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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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Sewastopol kleinzukriegen – ja, Sie werden es inzwischen erraten haben; ich habe unter ihm gedient; ich bin ein Veteran aus von Mansteins 11. Armee! Und ich trage das Eiserne Kreuz erster Klasse – auch wenn die Amerikaner verordnet haben, dass ich es nicht anlegen darf. So las ich immer weiter und wusste , dass ich, irgendwie, noch tausend Jahre vor mir hatte; und vor dem Fenster glitzerten die Linden und deutsche Arbeiter bauten alles wieder auf. Wir wohnen nicht weit vom Landwehrkanal, unsere Hauptverteidigungslinie in der Schlacht um Berlin (auch der Ort, wo die Judenschlampe Rosa Luxemburg damals anno 1919 bekam, was sie verdiente). Hier traten unsere dreizehnjährigen deutschen Jungs in ihren schwarzen Schuluniformen an, um im Kampf gegen den Bolschewismus zu sterben. So viel Geschichte rund um mich herum! Und an jenem Tag war mir wirklich, als wäre ich ein Teil davon, das kann ich Ihnen sagen, als ich in meinem Sessel saß und die letzten Seiten von Verlorene Siege las. Dann kam ich an die Stelle, wo von Manstein sagt, Hitler sei nicht wagemutig genug gewesen, alles auf den Erfolg zu setzen; und das, was zu fühlen ich schon so lange bereit gewesen war, ich fühlte es nun: Wenn doch nur von Manstein unser Führer gewesen wäre …

Die weißen Nächte
von Leningrad
    1
    Wenn dies ein Film wäre, insbesondere einer von der Sorte, die Menschen in Kriegszeiten glücklich macht, würde er während der berühmten »weißen Nächte« Leningrads spielen, als Schostakowitsch in Elena Konstantinowskajas Armen lag. Leider ist dies kein Film. Und außerdem ist der Sommer eine Jahreszeit, die Ariern vorbehalten bleibt, so dass diese russische Geschichte sich leider im Winter zutragen muss, wenn die Nächte Leningrads, wie auch die meisten Tage, schwarz, schwarz, schwarz sind! Wie wäre es mit einem Kompromiss? Wir erzählen unsere Geschichte in Grau.
    Es war einmal, da schrieb man das zwanzigste Jahrhundert und meine Eltern waren noch jung; die Farbe war noch nicht in die Welt gekommen. Licht und Dunkel, Schwarz und Weiß waren meinen armen Großeltern genug; als meine Eltern geboren wurden, hatte die I. G. Farbenindustrie schon das Grau erfunden. Zuerst schien es zu nichts gut zu sein außer für schmuddeligen Londoner Nebel, aber als der Blitzkrieg begann, ließ sich damit recht schön der Rauch der brennenden Städte darstellen. Drei Tage bevor der Führer seine gewaltige Panzerschlacht bei Kursk abbrach, setzte das US -Kriegsministerium, das von einem Überläufer aus der Fa. Zeiss unterrichtet worden war, Hitlers Privatfilme würden jetzt in Farbe aufgenommen, das streng geheime Taos-Projekt in Gang, in dessen Verlauf ein Wunderknabe von einem Wissenschaftler namens Ansel Adams Photonenkanonen in Igelformation aufstellte, um die Tonwertskala des Firmaments in exakt elf Zonen aufzubrechen, vom Urschwarz der Zone 0 bis zur vollkommenen Leere der Zone X. Kontrast, Wolken-Klippen-Beziehungen, silbergraue Nadelbäume, geschmückt mit Vertiefungen aus reinem Schwarz, Lumineszenz und Detailtreue, im Mittelgrund flüssiges Geschützmetall, von Wellen aus hellerem Grau gestreift, diese Unterscheidungen erlaubten unserem Universum feinere Anpassungen als zuvor das Gutenberg-Modell; aber erst die Operation Polaroid erlaubte es den meisten Mitbürgern, zum
ersten Mal Farben zu sehen: in der Phase eins Primärfarben (heute müssen wir bei dem Gedanken lächeln, dass hochsommerliches Laub bis 1979 nur gelb oder blau sein konnte); und dann, nachdem die Adamsstrahlung unsere amerikanische Landschaft ausreichend konditioniert hatte, kamen die Sekundärfarben, die Tertiärfarben und schließlich die verschiedenen Infrarotaromen, derer wir uns bei erotischen Gelegenheiten so sehr erfreuen. Wie gesagt, die Deutschen hatten uns hier überholt, so wie es die Russen im Weltall tun würden; ich kann mir ein Zitat aus der freigegebenen OSS -»Einschätzung« nicht verkneifen, die ein gewisser Frank Voss angefertigt hat, unser US -Agent vor Ort, dessen eigentlicher Auftrag darin bestand, in den Trümmern des Führerbunkers nach Geheimwaffen zu suchen; dieser farbenblinde Kollege, der nun zum allerersten Mal mit Farbempfindungen konfrontiert wird (und das auch gleich zum letzten Mal, denn die letzte Filmspule seines Lebens beinhaltete Gefangennahme, Folter und Hinrichtung in Nordkorea), schreibt, aus dem Haufen Eisenbüchsen in dem Schutt am Ende eines feuchtkalten Flures, der von nicht weniger als drei kalmückischen Soldaten mit einem

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