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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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zu …
    Herr Generalleutnant, die sowjetische 65. Armee hat unsere Flanke aufgerissen!
    Er öffnete sein silbernes Zigarettenetui und sagte: Immer die Ruhe bewahren.
    Aber Herr Generalleutnant, wir werden bis hier zurückgeschlagen!
    Und Paulus sprach: All Ihren Einwänden halte ich zwei Worte entgegen: Adolf Hitler.
    14
    Der Großen Sowjetischen Enzyklopädie zufolge , deren einunddreißig Bände die Summe allen nützlichen Wissens enthalten, lässt sich Einkesselung am besten erreichen, indem man die feindlichen Verteidigungslinien in zwei oder mehr Frontabschnitten durchbricht und der Angriff sich an konvergierenden Achsen entfaltet. Dadurch entstehen eine feste innere und eine aktive äußere Front, die die eingekreiste Formation von den restlichen Truppen abschneiden.
40 Das war den sowjetischen Panzerbrigaden, Stoßarmeen, Kavalleriekorps und Ski-Bataillonen gelungen, und nun härtete der Ring aus, so wie Eis: Erst war da ein zartes Häutchen, dass man so leicht aufbrechen konnte wie Zuckerglasur. Paulus, dessen Augen nun unter seinen dichten, fast slawischen Augenbrauen tief eingesunken waren, wurde klar, dass die feindlichen Speerspitzen vermutlich bei Kalatsch aufeinandertreffen würden. Er verfügte nicht über die Reserven, sie aufzuhalten. Andererseits hatten sie schon hundert Panzer verloren. Vielleicht waren sie am Ende.
    Am 21.11.42 war die Einkesselung Stalingrads abgeschlossen. Gelassen forderte er zwei Fieseler-Storch an, um sich mit Generalmajor Schmidt nach Nischne-Tschirskaja zu begeben, wohin auch General Hoth zur Besprechung beordert werden würde. Er wies seine Untergebenen an, mit dem Verbrennen von Dokumenten zu beginnen. Dann befahl er den Rückzug des XI . Armeekorps über den Don in das Zentrum des Kessels, der auch erfolgte, wobei russische Kriegsgefangene die Munitionskarren ziehen mussten und erschossen wurden, wenn sie nicht mehr konnten. Den Berichten entnahm er, dass schon wieder mehr Russen, in weißer Tarnkleidung, über den schwarz verdreckten Schnee liefen, fünf ganze Armeen; und sie hatten sich bei Sowetski vereint und gruben sich ein. Bald würde es zu spät sein. Ein Russe mit blau
angelaufenem Kiefer und einem Stern auf der Mütze riss den Mund zu einem Schrei seligen Hasses auf, als die Katjuschas losgingen …
    Als das Flugzeug abhob, blickte er aus dem Fenster und sah Russen, die mit lächerlichem Fanatismus versuchten, ihn mit Handfeuerwaffen abzuschießen. Ihr Mündungsfeuer glitzerte wie Glimmer. Generalmajor Schmidt drohte ihnen mit dem Finger und zwinkerte Paulus zu. Dann verschwand Stalingrad hinter gelblichen Wolken, und Paulus schloss die Augen und tat, als würde er schlafen, damit er Schmidt nicht mehr sehen musste. Er musste an jenen Junitag in Poltawa denken, als er dem Führer versprochen hatte, dass die 6. Armee ihren Auftrag erfüllen werde. Nun würde er nie Feldmarschall werden.
    In Nischne-Tschirskaja nahmen ihm versonnene Fräuleins, das Haar so appetitlich wie ukrainischer Flachs und Buchweizen, die Zweituniform zum Bügeln ab, und als er aus der Badewanne stieg, brachten sie ihm frisch gewaschene weiße Handschuhe, die er trug, als er sich über den Konferenztisch beugte und sich einen Überblick über die neuesten Aufnahmen der Luftaufklärung von Fremde Heere Ost, Gruppe I , Heeresgruppe B verschaffte. Nach einer Weile merkte er, dass die Aufnahmen alt und überholt waren. Es gab keine Anzeichen für Truppenbewegungen, nicht einmal eine Ahnung davon, was natürlich auch an deren hervorragender Wintertarnung liegen konnte. Am anderen Ende des Raums telefonierte Schmidt mit dem VIII . Fliegerkorps und forderte Nachschub an. Und nun erhob Paulus sich und begrüßte General Hoth, den runzligen, kahlgeschorenen General Hoth, der den Eichenlaubkragen immer bis obenhin zugeknöpft trug.
    Unsere Hauptaufgabe, wies Paulus ihn ein, besteht nun im Ausschalten der gegnerischen Panzer.
    Aber das war schon längst nicht mehr möglich, wegen der überlegenen Produktionskapazität der Russen in der Panzerfabrikation.
    Er fragte General Hoth, was er tun könne, aber General Hoth konnte überhaupt nichts tun.
    Was ist mit der 16. Motorisierten?
    Haben Sie nicht gehört? Sie haben ihre Panzer eingegraben, um sie vor der Kälte zu schützen, und die Feldmäuse haben die Kabel durchgenagt!
    Alle rieten ihm, dem Führer einen Ausbruch zu empfehlen, bevor es zu spät war.
    Dann, gab er zurück, müssten wir über zehntausend Verwundete und die Masse unserer schweren

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