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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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um.
    »Fahr mich mit dem Auto irgendwohin. Hinunter zu den Docks. Irgendwohin, wo es scheußlich aufregend ist. Warte einen Moment…« Sie nahm die Brillanten vom Hals. »Hier, steck du das lieber wieder ein. Ich möchte nicht deswegen ermordet werden.«
    Gemeinsam verließen sie das »Ritson’s«. Der Wagen stand in einer engen dunklen Seitengasse. Als sie auf dem Weg dorthin um die Ecke bogen, hielt neben ihnen ein anderes Auto, und ein junger Mann sprang heraus.
    »Gott sei Dank, Noreen, dass ich dich endlich finde«, rief der junge Mann. »Alles ist schief gelaufen. Dieser Esel Jimmy ist mit dem falschen Wagen davongefahren, und kein Mensch weiß, wo diese verflixten Brillanten jetzt stecken. Wir sitzen ganz schön in der Tinte.«
    Lady Noreen starrte den jungen Mann an.
    »Wie meinst du das? Wir haben die Brillanten – das heißt, Edward hat sie.«
    »Edward?«
    »Ja.« Sie deutete mit einer knappen Bewegung auf ihren Begleiter.
    Jetzt bin ich derjenige, der in der Tinte sitzt, dachte Edward. Ich wette zehn zu eins, das hier ist Bruder Gerald.
    Der junge Mann starrte ihn an.
    »Was soll das heißen?«, sagte er langsam. »Edward ist in Schottland.«
    »Oh!«, stieß Noreen hervor. Sie blickte Edward mit weit aufgerissenen Augen an. »Oh!«
    Ihr Gesicht wurde abwechselnd rot und blass.
    »Dann sind Sie also echt?«, flüsterte sie.
    Edward brauchte nur einen Augenblick, um die Situation zu erfassen. Im Blick der jungen Frau lag Ehrfurcht – ja, etwas wie Bewunderung. Sollte er alles erklären? Nein, das wäre langweilig! Er würde das Spiel zu Ende spielen.
    Er verneigte sich förmlich. »Ich danke Ihnen, Lady Noreen«, sagte er in schönster Raubrittermanier, »für diesen bezaubernden Abend.«
    Dabei warf er einen schnellen Blick auf den Wagen, aus dem der andere soeben ausgestiegen war. Ein knallroter Wagen mit glänzender Motorhaube. Sein Wagen!
    »Und damit möchte ich mich von Ihnen verabschieden!«
    Ein rascher Satz, und er saß im Auto, den Fuß auf der Kupplung. Der Wagen setzte sich in Bewegung. Gerald stand wie gelähmt da, doch Noreen war schneller. Als der Wagen an ihr vorbeiglitt, schwang sie sich blitzschnell auf das Trittbrett.
    Der Wagen geriet ins Schleudern, schoss blindlings um die Ecke und stoppte. Außer Atem von der Anstrengung ihres Sprungs legte Noreen die Hand auf Edwards Arm.
    »Sie müssen es mir wiedergeben – oh, bitte, geben Sie es mir. Ich muss es Agnes Larella zurückgeben. Seien Sie nett – wir hatten doch einen schönen Abend zusammen – wir haben getanzt – wir waren… Freunde. Sie geben es mir doch, ja? Bitte… für mich.«
    Eine Frau, deren Schönheit einen berauschte. Es gab also wirklich solche Frauen…
    Im Übrigen war Edward selbst brennend daran interessiert, das Halsband loszuwerden. Eine gottgesandte Gelegenheit für eine elegante Geste.
    Er nahm das Halsband aus der Tasche und ließ es in Noreens ausgestreckte Hand gleiten.
    »Wir waren… Freunde«, sagte er.
    Ihre Augen leuchteten auf. Dann neigte sie sich unerwartet über ihn. Für einen Augenblick hielt er sie in den Armen, spürte ihre Lippen auf den seinen…
    Dann sprang sie ab. Der rote Wagen tat einen Satz nach vorn und raste davon.
    Romantik!
    Abenteuer!
     
    Am ersten Weihnachtstag um zwölf Uhr mittags betrat Edward Robinson das kleine Wohnzimmer eines Hauses in Clapham mit dem herkömmlichen Gruß: »Fröhliche Weihnachten.«
    Maude, die damit beschäftigt war, einen Stechpalmenzweig neu aufzuhängen, empfing ihn kühl.
    »Hast du einen angenehmen Tag auf dem Land verlebt, mit diesem Freund von dir?«, erkundigte sie sich.
    »Hör zu«, sagte Edward. »Das war alles gelogen. Ich habe ein Preisausschreiben gewonnen fünfhundert Pfund, und mir ein Auto davon gekauft. Ich hab dir nichts davon gesagt, weil ich wusste, dass du ein Mordstheater machen würdest. Das ist Punkt eins. Ich habe ein Auto gekauft, und damit ist jede weitere Diskussion überflüssig. Und der zweite Punkt wäre – ich gedenke nicht noch jahrelang zu warten. Meine beruflichen Aussichten sind durchaus zufrieden stellend, und ich beabsichtige, dich nächsten Monat zu heiraten. Hast du verstanden?«
    »Oh«, hauchte Maude.
    War das – konnte das Edward sein, der in diesem herrischen Ton zu ihr sprach?
    »Willst du?«, fragte Edward. »Ja oder nein?«
    Sie starrte ihn fasziniert an. In ihren Augen standen Ehrfurcht und Bewunderung, und als Edward diesen Blick sah, fühlte er sich wie berauscht. Verschwunden war jene mütterliche

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