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Europa-Handbuch - Europa-Handbuch

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Titel: Europa-Handbuch - Europa-Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Weidenfeld
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legte die Europäische Kommission im Februar 2003 einen »Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Satzung und die Finanzierung europäischer politischer Parteien« vor, in dem die Erkenntnisse aus den Beratungen der vergangenen zwei Jahre berücksichtigt waren. Inzwischen war der Vertrag von Nizza (am 1. Februar 2003) in Kraft getreten und erlaubte nun, im Wege der Mitentscheidung zu verfahren, womit das Erfordernis der Einstimmigkeit bei der Abstimmung im Rat hinfällig geworden war.
    Nur wenige Wochen später legte der Abgeordnete Jo Leinen als Berichterstatter ein »Arbeitsdokument« zur Orientierung der Debatte des Europäischen Parlamentes über diesen Vorschlag vor. Und im Juni 2003 verabschiedete das Plenum das Statut für Europäische Parteien, nachdem zeitgleich der Ministerrat dem Text zugestimmt hatte. 14
    Das Statut bietet einen Rahmen für die Finanzierung anspruchsberechtigter Europäischer Parteien, die durch Abgeordnete im Europäischen Parlament oder in mindestens einem Drittel der Mitgliedstaaten in nationalen oder regionalen Parlamenten vertreten sind; auch Parteien, die bei den vergangenen Europa-Wahlen in einem Drittel der Mitgliedstaaten mindestens 5 Prozent der Stimmen erworben haben, können einen entsprechenden Anspruch geltend machen. Die Parteien, die eine solche öffentliche Finanzierung
aus dem Haushalt der Union in Anspruch nehmen, müssen nachweisen, dass sie sich an den Werten der Europäischen Union orientieren. Strenge Vorschriften regeln das Spendenwesen und das Finanzgebahren, das vom Rechnungshof überprüft werden kann. Das Europäische Parlament wacht darüber, dass die Einhaltung der Voraussetzungen für die Anerkennung gegeben ist. Es hat die Möglichkeit, eine Partei, die gegen diese verstößt, von der Finanzierung auszuschließen.
3. Aktuelle Situation
    Der Umstand, dass die Tätigkeit der Europäischen Parteien nicht in dem Maße wirksam ist – oder wirksam erscheint – wie die der nationalen Parteien in den Mitgliedstaaten, liegt daran, dass die Quelle der Macht, die in der Union ausgeübt wird, nicht im Europäischen Parlament liegt, sondern nach wie vor bei den nationalen Regierungen, die ihrerseits von den nationalen Parlamenten legitimiert werden, und die von dort auch ihre Macht beziehen. Dies bedeutet, dass im transnational-europäischen Rahmen die Möglichkeiten der Parteien, die Verfassungs- und Rechtsentwicklung zu beeinflussen, bis auf weiteres erheblich geringer bleiben als im nationalen Rahmen.
3.1 Die Parteien im politischen System der Union
    Die nationalen Regierungen, die in der Europäischen Union über den Rat als Verfassungs- und Gesetzgeber fungieren, haben es bis heute verstanden, den Einfluss und die Kontrollmöglichkeiten des Europäischen Parlamentes weitgehend einzudämmen, wobei sie sich den Umstand zunutze gemacht haben, dass die Federführung für die europäischen Angelegenheiten den Außenministerien anvertraut blieb und dass Europapolitik dementsprechend immer noch als Außenpolitik betrieben wird.
    Nun folgen aber die politischen Parteien beim Aufbau ihrer Strukturen und beim Einsatz ihrer Mittel der Verfassungsentwicklung. Damit halten sich ihre Bemühungen beim Aufbau der eigenen gemeinschaftlichen, transnationalen Strukturen und bei der Herausbildung der eigenen Aktionsfähigkeit auf europäischer Ebene im Rahmen dessen, was ihnen der Fortschritt des Einigungsprozesses und seine Institutionalisierung nach und nach abverlangen.

    Dennoch wird man im Rückblick auf den Prozess der Europäisierung, dem die politischen Parteien aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union während der vergangenen Jahrzehnte unterworfen waren, sagen können, dass über den Rhythmus und das Ergebnis ihrer eigenen Entwicklung auch die einzelnen Parteien oder Parteiformationen selbst entscheiden:
    1. durch das Maß an Einverständnis oder Ablehnung mit dem stattfindenden Prozess, woraus sich das Maß ihrer Fähigkeit ergibt, mitgestaltend in diesen Prozess einzugreifen;
    2. durch die Rolle ihrer Fraktionen im Europäischen Parlament, in der sich der gemeinsame politische Wille stärker oder auch schwächer artikulieren kann; und
    3. durch ihre Programmatik und die damit verbundene Fähigkeit zur Stiftung eines übernationalen Konsenses unter Einbeziehung der nationalen gesellschaftlichen Kräfte.
3.2 Die Struktur und Organisation der Europäischen Parteien
    Die allmähliche Herausbildung einer europapolitischen

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