Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
brüstete sich. »Tja, was hat der Handballexperte euch gesagt?«, fragte er triumphierend. »Damit haben wir den Pokal im Sack.«
»Ob der Schwitte ihn am Samstag schon spielen lässt?«, zweifelte ich.
»Ich wette eine überbackene Calzone darauf, dass er spielt und mindestens ein Tor wirft«, erklärte Fabio mit wichtiger Miene.
Nachdem Nik und Sam sich umgezogen hatten, gingen wir gemeinsam zum Parkplatz. Dort hatten Nik und Sam ihre Autos und Fabio seine Vespa abgestellt. Fabio beglückwünschte Sam mindestens fünf Mal zu seiner Aufnahme und ließ es sich auch nicht nehmen, ihm eine große Handballkarriere vorherzusagen. Als Fabio bei seiner Vespa ankam, schrie er entsetzt auf. »Diese Schweine! Wenn ich diese Idioten in die Finger kriege, mache ich Bolognese aus ihnen!«
Sofort eilten wir zu ihm hinüber. Fabio kniete jammernd vor seinem Roller. Jemand hatte das Hinterrad aufgeschlitzt. Ein deutlicher Schnitt zog sich durch das Gummi. Sprachlos betrachtete ich den Schaden. Wer machte so etwas?
Sam reagierte als Erster. »Hast du einen Ersatzreifen, Fabio?« Fabio schüttelte niedergeschlagen den Kopf.
»OK«, sagte Sam ruhig. »Nik und ich fahren los und besorgen einen neuen Reifen.«
Wenig später verließen die beiden in Sams Dodge den Parkplatz.
Wir warteten nicht lange, vielleicht 20 Minuten, als Sams weißer Wagen erneut auf den Parkplatz fuhr.
»Seid ihr geflogen?«, wollte Adriana wissen.
»So ungefähr«, erwiderte Nick lachend.
Sichtlich entzückt schmachtete Adriana meinen Bruder an. War das bei mir auch immer so offensichtlich?
Sam öffnete den Kofferraum und langte nach dem Reifen.
»Hast du schon mal einen Reifenwechsel an deiner Vespa gemacht?«, rief er Fabio zu.
»Nö, bis jetzt war das nie nötig.«
Sam winkte ab und beförderte den Reifen und einen Werkzeugkasten aus dem Kofferraum. Der erdige unebene Boden des Parkplatzes war durch den Dauerregen völlig aufgeweicht. In den Schlaglöchern hatten sich zahllose Pfützen gebildet. Sam stellte den Werkzeugkasten neben der Vespa ab und hielt das Rad unschlüssig in der Hand. Er schaute sich um, als suche er etwas.
»Siehst du da vorne den Grashang«, fragte er Fabio und deutete mit seinem Finger auf einen Hügel am anderen Ende vom Parkplatz. Fabio nickte. »Schieb deinen Roller bitte da drüben hin, damit ich den Reifen wechseln kann.«
Am Grashang angekommen, legte er die Vespa vorsichtig auf die Seite. Das Werkzeug verteilte er im Gras und stellte den hinteren Teil des Rollers auf den Werkzeugkasten. Nik stützte die Vespa während Sam das Rad wechselte. Seine Handgriffe waren fachmännisch, als würde er jeden Tag dutzende Reifen wechseln. Fabio reichte ihm abwechselnd die verschiedenen Werkzeuge.
Staunend beobachteten wir sein Geschick. Wobei ich ihn eher anhimmelte. Allein seine Anwesenheit war anbetungswürdig.
»So. Fertig.« Sam wischte die dreckigen Hände an seiner grasbefleckten Jeanshose ab. »Jetzt kannst du wieder mit deiner Vespa fahren.«
Fabio strahlte und klopfte Sam anerkennend auf den Rücken. »Danke. Du hast echt was gut bei mir.«
Sam winkte ab. »Dafür sind Freude doch da, oder.«
»Echt Mann. Das hätte nicht jeder getan«, bekräftigte Fabio seine Aussage. »Möchte echt gerne wissen, wer für diesen Scherz verantwortlich ist«, fügte er nachdenklich hinzu.
Wenig später saß ich neben Nik auf dem Beifahrersitz. Quietschend glitten die Scheibenwischer über die Windschutzscheibe. Der CD-Player spielte paradoxerweise den Song »Himmelblau« von den »Ärzten«. Nik und ich mussten beide wie auf Kommando grinsen. Grüne Felder zogen an uns vorbei, als ich einen Herzstich verspürte. Ich hatte einen unglaublichen Verdacht.
Glück und Pech
Der Religionsunterricht war langweilig und ich guckte ständig auf meine Armbanduhr. Noch 18 Minuten. Neben mir kritzelte Adriana geistesabwesend kleine Herzen mit verzierten N´s in ihr Heft. Frau Müller-Hellmich referierte über Franz von Assisi, was niemanden zu Freudensprüngen animierte.
Meine Gedanken wanderten ein paar Klassenräume weiter. Zu Sam. Er hatte gerade Physik. In der nächsten Pause würde ich ihn in der Cafeteria sehen. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag. Vor dem großen Fenster des Klassenraumes flatterte ein einsamer Schmetterling. Fasziniert betrachtete ich seine Flügelschläge und kaute gedankenverloren auf meinem Bleistift und meine Gedanken drifteten weiter.
Die Cafeteria erschien heller als sonst. Alles wirkte viel neuer und
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