Etwas Endet, Etwas Beginnt
erwischen. Wir nehmen Heu, Reisig auf die Wagen, räuchern sie aus wie Dachse. DenWeg sperren wir mit einem Verhau, dass sie nicht entkommen. So habe ich es mit diesem Ritter hier, wo Korin heißt, beraten. Und ich, wie ihr wisst, kenn mich ja auch mit dem Kämpfen aus. Ich bin während des Krieges mit dem Heergrafen Grosim gegen die Krahlinge gezogen, ehe ich mich in Schlüssel niedergelassen habe.«
Aus der Menge klangen abermals kämpferische Rufe, wurden aber rasch von Worten zum Verstummen gebracht, die zuerst leise, unsicher gesprochen wurden. Dann immer lauter. Schließlich trat Stille ein.
Visenna schob sich hinter Niklas’ Rücken hervor, stellte sich neben den Schmied. Sie reichte ihm nicht einmal bis zur Schulter. Die Menge begann zu raunen.
Niklas hob wieder beide Hände. »Es ist die Zeit gekommen«, rief er, »dass sich nicht länger geheimhalten lässt, dass ich zu den Druiden vom Kreis um Hilfe geschickt habe, nachdem der Burgvogt von Mayena sie mir versagt hatte. Ich weiß sehr wohl, dass viele von euch mich deswegen schief anschauen.«
Die Menge wurde allmählich stiller, wogte aber immer noch, murmelte.
»Dies hier ist Frau Visenna«, sagte Niklas langsam. »Vom Mayener Kreis. Sie ist uns auf den ersten Ruf hin zu Hilfe geeilt. Die aus Schlüssel kennen sie schon, sie hat dort Leute geheilt, mit ihrer Kraft gesund gemacht. Ja, Männer. Das ist eine kleine Dame, aber ihre Kraft ist groß. Sie geht über unsern Verstand und macht uns Angst, aber sie wird uns ja als Hilfe dienen!«
Visenna enthielt sich jeden Kommentars, sie sagte kein Wort und machte keine Geste zu den Versammelten hin. Aber die verborgene Kraft dieser kleinen sommersprossigen Zauberin war unglaublich. Korin spürte verwundert, wie ihn ein sonderbarer Enthusiasmus erfüllte, wie die Furcht vor dem, was am Pass lauerte, die Furcht vor demUnbekannten schwand, verflog, verschwand, nicht mehr wichtig war, solange das helle Juwel an Visennas Stirn funkelte.
»Ihr seht also«, fuhr Niklas fort, »dass auch gegen diesen Knoch ein Kraut gewachsen ist. Wir werden nicht allein gehen, nicht wehrlos. Aber vorher müssen wir diesen Räubern den Garaus machen!«
»Niklas hat recht!«, schrie der Bärtige aus Schwelle. »Zauberei hin, Zauberei her, was kümmert’s uns! Zum Pass, Leute! Dass wir die vom Knoch erledigen!«
Die Menge rief einhellig Zustimmung, die Flammen der Lagerfeuer glänzten auf den hochgereckten Sensen, Piken, Äxten und Mistgabeln.
Korin drängte sich durch die Umstehenden zum Walde hin, fand ein über dem Feuer hängendes Kesselchen, eine Schale und einen Löffel. Er kratzte den Rest angebrannten Breis mit Speckgrieben vom Grunde des Kessels. Er setzte sich hin, stützte die Schüssel auf die Knie, aß langsam und spuckte die Gerstenspelzen aus. Nach einer Weile spürte er jemandes Anwesenheit.
»Setz dich, Visenna«, sagte er mit vollem Mund.
Er aß weiter, während er auf ihr Profil schielte, auf die halbverdeckte Kaskade von Haar, das im Feuerschein blutrot war. Visenna schwieg, den Blick in die Flammen gerichtet.
»He, Visenna, warum sitzen wir hier wie zwei Uhus?« Korin stellte die Schale ab. »Das kann ich nicht, mir wird gleich traurig und kalt zumute. Wo haben sie diesen Selbstgebrannten versteckt? Eben stand hier noch ein Fässchen; hol’s der Teufel. Es ist finster wie im …«
Die Druidin wandte sich ihm zu. Ihre Augen leuchteten mit einem seltsamen grünlichen Funkeln. Korin verstummte.
»Ja. Stimmt«, sagte er nach einer Weile und räuspertesich. »Ich bin ein Dieb. Ein Söldner. Ein Räuber. Ich habe mich eingemischt, weil ich mich gern schlage, egal, mit wem. Ich weiß, welchen Preis Jaspis, Jadeit und die anderen Steine haben, die es sonst noch in den Bergwerken des Amells gibt. Ich will Beute machen. Es ist mir gleichgültig, wie viele von diesen Leuten morgen umkommen werden. Was willst du noch wissen? Ich sage es selbst, du brauchst nicht dieses Glitzerding zu verwenden, das unter der Schlangenhaut versteckt ist. Ich habe nicht vor, etwas zu verheimlichen. Du hast recht, ich passe weder zu dir noch zu deiner edlen Mission. Das ist alles. Gute Nacht. Ich gehe schlafen.«
Entgegen seinen Worten stand er nicht auf. Er nahm nur einen Stock und stieß damit ein paarmal nach den brennenden Scheiten.
»Korin«, sagte Visenna leise.
»Ja?«
»Geh nicht weg.«
Korin senkte den Kopf. Aus einem Birkenklotz im Feuer brachen blaue Flammengeisire hervor. Er schaute sie an, doch er ertrug den
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