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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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Hacken Zusammenschlagen, zur schnatternden Schar der Generäle, die zum Führer wollten – erst großes Hallo, dann nichts als Lügen.
    Alle, die wir den Winter '41 überlebt haben, mussten schmerzlich erfahren, dass jedes kleinere Kaliber als hundertfünfzig nichts nützt, weil die Granatsplitter im Schnee stecken bleiben!
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    Und dann habe ich sie die ganze Nacht über strammstehen lassen! Schaut mir in die Augen, ihr Schlappschwänze, habe ich ihnen gesagt! Nächstes Mal seid ihr lieber standfest, habe ich ihnen gesagt! Ich …
    … jetzt sind sie im Ghetto, zumindest in Warschau. Bald werden wir gar nicht anders können, als sie …
    Zum Glück stehen unsere V-Waffen kurz vor dem Einsatz.
    Als Paulus mit ihnen über seine eigene Lage sprach, merkte er, wie er versuchte, mit halb geschlossenen Augen die graue Würde des Feldmarschalls von Manstein nachzuahmen.
    Und nun zur Kardinalfrage, meine Herren. Wenn die UdSSR besiegt ist …
    Halder war durch Zeitzler ersetzt worden, der sich nun aufplusterte und das große Wort führte: Wenn wir Leningrad und Moskau erst einmal von der Landkarte getilgt und alle Ölreserven des Kaukasus in der Hand haben, will der Führer, wenn möglich, eine gewaltige Verteidigungsanlage errichten und den Russlandfeldzug ruhen lassen.
    Warlimont rollte mit den Augen. Er nahm Paulus beiseite und murmelte, es mache ihm große Sorgen, wie der Führer die Truppen der 6. Armee zerstreut habe.
    Wir alle müssen das volle Risiko tragen, sagte Generalleutnant Paulus.
    Erst Warlimont, dann Bormann; erst noch eine Ausweiskontrolle, dann noch eine Besprechung mit dem Führer, dessen Blick nun so düs
ter war wie die schwarzen Balkenkreuze auf den Tragflächen unserer Flugzeuge.
    Paulus, ich werde nie jenen Augenblick vergessen, als die Kommunisten anno 21 versucht haben, meine Rede im Hofbräuhaus zu verhindern! Damals habe ich meinen Braunhemden klar gemacht, dass sie mir heute ihre Treue auf Biegen und Brechen beweisen müssen. Kein Einziger von uns darf den Saal verlassen, habe ich gesagt, man muss uns schon im Sarg hinaustragen! Ich habe sie gewarnt: Wenn ich hier einen den Feigling spielen sehe, dem reiße ich eigenhändig die Armbinde ab …
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    Jawohl, mein Führer.
    Die Russen sind am Ende.
    Paulus wurde weißer als ein deutscher Panzer.
    13
    Pfeile, die auf der Militärkarte herumwirbelten, lenkten seine Wünsche hierhin und dorthin. Drei Sturmangriffen der 6. Armee war es nicht gelungen, die feindlichen Truppen abzuschneiden; das stand außer Zweifel. Eingeschlossen und zusammengedrängt in den Ruinen der Stadt, erlitten seine Truppen durch ungehinderten Beschuss aus massierten feindlichen Geschützen weiterhin schreckliche Verluste. Die Zermürbung nagte an ihm. Der Feind hatte nun begonnen, seine rumänischen Verbände an den Flanken anzugreifen; am 4.10.42, als Paulus noch versuchte, die sowjetische 62. Armee ein für alle Mal zu zerschlagen, hatte er entlang der Achse der Seen Barmanzak–Zaza–Sarpa schon Geländegewinne zu verzeichnen. Und noch schlimmer, diese Rumänen hatten sich die Artillerie wegnehmen lassen! So sehr es ihn auch demütigte, er konnte jetzt nichts anderes tun, als den Führer um neue operative und taktische Reserven zu bitten – eine Neuerung, die wir Julius Caesar zu verdanken haben, wie Paulus an der Generalstabsakademie gelernt hatte. Wo aber blieben die Reserven? Konnte er nicht wenigstens ein paar-Verbände bekommen, um seine Linien zu verstärken? (Er teilte Feldmarschall von Mansteins hohe Meinung von der Marschdisziplin der Division »Totenkopf«.)
36 So, wie seine jungen Deutschen da unter ihren breitkrempigen Helmen immer ängstlicher um die zerstörten Mauerecken lugten, sah der Ausgang des Ganzen schon so tintenschwarz aus wie der Rauch vom brennenden Öl. Das
Wichtigste war, den Druck aufrechtzuerhalten. Er musste sich jetzt wirklich auf Schmidt verlassen, damit alles weiterlief; auch schienen die anderen Offiziere nicht erkennen zu wollen, wie schlecht es stand. Furchtsam blickte er durch seinen Feldstecher und erspähte die wirbelnden Schattenrisse russischer Wintermäntel und die Gewehre der Infanterie beim Sturmangriff; und dann, genau auf sein Zeichen, radierten unsere Maschinengewehre und Flammenwerfer sie aus. Erst Abwehr, dann Gegenangriff: Da kamen wir, in gebücktem Lauf, kauerten uns an Vorsprünge in den rußgeschwärzten Ruinen, zielten durch den Rauch auf das halb verhüllte Skelett der Stadt, wo das feindliche Ungeziefer

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