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Sandsäcken voneinander abgeschottet; und nun war
dieser Eiserne Vorhang schon Teil der Träume von Stalinisten und wurde weiterentwickelt zu dem geharkten Sand der Todeszone an der Berliner Mauer. (Die habe ich zu verantworten; Sie werden schon sehen.) Fortan muss deutsches Blut verklumpen; frei fließen kann es nicht mehr. In der französischen Zone singen sie sich ein kleines Lied über irgendetwas, das geschah, irgendetwas Kleines, Hübsches, ich weiß nicht mehr was, mein Französisch war sowieso noch nie sehr gut, da hebt in der Sowjetzone eine blonde Tänzerin aus Stalingrad den Rock; da fällt vielleicht plötzlich ein Sonnenstrahl in die kommunistische Finsternis oder so. In Wahrheit geht es um Folgendes: Wie kann das Bewusstsein wissen, was das Unterbewusste vorhat? Bundeskanzler Adenauer hat in einer seiner Reden verkündet, in unserem wissenschaftlichen (sprich: nuklearen) Zeitalter sei das Herz als Metapher veraltet; man solle sich Berlin lieber als Gehirn vorstellen; und seiner, Adenauers, Ansicht nach sei das, was hinter dem Eisernen Vorhang liege, das Reptiliengehirn, die urzeitliche, amoralische, vegetative Kontrollinstanz, die, ganz an der Schädelbasis zu verorten, von der NATO mit einem chirurgischen Genickschuss durch Raketen erledigt werden könne und müsse; nur so könne Deutschland, das für Europa stehe und somit für uns alle [ 38 ] , wieder eins werden. (Das hatte der Führer auch immer gesagt.)
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    Das Unterbewusstsein kann nie das Bewusstsein untersuchen; aber der umgekehrte Vorgang ist möglich, denn das Bewusstsein ist verlässlich wie eine Tante Ju. Als der Sonnenuntergang so purpurrot leuchtete wie der Ausweis eines NKWD -Agenten, passierte ich erneut den Eisernen Vorhang, und diesmal wollte ich im Würgegriff festhalten, was ich sah. O geheimnisvoller Osten! Eine recht lange Zeit habe ich dort verbracht, wie lange genau, kann ich Ihnen nicht wirklich sagen, aber ich erinnere mich noch an Schnee und Dunkelheit; ich glaube, ich habe eine Sinfonie erlebt, die mich mit Akkorden aus Stahl betäubt und gefesselt hat, obwohl ich möglicherweise nicht die Ausgestaltung durch
ein Orchester gehört habe, sondern ihren Kern; in diesem Fall muss es ein Genie mit Brille gewesen sein, das sie mir auswendig vorspielte, auf einem Flügel, der zum Verkauf stand, gegen Brot; ich erinnere mich, eine Frau namens Elena geküsst zu haben, aber ich weiß nicht mehr genau, ob sie Elena Konstantinowskaja hieß, Elena Kruglikowa oder vielleicht Elena Rosetti-Solescu, zu der mir der Spitzname Coca einfällt.
3 Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Straßenpflaster vom Eis glitzerte und glänzte; ich könnte Kinder gesehen haben, die mich aus ihren pelzbesetzten Kapuzen anblickten; aber ich habe einen westdeutschen Freund (Deckname HIRSCH ),
4 der die National Geographic bezieht, und einmal zeigte er mir eine Fotoreportage über Kanada, wo Menschen wohnen, die Eskimos heißen, an deren Existenz ich nicht glaube, weil sie unter Bedingungen leben, die sich nicht mit unserem Eisernen Vorhang erklären lassen: sechs Monate Tageslicht, dann Finsternis; aber sollte es tatsächlich Eskimos geben, dann gehörten die Kinder mit den Pelzkapuzen in HIRSCH s Artikel vielleicht zu ihnen; auch wenn es genauso plausibel ist, dass diese Kinder Kasachen waren; es war leicht möglich, dass ich so weit nach Osten geraten war; ich befand mich in einem Land, so weit und tief wie der Panzerabwehrgraben des Teufels; ich hörte das Ticken eines Metronoms.
    Und war die Frau nun Elena Konstantinowskaja oder Elena Kruglikowa? Und was bedeutete sie mir? Eisklar ist meine Erinnerung an die eng sitzenden schwarzen Pelzmützen, die zum Haar der kasachischen Frauen zu passen scheinen, also muss ich in Kasachstan gewesen sein. Auch an blonde russische Mädchen kann ich mich erinnern, deren blonde Pelzstolen – ja, sie müssen Fuchs getragen haben oder vielleicht weißen Zobel, war ich etwa in der Oper? – leuchteten wie die Sonne auf dem Schnee. Aber der Rest war finster; darauf könnte ich schwören. – Welche Art Finsternis, haben Sie gefragt? Erdschwarz wie die Hände eines Soldaten, eisenschwarz wie der Vorhang selbst – mit einem Hauch Grau und Blau, wie bei Metallen so üblich.
    Das ist die Summe meiner Spionagetätigkeit, nicht schlecht für einen ersten Besuch. Also beschloss ich, wieder über die Grenze nach Westberlin zu gehen. Ich hatte Lust, zu sehen, wie gut ich diese Erinnerungen davon abhalten konnte, sich zu