Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
könnten, aber die richtigen habe ich bislang nicht finden können
.
Oh, schon so spät! Und ich habe mich immer noch nicht entschieden, was ich anziehen soll. Vielleicht rufe ich Adri gleich nochmal an, um sie nach ihrem fachmännischen Rat zu fragen. Für meine Typveränderung habe ich nur Komplimente erhalten, Adri scheint zu wissen, was sie tut. Das Kompliment von Pascal ist mir glücklicherweise bis jetzt erspart geblieben, denn ich bin ihm in der Schule aus dem Weg gegangen, und falls er mal in meiner Nähe aufgetaucht ist, habe ich schnell die Kurve gekratzt – mit seinen Krücken ist er eine echt lahme Ente, da ist es keine große Kunst, ihn abzuhängen
.
So, jetzt muss ich aber ganz schnell Adri anrufen, damit sie michbei der Stylingfrage für das Konzert berät. Und dann geht’s auch schon bald los. Mam und Paps sind über das Wochenende in Dänemark auf irgendeinem Kongress, sodass wir nach dem Konzert vielleicht eine spontane After-Show-Party veranstalten können.; -)
Oh, ich bin richtig aufgeregt, wenn ich an den Auftritt der Band denke – und natürlich an Sam! Das wird ein toller Abend!
Deine aufgekratzte Mae
Schließlich war es so weit. Adriana und ich saßen frisch gestylt im Bus auf dem Weg zu unserer Schule, oder besser: zum Rockkonzert. Nervös knibbelte ich an meinem rechten Daumennagel.
Ich hatte auf Adrianas Anraten mein schwarzes Top, dunkle Spitzenleggins, einen Jeansrock mit meinem pinken Schnallengürtel und flache Ballerinas angezogen. Ich fühlte mich gut damit, es war stylisch, aber nicht übertrieben aufgetakelt. Dass Adriana wie ein Model aussah, brauche ich wohl nicht extra betonen. Laut ihrer Aussage hatte allein das Make-up mehr als eine Stunde vor dem Spiegel beansprucht. Mein Bruder, Fabio und Sam ackerten schon seit dem frühen Vormittag in der Aula, bauten das Equipment auf und tüftelten an dem perfekten Sound.
Der Bus stoppte vor dem gelben Wartehäuschen. Wir stiegen aus, gingen über die Straße und schlugen den Weg zum Schulhof ein, wobei wir vorsichtig einen Slalom um die vielen Regenpfützen liefen, die sich beim letzten Schauer gebildet hatten. Am Rande des Schulhofes wuchsen Dutzende Büsche, die uns die Sicht auf den Schuleingang versperrten. Wir passierten die Schulpforte und sahen bereits einige Leute auf dem breiten Treppenabsatz vor dem Portal stehen. Vier große Jungs mit kurzen Haaren, tätowierten Unterarmen und Tunnels in ihren Ohrläppchen hatten sich in der rechten Ecke aufgestellt. Sie kamen mir bekannt vor, aber ich konnte mich nicht mehr erinnern, wo ich sie schon mal gesehen hatte. Es war sechs Uhr und die Abendkasse war geöffnet, der Eintritt betrug zwei Euro und kam komplett einer gemeinnützigen Einrichtung zugute. Wir kauften unsere Tickets und gingen zum Halleneingang, wo wir Curly trafen.
Zum Konzertbeginn platzte die Aula bereits aus allen Nähten.Der Support-Act war die Hardcore Band »Spy out«, deren Besetzung sich als genau die vier Jungs entpuppte, die ich zuvor gesehen hatte. Mit ihrem schnellen Sound heizten sie dem Publikum gehörig ein, eingefleischte Fans grölten ihre Songs lautstark mit, in der Mitte bildete sich ein Kreis um die pogende Meute. Adriana, Curly und ich standen abseits der Menge und beäugten das Treiben, halb skeptisch, halb interessiert. Ich war noch nie ein Fan von großen Massenansammlungen, schon gar nicht auf Konzerten. Bei einem »Tokio Hotel«-Konzert in Hamburg hatte ich mich todesmutig in das Gedränge und Geschiebe im ersten Innenraum begeben und mich ziemlich weit nach vorne gekämpft, als es zu Beginn des Konzertes zu heftigen Tumulten kam. Die Fans drückten plötzlich wie verrückt nach vorne, ich wurde mit dieser Welle gegen das Mädchen vor mir gepresst und bekam keine Luft mehr, da der Druck auf meinem Brustkorb so stark war. Es lief alles ins Chaos, ich hatte keine Kontrolle mehr wohin oder wo gegen ich gedrückt wurde und ich konnte mich nur panisch an dem hysterisch kreischendem Mädchen vor mir festkrallen und hoffen, heil aus dem Mop wieder herauszukommen. Die Hysterie legte sich Gott sei Dank nach einigen Minuten, sodass ich mich aus der Menge befreien konnte. Seitdem blieb ich bei jedem Konzert am Rand stehen und sah mir die Show aus einer mir sicher erscheinenden Distanz an.
Eine Dreiviertelstunde später verließen »Spy Out« die Bühne, die Scheinwerfer gingen aus, das normale Neonlicht wurde angeknipst. Pausenmusik erklang und die schwarzen Vorhänge wurden wieder zu gezogen. Ein
Weitere Kostenlose Bücher