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Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Titel: Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Petery
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ob die sich das leisten könnten. Vor den Taschen und Schuhen fühle ich mich geborgen. Keiner kann mir in den Rücken fallen. Keiner mich belauschen. Keiner mich und Jonas stören. Wir können reden.
    Aber das wollte ich doch nicht. Ich wollte mich doch in Schweigen hüllen. Keiner sollte erfahren, dass mein Vater …
    Jonas weiß es sowieso. Sonst wäre er nicht so zurückhaltend. Sonst hätte er schon längst angerufen, mich nicht verlassen. Hat er mich überhaupt verlassen? Oder ich ihn?
    »Also, Anita, was ist los?«
    Das weiß er doch. Scheiße, Jonas, verdammte Scheiße, du weißt es doch.
    Ich zucke mit den Schultern.
    Er rutscht ein bisschen näher und schaut mich an ohne irgendeinen Ausdruck, ohne Freude, ohne Kummer, gefühllos, um meine Gefühle aufzunehmen – das weiß ich, nicht, weil ich es sehe, ich spüre es. Ich starre nämlich geradeaus. Vor dem Kaufhaus ist ein beliebter Treffpunkt, wie Jonas sind Hunderte von Schülern direkt aus dem Unterricht hierhergekommen, um sich mit Freunden aus anderen Stadtteilen zu treffen, mit ihren Schätzen, die sie auf Partys gehoben haben, an die sich keiner mehr erinnert oder erinnern will, oder mit ihren Eltern, mindestens ebenso peinlich, aber irgendwie dann doch weniger, man kennt seine Eltern schließlich besser als einen Expartyjungen, und man bewertet nicht, wird nicht bewertet, ist sicherer. Ich
sehe zu, wie sich die Paare in die Arme fallen, die besten Freundinnen sich wiedersehen – »Heeeeeeeeey!«, Kuss, Kuss –, und wie die Töchter versuchen, ihre Mütter davon abzuhalten, ihnen die Handtaschen abzunehmen, »die ist gar nicht so schwer«, weil – Hallo? –, wie uncool ist es denn, ohne Tasche herumzulaufen? Ich sitze hier vor den neuen Lederkreationen und fühle mich alt. Verurteilt zum ewigen Beobachten, nie mehr agieren, sondern zuhören, zusehen, zuriechen.
    »Ich dachte, du wolltest reden.«
    Nein, ich will nicht reden. Ich will nicht, weil sonst alles hochkommt. Ich will mein Herz hier nicht auskotzen, nicht vor Jonas. Er könnte mich verurteilen. Sagen, dass ich schuld bin.
    Er hat Recht. Ich wollte reden. Ich will so sehr reden, dass ich es jetzt nicht mehr kann.
    »Also, reden wir.« Meine Stimme ist heiser, trocken. Das Wetter, sage ich mir schon wieder. Bald werde ich nicht mehr alles auf die Hitze schieben können. Der Herbst kommt und wird mir diese Ausrede nehmen.
    »Gut.«
    Wieder nur ein Achselzucken. Ist er beleidigt, weil ich nicht gleich geredet habe? Kann er das nicht verstehen?
    Schweigen. Kommt nach dem »Gut« nichts mehr? Muss ich anfangen?
    »Hallo, ich bin die Anita, und ich habe ein Alkoholproblem. « Sollte ein Witz sein. Weil wir uns doch so merkwürdig anstarren, stumm und peinlich berührt.
    »Das habe ich mir schon gedacht.«
    Was soll das heißen? Wieso sagt er das so kalt, so unlustig? Hat er den Witz nicht kapiert? Die Stimmung soll schön locker bleiben. Ich will die ernsten Dinge nicht ansprechen.
Ich sehe schon, er ist nicht die Lösung. Kurz hatte ich das gedacht, aber er ist es nicht. Trotzdem – schön locker, schön witzig, nicht zeigen, dass ich nicht hierbleiben will. Ich könnte jetzt einen Drink gebrauchen.
    »Erst ist er stumm, dann wird er frech. Komm, sag was, Jonas.«
    »Ich habe nichts zu sagen.«
    »Ja klar …«
    »Erst mal solltest du mir was erklären.«
    Er hat doch was zu sagen, er soll doch mit mir reden, nicht mich zwingen, seinen Part zu übernehmen. Ich bemühe mich hier, unsere Unterhaltung auf einem freundlichen Niveau zu halten, und er redet so eine Scheiße? Als ob ich mich rechtfertigen müsste. Vor ihm!
    »Hey, nicht so aggressiv! Was willst du denn wissen?«
    »Ach nichts, lass mal.«
    »Doch. Bitte. Ich will, dass du das jetzt sagst.«
    »Na ja …«
    »Na ja?«
    »Weißt du, ich finde, du solltest wieder in die Schule kommen. «
    »Jonas …« Scheiße, Jonas, verdammte Scheiße.
    »Es ist nicht gut, wenn man immer so allein ist wie du, und man verliert doch total den Anschluss. Außerdem verpasst du ziemlich viel Stoff. Klar, es ist deine Entscheidung, und du bist traurig wegen der Geschichte mit deinem Vater und so. Aber das ist doch jetzt auch schon eine Weile her. Du kannst dich ja nicht immer verstecken, wenn irgendwas passiert. Das Leben geht doch weiter.«
    »Jonas, hallo, ich …«
    »Es ist irgendwie feige, dass du nicht kommst. Alle anderen haben auch Probleme. Ich habe auch Probleme. Ich gehe
trotzdem in die Schule. Warum solltest du eine Ausnahme sein

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