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Europa-Handbuch - Europa-Handbuch

Europa-Handbuch - Europa-Handbuch

Titel: Europa-Handbuch - Europa-Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Weidenfeld
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Europas entwerfen kann, zwingend notwendig. So ist eine »differenzierte Integration« zu einer realen Gestaltungsoption für den europäischen Einigungsprozess geworden.
    Ein bereits existierendes Beispiel, wie diese Differenzierung funktionieren kann, ist die Wirtschafts- und Währungsunion: Durch die Einführung des Euro-Bargelds als gemeinsamer europäischer Währung am 1. Januar 2002 mit zwölf Mitgliedstaaten ist eine offene Flanke bei der Fortentwicklung der Europäischen Union geschlossen worden. Doch ohne eine qualitative gemeinschaftliche Gestaltungsleistung werden die Mitglieder nicht den erhofften Nutzen aus ihr ziehen können; es drohen Reibungsverluste und das Ansteigen der Arbeitslosigkeit in benachteiligten Regionen. Denn auch die Einführung der gemeinsamen Währung macht Europa nicht über Nacht zu einem homogenen Wirtschaftsraum, in dem einheitliche Lebensverhältnisse herrschen, regionale Unterschiede in der Produktivität und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine Rolle mehr spielen und eine wirkliche Mobilität der Arbeitskräfte Realität ist. Die für Europa so prägende Heterogenität besteht fort, und die Europäische Union wird ihr wirtschaftspolitisch Rechnung tragen müssen.
    Konkrete Handlungsfelder für solche gemeinsamen wirtschaftspolitischen Anstrengungen sind:
    1. die Koordination der nationalen Haushaltspolitik;
    2. die Harmonisierung der Steuern und Abgaben nach dem Muster differenzierter Integration für diejenigen Staaten, in denen Diskrepanzen nach der Einführung des Euro zu Verzerrungen und politischen Kosten führen;
    3. die Integration von zentralen Politikfeldern mit besonderen fiskalpolitischen Implikationen, soweit sie im Unionsrahmen sachlich besser und geldpolitisch stabilitätssichernd betrieben werden können;
    4. die Abstimmung nationaler Reformpakete im Bereich der sozialen Sicherungssysteme;
    5. die Koordination von Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, gegebenenfalls die Integration nach dem Muster differenzierter Integration für den Kreis der besonders interessierten Staaten.
    Eine solche Vertiefung der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit verlangt viel Sensibilität von den Beteiligten; für jeden weiteren Vertiefungsschritt
besteht ein neuer, früher unbekannter Begründungsbedarf vor einer sensibilisierten europäischen Öffentlichkeit, die gerade erst beginnt, sich mit der Abschaffung der nationalen Währungen abzufinden. Leitbilder für die vertiefte wirtschaftspolitische Zusammenarbeit der Mitglieder der Wirtschafts-und Währungsunion müssen daher das Subsidiaritätsprinzip und die differenzierte Integration sein.
2. Antworten auf die Herausforderung der Moderne
    Epochale Umbrüche haben in den 1990er Jahren den Blick auf die gemeinsame Orientierungsidee der Europäer ebenso verstellt wie die zögerlichen Antworten der Europapolitik auf den explosionsartig gewachsenen Reformbedarf. Doch sind die Bausteine europäischer Identität heute wirklich verloren oder nicht mehr zeitgemäß? Machen die »langen Wellen« der Geschichte europäischer Konflikte, die nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes wieder zum Tragen kommen, die Integrationserfahrung Westeuropas aus den vergangenen Jahrzehnten zum »ahistorischen Fremdkörper«? 20
    Vor diesem Hintergrund ist der schroffe Ausruf Dolf Sternbergers »Nein, es gibt keine Idee, die Europa hieße!« 21 neu zu bedenken. Es gibt in der Tat keine »Idee Europa« im Sinne eines alle Bürger, alle Temperamente und alle Motive integrierenden Ideals. Aber es gibt eine politische Kultur Europas, die einen Teil der Identität der Europäer ausmacht – nicht mehr und nicht weniger. Neben dem gemeinsamen »Erfahrungshorizont Europa« gibt es andere Schichten der Identität: die nationalen Dispositionen, die menschlichen Gruppenerlebnisse, die sozialen Organisationskenntnisse, das regionale, städtische oder dörfliche Bewusstsein.
    Diese Dialektik von Europäisierung und gewohntem nationalen Bezug des modernen Lebens ist kein neues Phänomen, sondern von Anfang an im Prozess der Modernisierung angelegt. Schon seit seinem Beginn müssen die Menschen wieder und wieder mit der Übertragung der ihnen vertrauten Bezugsrahmen und Solidaritäten auf immer größere soziale Einheiten zurechtkommen. Behält man diese historische Entwicklungslinie im Gedächtnis, erscheint die Europäisierung unserer Identität als eine neue Entwicklungsstufe der Moderne. 22
    Das Bewusstsein der Vielfalt geschichteter

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