger knacken. »Seid ihr von ihr gekommen?«, fragte sie leise. »Aus Cornwall? Wie seid ihr hergelangt? Ich halte Tag für Tag nach einem Schiff Ausschau und weiß, dass es noch nicht an unsere Küste gekommen ist.«
    Branwen schwieg. Ich wusste natürlich auch nicht, was ich antworten sollte.
    »Sprecht«, sagte Iseult. »Wann wird das Schiff hier eintreffen, auf das wir warten? Wer wird an Bord sein? Welche Farbe wird das Segel haben, unter dem das Schiff aus Tintagil hier ankommt? Weiß? Oder schwarz?«
    Branwen antwortete nicht. Iseult Weißhand deutete mit einem Nicken an, dass sie verstand. Darum beneidete ich sie.
    »Tristan von Liones, mein Gemahl und Gebieter«, sagte sie, »ist schwer verwundet. Im Kampf gegen Graf Estult Orgellis und seine Söldner wurde ihm der Schenkel mit einer Lanze durchbohrt. Die Wunde schwärt   … und will nicht heilen   …«
    Iseults Stimme brach, die schönen Hände begannen zu zittern.
    »Das Fieber verzehrt Tristan seit vielen Tagen. Er phantasiert oft, wird ohnmächtig, erkennt niemanden. Ich bin es, die an seinem Bett wacht, ihn versorgt, behandelt, die Schmerzen lindert. Dennoch haben sicherlich meine Ungeschicklichkeit und Unfähigkeit bewirkt, dass Tristan meinen Bruder nach Tintagil schickte. Mein Gatte ist gewiss der Ansicht, dass sich in Cornwall leichter gute Ärzte finden lassen.«
    Wir schwiegen, Branwen und ich.
    »Doch immer noch gibt es keine Nachricht von meinem Bruder, immer noch keine Spur vom Segel seines Schiffes«, fuhr Iseult Weißhand fort. »Und da erscheinst plötzlich anstelle derjenigen, auf die Tristan wartet, du, Branwen. Was führt dich hierher? Dich, die Dienerin und Vertraute der Goldhaarigen Königin von Tintagil? Hast du vielleicht ein Zauberelixier mitgebracht?«
    Branwen erbleichte. Auf einmal tat sie mir leid. Denn im Vergleich zu Iseult, die schlank war, großgewachsen, ätherisch und würdevoll, geheimnisvoll und hinreißend schön, sah Branwen wie eine einfache irische Dörflerin aus, pausbäckig, wie Leinen und Werg, rundlich in den Hüften, die Haare noch immer verklebt vom Regen. Ob ihr es glaubt oder nicht, sie tat mir leid.
    »Einmal schon hat Tristan aus deinen Händen einen Zaubertrank empfangen, Branwen«, fuhr Iseult fort. »Einen Trank, der noch immer wirkt und ihn langsam tötet. Damals auf dem Schiff hat Tristan aus deinen Händen den Tod empfangen. Bist du vielleicht jetzt gekommen, um ihm das Leben zu bringen? Wahrlich, Branwen, wenn dem so ist, beeile dich. Es bleibt wenig Zeit. Sehr wenig.«
    Branwen zuckte nicht. Ihr Gesicht war reglos wie das einer Wachspuppe. Ihrer beider Blicke, ihrer und Iseults, in denen Feuer und Kraft brannten, trafen sich, hielten einander fest. Ich spürte die Spannung, die zitterte wie eine verdrillte Schnur. Entgegen meiner Erwartung erwies sich Iseult als die Stärkere.
    »Frau Iseult«   – Branwen kniete nieder, neigte den Kopf   –, »du hast ein Recht, mir gram zu sein. Doch ich bitte dich nicht um Vergebung, denn nicht vor dir habe ich mich schuldig gemacht. Ich bitte dich einzig und allein um eine Gnade. Ich will ihn sehen, schöne Iseult Weißhand. Ich will Tristan sehen.«
    Ihre Stimme war leise, weich, ruhig.
    In Iseults Augen lag nur noch Trauer. »Gut«, sagte sie. »Du wirst ihn sehen. Obwohl ich mir geschworen habe, nicht zu erlauben, dass fremde Augen und Hände ihn berühren. Vor allem ihre Hände. Die Hände der Frau aus Cornwall.«
    »Es ist nicht gewiss, ob sie aus Tintagil hierherkommen wird«, flüsterte Branwen, noch immer auf Knien.
    »Steh bitte auf.« Iseult Weißhand hob den Kopf, und in ihren Augen erglänzten feuchte Diamanten. »Es ist nicht gewiss, sagst du. Ich aber   … Ich würde barfuß durch den Schnee laufen, durch Dornen, über glühende Kohlen, wenn   … Wenn er mich nur riefe. Doch er ruft mich nicht, obwohl er das weiß. Er ruft nach der, bei der es nicht gewiss ist. Unser Leben, Branwen, hört nicht auf, uns mit seiner Ironie staunen zu machen.«
    Branwen stand auf. Ihre Augen, ich sah es deutlich, hatten

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