Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
wenig
Zeit, damit er wieder klarkommen kann … und Konrad auch. Das wird schon wieder.«
»Du hast wahrscheinlich recht.« Ich zwirbelte eine Haarsträhnezwischen meinen Fingern und musste an Adrianas Reinfall mit meinem Bruder denken. »Wir beide scheinen gerade nicht das große Los in der Liebe gezogen zu haben. Vielleicht sollten wir es mal mit Glücksspiel oder so versuchen.« Grinsend knuffte ich sie in die Seite.
»Keine schlechte Idee. Aber ich habe, da glaube ich einen besseren Vorschlag.«
Adriana kniete vor dem hellen Sideboard, zog die unterste Schublade heraus und fischte aus einer Box einige Fläschchen, Pinsel, Alufolie und Einweghandschuhe heraus.
»Das sind die Zutaten für die neue Mae«, verkündete sie mit einem schelmischen Grinsen, während sie die Alufolie bereits in gleichmäßig große Stücke schnitt. »Ich als deine Freundin sehe es als meine Pflicht, dir und deinem Liebesglück etwas unter die Arme zu greifen.«
Ich guckte zu ihr, wie ein Huhn, wenn es donnert, inklusive der zwei blinkenden Fragezeichen in den Augen. »Wie jetzt?«
Meine Freundin ließ sich nicht aus dem Konzept bringen, packte die zurechtgeschnittenen Streifen auf einen Stapel und knickte jeweils die obere Kante um.
»Wir müssen unbedingt was für dein Selbstbewusstsein tun und außerdem ist am Samstag der große Auftritt von »The Dead Mannequins« in der Aula.«
»Und was hat die Alufolie damit zu tun?«
»Na, die brauch ich für deine neue Haarfarbe.«
»Was ist denn mit meiner Haarfarbe?«
Ich zog eine braune Haarsträhne durch meine Finger und checkte sie kritisch.
»Oh manno, Mae.« Adriana legte die Alufolie beiseite und rollte ihren Schreibtischstuhl in die Mitte ihres Zimmers. »Mit deiner Haarfarbe ist gar nichts … das ist es ja eben. Da muss mal eine Veränderung her, etwas Tuning, knallige Farbreflexe, Strähnen. Was Stylisches eben.«
Sie drückte bereits Farbe aus drei verschiedenen Tuben in eine kleine Plastikschüssel, goss zum Schluss eine helle Flüssigkeit dazu, und verrührte alles mit einem Pinsel zu einem roten Brei. Ich öffnete den Mund, schloss ihn aber sofort wieder. Neugierig reckte ich den Hals, um ihr bei ihren Vorbereitungen besser zusehenzu können. Ich hatte noch nie meine Haare gefärbt und zögerte kurz. Ach was, öfter mal was Neues. Es war höchste Zeit für ein neues Styling, da hatte sie wohl Recht. Wozu hatte ich sonst eine Modeexpertin als Freundin?
Einen Moment später saß ich schon auf dem Stuhl, reichte Adriana auf Zuruf die Alustreifen, indessen sie meine Haarsträhnen sorgfältig einpinselte, in Alufolie einpackte und es nicht müde wurde mir immer wieder zu beteuern, dass ich es später nicht bereuen zu würden. Nachdem Adriana mit meinen Haaren fertig war, und mir die silberne Folienstücke wie Antennen vom Kopf abstanden, beschloss sie spontan mir auch noch die Wimpern zu färben und die Augenbrauen zu zupfen. Ein Protest wäre zwecklos gewesen und so ließ ich sie agieren.
Nach einer gefühlten Ewigkeit schaltete Adriana den Föhn aus. »Fertig?«, fragte ich unsicher.
»Ja, fertig«, sagte Adriana, zog den Stecker des Föhns aus der Steckdose. »Hammer, Mae. Das sieht mega-geil aus.«
Sie trat einen Schritt zurück und beäugte zufrieden ihr Werk. Dann kramte sie einen großen Spiegel hervor und hielt ihn mir vor die Nase.
»Na, bin ich gut, oder bin ich gut?«
Ich schaute in den Spiegel und sah die neue Mae.
»Wow«, entfuhr es mir ungläubig. Das sollte ich sein? Durch meine braunen Haare zogen sich schimmernd granatrote Strähnen, dichte schwarze Wimpern umrahmten meine dunkelbraunen Augen und verliehen ihnen den Hauch eines Geheimnisses, die Bögen meiner sonst so widerspenstigen Augenbrauen waren kunstvoll in vollendeter Form gezupft. Ich sah aus wie eines der Mädchen, die es sonst nur in Magazinen gab.
»Das ist … das ist …«
»… einfach mega-heiß«, vollendete Adriana selbstbestätigend den Satz.
»Ja. Absolut. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Danke.«
»Gerne. Also, wenn Sam die neue Mae sieht, dann werden ihm wenigstens die Augen aus dem Kopf fallen. Du bist jetzt, mit mir natürlich eingeschlossen, die krasseste Chica der ganzen Schule.«
Ihr »Hello Kitty« Telefon auf dem silbernen Spindschrank klingelte.
»Ja?« Adriana drehte sich zu mir und formte mit ihren Lippen lautlos Fabios Namen. »Mhm … ja … ok, wir kommen gleich.« Sie legte auf und blickte mich übermütig an.
»Das war Fabio. Wir können gleich die
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