Etwas Endet, Etwas Beginnt
Kapuze zurückwarf und sich ein Band von der Stirn riss, und erkannte, wie sehr er sich getäuscht hatte. Das Mädchen schüttelte den rotblonden Haarschopf und rief etwas Unverständliches, wobei es dem heranpreschenden Krahling die Hände entgegenstreckte. Aus den Fingern schlug ein dünner Lichtfaden, hell wie Quecksilber. Der Krahling wurde aus dem Sattel in hohem Bogen durch die Luft geschleudert und stürzte auf den Sand. Seine Kleidung rauchte. Das Pferd, das mit allen vier Hufen auf den Boden schlug, wieherte, warf den Kopf hin und her.
Der hochgewachsene Krahling mit der Sonne auf dem Helm wich langsam vor dem Hellhaarigen auf die brennende Scheune zurück, geduckt, beide Hände – in der rechten das Schwert – vorgestreckt. Der Hellhaarige sprang vor, sie wechselten ein paar Hiebe. Das Schwert des Krahlings flog zur Seite, er selbst aber blieb auf der Klinge hängen, die ihn durchbohrt hatte. Der Hellhaarige trat zurück, riss mit einem Ruck die Schwertklinge heraus. Der Krahling stürzte auf die Knie, kippte vornüber, mit dem Gesicht in den Sand.
Der Reiter, den der Blitz des rotblonden Mädchens aus dem Sattel geschleudert hatte, kam auf alle viere hoch, tastete um sich, um eine Waffe zu finden. Niklas hatte sich von der Überraschung erholt; er tat zwei Schritte, hob die Wagenrunge und ließ sie auf den Nacken des Gestürzten niedersausen. Knochen knackten.
»Das war nicht nötig«, hörte er direkt neben sich jemanden sagen.
Das Mädchen in der Männerkleidung hatte Sommersprossen und grüne Augen. Auf seiner Stirn blitzte ein seltsames Juwel.
»Das war nicht nötig«, wiederholte es.
»Gnädige Herrin …«, begann der Schmied zu stottern und hielt seine Eisenstange wie ein Gardist die Hellebarde. »Die Schmiede … haben sie angezündet. Den Jungen erschlagen. Und Radim. Erschlagen, die Mörder. Herrin …«
Der Hellhaarige drehte mit dem Fuß den Körper des hochgewachsenen Krahlings um, betrachtete ihn, dann kam er herbei und steckte unterdessen das Schwert in die Scheide.
»Na, Visenna«, sagte er. »Jetzt habe ich mich aber schon tüchtig eingemischt. Das Einzige, was mich beunruhigt, ist, ob ich wohl die richtigen Leute niedergemacht habe.«
Visenna hob den Blick. »Du bist der Schmied Niklas?«, fragte sie.
»Ja. Und Ihr seid vom Druidenkreis, Gnädige Herrschaften? Aus Mayena?«
Visenna antwortete nicht. Sie schaute zum Waldrand hin, auf die im Laufschritt heraneilende Menschenmenge.
»Das sind unsere Leute«, erklärte der Schmied. »Aus Schlüssel.«
V
»Wir haben drei erwischt!«, dröhnte der schwarzbärtige Anführer der Gruppe aus Schwelle und schüttelte die gerade auf den Schaft gesetzte Sense. »Drei, Niklas! Sie sind den Mädels auf die Felder nachgelaufen, und da haben wirsie … Einer konnte mit knapper Not entkommen, hat ein Pferd erreicht, der Hundesohn!«
Seine Leute, auf der Lichtung in dem Kreis von Lagerfeuern gedrängt, die das Schwarz des Nachthimmels mit den Pünktchen fliegender Funken durchsetzten, schrien, lärmten, schüttelten die Waffen. Niklas hob die Hände, gebot Stille, weil er die folgenden Berichte hören wollte.
»Zu uns kamen gestern Abend vier geritten«, sagte der alte, spindeldürre Schulze von Strunk. »Meinetwegen. Es muss jemand verraten haben, dass ich mich mit Euch eingelassen hab, Schmied. Ich hab es auf den Trockenboden in der Scheune geschafft, die Leiter hab ich hochgezogen, die Gabel in der Hand, ›kommt‹, ruf ich, ›Hundsfötter, na, wer will‹, ruf ich. Sie wollten schon die Scheune anzünden, da wär ich erledigt gewesen, aber unsere Leute haben nicht zugeschaut, sind allesamt über sie hergefallen. Die waren beritten, haben sich durchgeschlagen. Von unseren sind ein paar gefallen, aber einen haben wir aus dem Sattel gerissen.«
»Lebt er?«, wollte Niklas wissen. »Ich habe Euch gesagt, dass ihr jemanden lebendig fangen sollt.«
»Tjaaa.« Der Dünne winkte ab. »Das haben wir nicht geschafft. Die Weiber haben siedendes Wasser genommen, die waren als Erste bei ihm …«
»Ich habe immer gesagt, dass sie in Strunk heiße Weiber haben«, murmelte der Schmied und kratzte sich im Genick. »Und den Spitzel?«
»Haben wir gefunden«, sagte der dürre Mann knapp, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren.
»Gut. Und jetzt hört zu, Leute. Wo die sitzen, wissen wir schon. Am Berghang, neben den Schäferhütten, sind Höhlen im Fels. Dort haben sich die Räuber eingenistet, und dort werden wir sie
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