Etwas Endet, Etwas Beginnt
Bäumen. Der Rest zog sich ins Dickicht zurück.
Einer der Reiter kam auf sie zu geritten. Er hielt das Pferd an, hob die Hand über den Kopf, rief etwas.
»Eine Finte«, murmelte Niklas. »Ich kenne sie, die Hundesöhne.«
»Vergewissern wir uns«, sagte Korin und sprang aus dem Sattel. »Komm.«
Langsam gingen sie zu zweit zu dem Berittenen. Nach einer Weile bemerkte Korin, dass Visenna ihnen folgte.
Der Reiter war ein Murmelmensch.
»Ich werde kurz reden«, rief er, ohne abzusitzen. Seine kleinen glänzenden Augen funkelten, halb vom Fell verborgen, das sein Gesicht bedeckte. »Ich bin der gegenwärtige Anführer der Gruppe, die ihr dort seht. Neun Murmelmenschen, fünf Menschen, drei Krahlinge, ein Elf. Der Rest ist tot. Es ist zwischen uns zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Unser ehemaliger Anführer,dessen Pläne uns hierhergeführt haben, liegt dort in der Höhle, gefesselt. Macht mit ihm, was ihr wollt. Wir wollen fortreiten.«
»Das war wirklich eine kurze Rede«, schnaubte Niklas. »Ihr wollt fortreiten. Und wir wollen euch die Kaldaunen herausreißen. Was sagst du dazu?«
Der Murmelmensch ließ die spitzen Zähne blitzen, reckte seine kleine Gestalt im Sattel. »Glaubst du, dass wir aus Angst vor euch zu Zugeständnissen bereit sind, vor eurer Bande von Hosenscheißern in Bastschuhen? Bitte sehr, wenn ihr wollt, reiten wir euch über die Wänster. Das ist unser Beruf, Bauer. Ich weiß, dass wir ein Risiko eingehen. Sogar wenn ein Teil von uns fällt, kommen die anderen durch. So ist das Leben.«
»Der Wagen kommt nicht durch«, sagte Korin mit Nachdruck. »So ist das Leben.«
»Darauf sind wir gefasst.«
»Was ist auf dem Wagen?«
Der Murmelmensch spuckte sich über die rechte Schulter. »Ein Zwanzigstel von dem, was in der Höhle geblieben ist. Und damit das klar ist: Wenn ihr verlangt, dass wir den Wagen zurücklassen, sind wir nicht einverstanden. Wenn wir aus dieser Geschichte ohne Profit herauskommen sollen, dann wenigstens nicht ohne Kampf. Na, was ist? Wenn wir uns schlagen sollen, dann wäre es mir jetzt am Morgen am liebsten, ehe die liebe Sonne zu brennen beginnt.«
»Du bist mutig«, sagte Niklas.
»So sind alle in meiner Familie.«
»Wir lassen euch ziehen, wenn ihr die Waffen niederlegt.«
Der Murmelmensch spuckte abermals aus, diesmal zur Abwechslung über die linke Schulter. »Nichts da«, knurrte er kurz.
Korin lachte auf. »Da drückt dich der Schuh. Ohne Waffen seid ihr Dreck.«
»Und was bist du ohne Waffen?«, fragte der Kleinwüchsige emotionslos. »Ein Prinz? Ich sehe doch, was du für einer bist. Hältst du mich für blind?«
»Mit Waffen könnt ihr morgen schon wiederkommen«, sagte Niklas. »Sagen wir, um den Rest zu holen, der in der Höhle geblieben sein soll. Um noch mehr Profit zu machen.«
Der Murmelmensch bleckte die Zähne. »Diesen Plan gab es. Aber wir haben ihn nach kurzer Diskussion aufgegeben.«
»Sehr richtig«, sagte plötzlich Visenna, trat hinter Korins Rücken hervor und stellte sich dicht vor den Berittenen. »Sehr richtig, dass ihr ihn aufgegeben habt, Kehl.«
Korin kam es so vor, als sei der Wind auf einen Schlag stärker geworden, er begann zwischen Felsen und Gräsern zu heulen, überfiel sie mit Kälte.
Visenna sprach weiter mit fremder, metallischer Stimme. »Jeder von euch, der versucht, hierher zurückzukehren, wird sterben. Ich sehe das und sage es vorher. Reitet sofort von hier fort. Sofort. Jeder, der versucht zurückzukehren, wird sterben.«
Der Murmelmensch neigte sich vor, schaute die Zauberin über den Pferdehals hinweg an. Er war nicht jung – sein Pelz war schon fast aschfarben, von weißen Strähnen durchzogen.
»Du bist das? Das dachte ich mir. Ich freue mich, dass … Aber genug davon. Ich habe gesagt, dass ich nicht vorhabe, hierher zurückzukehren. Wir haben uns Fregenal angeschlossen, um Gewinn zu machen. Damit ist es vorbei. Jetzt haben wir den Kreis am Halse und alle Dörfer der Gegend, Fregenal aber hat angefangen, von derWeltherrschaft zu faseln. Wir haben genug von ihm und von diesem Schreckgespenst am Pass.«
Er riss an den Zügeln, wendete das Pferd. »Wozu sage ich das? Wir reiten fort. Macht’s gut.«
Niemand gab ihm Antwort. Der Murmelmensch zögerte, schaute zum Waldrand, dann ließ er den Blick über die reglose Reihe seiner Reiter schweifen. Wieder beugte er sich im Sattel vor und schaute Visenna in die Augen. »Ich war gegen den Anschlag auf dich«, sagte er. »Jetzt sehe ich, dass ich
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