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Paulus zuschieben. Schließlich wäre das alles nicht geschehen, hätte man alles den vom Sonnenwind beschwingten, strubbelköpfigen, hinreißenden Jungs von der Luftwaffe aus der Illustrierten Signal überlassen.
Wir haben noch einen Mörser und fünfzehn Granaten, Herr Generaloberst …
Sehr gut, erwiderte er.
Am 16.1.43, dem Tag, als der Irak dem Reich den Krieg erklärte, hieß es im täglichen Lagebericht:
66 An diesem Tag verloren wir das Rollfeld von Pitomnik.
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Ein Luftwaffenmajor kam und erstattete ihm Bericht über die strategische Lage der Heeresgruppe Don. Paulus erwiderte: Tote interessieren sich nicht mehr für Militärgeschichte.
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Am neunzehnten, halb erstickt vom gelblichen Rauch russischer Fliegerbomben, schrieb er Coca seinen Abschiedsbrief, den er in beiderseitigem Interesse kurz hielt. In die Falten des Briefpapiers der 6. Armee steckte er seinen Ehering, seinen Siegelring und seine militärischen Auszeichnungen. Der umsichtige Soldat lässt die Originale seiner Orden zu Hause und trägt Nachbildungen, zum Schutz vor Verlust und den Rostflecken der Front. Das hatte er versäumt. Einem hochrangigen Offizier hätte man ein solches Verhalten als Ängstlichkeit auslegen können. Als er den Umschlag verschlossen hatte, ging es ihm besser. Jetzt hoffte er nur, sie würden das Flugzeug, das ihr diese Andenken brachte, nicht abschießen.
Am 22.1.43 nahmen die Russen das letzte Rollfeld von Stalingrad ein. Abermals erbat Paulus die Erlaubnis, sich ergeben zu dürfen. Die Antwort des Führers lautete:
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Jetzt hatten sie uns in zwei voneinander isolierte Unterfestungen aufgespalten, mit Paulus im Südkessel,
70 und Soldaten krochen in grauen Trupps durch die Trümmer, suchten nach Wärme und Brot und ahmten die grauen Schwadronen der Läuse nach, die aus den Verbänden der Toten krochen. Den Rumänen ging es natürlich noch schlechter; zuerst mussten unsere Deutschen gefüttert werden.
General von Hartmann hatte sich, wie man ihm mitteilte, aus der Deckung begeben, bis der Feind ihm in den Kopf geschossen hatte. General Stempel hatte dasselbe getan. Daher erließ er einen Befehl, der Selbstmord verbot.
Seinen täglichen Gesundheitsspaziergang an die Front unternahm er in Begleitung von Oberst Adam, der ihn bei seinen unsicheren Schritten stützte und ihm ins Ohr flüsterte: Ich spreche Russisch, falls es not
wendig werden sollte, Herr Generaloberst. – Das wird es nicht, erwiderte Paulus.
Am 24.1.43 überlegte er, den Verbandsplatz im Keller der ehemaligen NKWD -Zentrale zu besuchen, um den Verwundeten Mut zuzusprechen, und Generalmajor Schmidt erteilte ihm Erlaubnis, aber nach kurzem Nachdenken fürchtete er, sein Erscheinen könnte sie in Rage bringen, und er wollte ihre Leiden nicht verschlimmern. Also drehte er draußen ein paar Runden um den Berg aus gefrorenen Verbänden und amputierten Gliedmaßen, die den Schnee so leuchtend rosa färbten wie die Paspeln an den Waffenröcken einer Panzerabwehreinheit der Waffen-. Dann kehrte er ins Hauptquartier zurück und diktierte den folgenden Funkspruch ans OKW :
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Am 25.1.43 überließ General von Seydlitz es seinen Männern selbst, ob sie sich ergeben wollten. Paulus enthob ihn seines Postens. Er wurde von General Heitz ersetzt, der die Losung prägte: Wir kämpfen bis zur vorletzten Kugel, die letzte ist für uns selbst bestimmt.
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Der Feind hatte begonnen, den Roten Platz unter Beschuss zu nehmen.
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Am 27.1.43, als die US Air Force die ersten Bomben auf unser Reich abwarf, wurden weitere Angriffe auf die Festung Stalingrad abgewehrt (Paulus wankte in seinem Wintermantel, mit gesenktem Kopf); und am Tag darauf begann der Feind einen so heftigen Artilleriebeschuss, dass einigen seiner Männer die Trommelfelle platzten. Die Offiziere saßen da und rauchten; sie hatten noch ein paar Zigaretten aufgetrieben.
Ich habe Feldmarschall von Manstein einmal sagen hören, von diesen Folterknechten werde er sich nie lebend gefangen nehmen lassen, sagte Generalleutnant Jaenecke.
General Pfeffer, schon seit geraumer Zeit vom Defätismus angekränkelt, erzählte ihnen, was deutsche Gefangene im vergangenen Krieg hatten erleiden müssen: von den Verwundeten, die stöhnend auf Panjewa
gen lagen, den Auspeitschungen mit dem siebenschwänzigen Kantschu, den gefrorenen Urinpfützen in Sibirien, den Männern, die fortgeschleift wurden in den Tod. Diesmal werde es zweifellos noch schlimmer sein, sagte er.
Generalmajor Schmidt erinnerte sie alle
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