Europa-Handbuch - Europa-Handbuch
gegenüber zu stellen.
Nach 20 Jahren Autonomie ist der zurückgelegte Weg äußerst wichtig. Vor allem, wenn man es mit ähnlichen Fällen der politischen Dezentralisierung wie zum Beispiel in Deutschland oder Italien vergleicht. Man darf die historische Vorgeschichte nicht vergessen. Die Institutionalisierung dieser Länder ging viel langsamer und auf einer niedrigeren regionalen Selbstverwaltungsebene vonstatten. Selbst wenn man den unzweifelhaft stattfindenden Fortschritt anerkennt gibt es ausreichend Gründe, um die Zukunft der politischen Autonomie der Autonomen Gebiete entsprechend einem höheren Grad an Verantwortung und somit an Kompetenzen in der Führung der öffentlichen Angelegenheiten anzugehen. Und dies erfordert nicht unbedingt eine Verfassungsreform im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Senats als echte Kammer der territorialen Vertretung, auch wenn diese sicherlich nicht wie schon lange behauptet, umgangen werden kann.
Schließlich ist eine Reform des Finanzierungssystems die Vorbedingung jeglicher Erwägungen um eine stärkere Selbstverwaltung der Autonomen Regionen. Eine Teilreform wurde in den letzten Jahren vollzogen. Damit sie aber in vollem Umfang durchführbar ist, muss als Ziel das Verfassungsprinzip »Solidarität« als gemeinsamer Nenner bestehen. Solidarität ist jedoch ebenso in der Funktion der spezifischen Wirtschaftsvariablen einer jeden
Autonomen Region zu bewerten, so dass sie die sozioökonomischen Aktivitäten all derjenigen nicht bremst, die mehr zu den Staatsfinanzen beitragen. Vor dem Hintergrund dieses prekären Gleichgewichtes ist es notwendig, auch juristische Möglichkeiten bei der steuerlichen Mitverantwortung gegenüber dem Staat zu fördern, was bereits in einigen Regionen vorsichtig durchgeführt wird.
Einer der bedeutsamsten Aspekte der juristischen Debatte um die Verbesserung der Selbstverwaltung der Autonomen Regionen ist das Ziel, keine Verfassungsänderung durchzuführen. Der vielleicht naheliegendste Weg ist die Durchführung einiger noch offener Verordnungen, wie beispielsweise die Planung der wirtschaftlichen Regulierung der Sozialversicherung oder von Infrastrukturmaßnahmen von allgemeinem Interesse (Flughäfen). Wenn man nun einige der bisherigen staatlichen Vorgangsweisen erneut Revue passieren lässt wird deutlich, dass die zentralstaatliche Legislative den in der Verfassung festgeschriebenen Wirkungsbereich der autonomen Gesetzgeber offenkundig reduziert hat. Das bedeutet, dass stets ein kleinster gemeinsamer Nenner bei der Regelung von Kompetenzen maßgebend ist und Ausdruck von konkreten und detaillierten Richtlinien sein kann. In diesem Sinne ist nicht zu erwarten, dass das Verfassungsgericht große Korrekturen bei der Planung vornehmen wird, da die Verfassung in dieser Hinsicht keine Linie vorgibt. Es war somit vorhersehbar, dass die allgemeine Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber der Interpretation des Parlamentes eine nachrangige Position einnehmen würde, außer in jenen manchmal durchaus wichtigen Fällen, in denen die Legislative klar gegen die Verfassung verstoßen hatte. Mit dem Urteil über LOAPA hat das Gericht einen wichtigen Beitrag zur Kompetenzabgrenzung geleistet, die zwar mit Vor-und Nachteilen behaftet ist, jedoch heute einen wichtigen juristischen Bezugsrahmen bildet und dem staatlichen Recht im Vergleich zum autonomen Recht stärkeres Gewicht verleiht.
Die Zukunft wird zeigen, ob diese Richtung mit dem Ziel einer Gesetzesgrundlage, definiert als ordenación de minimos, durch die Legislative angenommen wird oder nicht. Denn bisher beherrschte die zentralstaatliche Seite das Bild, was sich in einer steigenden Zahl von Gesetzen zeigte, die die legislativen Mitgestaltungsmöglichkeiten der autonomen Parlamente an den Rand drängten, und zuweilen bis zur Unbedeutsamkeit verringerten. Dies ist unter anderem der Fall bei der Gesetzgebung in Bezug auf Kommunen, Radio und Fernsehen, das Erziehungsrecht, die Gesundheit, die öffentlichen Ämter, und ähnliches. Demzufolge erscheint es logisch, dass die autonome Selbstverwaltung mit einer rechtlichen Grundordnung mit geringeren Interventionsrechten der Zentralregierung weitaus stärker agieren könnte.
Insbesondere mit der Verlagerung eines Großteils der exekutiven Kompetenzen auf die Autonomen Regionen würde man in diesem Sinne der Eigenlogik klassischer Föderalstaaten folgen.
Unvermeidlich ist jedoch eine Verfassungsreform zur Anpassung des Senats an seine tatsächliche Stellung
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