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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bis aufs Blut
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zog von dannen.
    Seine Flucht brachte ihn nach Amerika. Das war darauf zurückzuführen, dass er eine unglaubliche Schwäche für amerikanische Filme hatte. Jahrelang hatte er sich regelmäßig aus dem Haus gestohlen und war ins Kino gegangen, denn nur in dieser Welt hatte er sein wahres Zuhause gefunden.
    Alex merkte nicht, dass er nur noch den schwach glimmenden Stummel der gerauchten Zigarette zwischen seinen Lippen hielt. Ein tiefer Zug an dem, was er für die Zigarette hielt, in Wahrheit aber nur noch der Filter war, holte ihn jäh und ekelerregend in die Wirklichkeit zurück.
    Die Sonne hatte sich bereits gesenkt, als Alex wieder zurück in das Zimmer trat und sogleich feststellte, dass von Anna nach wie vor nichts zu sehen war. Irritiert trat er vor die Badezimmertüre und klopfte ungeduldig.
    „Was machst du denn so lange da drinnen?“, rief er durch die geschlossene Türe. Doch da ihm weder eine Antwort gegeben wurde, noch sich die Türe öffnete, entschloss Alex sich dazu, wiederholend an der Türklinke zu rütteln. „Anna, mach’ die Türe auf!“, stieß er nun drohend aus.
    Dass sie ihm nach immer noch nicht geantwortet hatte, bereitete ihm stetes Unbehagen.
    „Anna!“, rief er erneut, bis das Geräusch von einem zu Boden fallenden Glas ihm Einhalt bot. Angespannt legte er sein linkes Ohr an die Türe, doch das vermeintliche Klirren von Glas war nicht mehr zu vernehmen. Was war nur los da drinnen?, fragte sich Alex, als er mit einem Mal glaubte, Annas Stimme zu hören. Er hatte sich nicht
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    getäuscht! Das war ihre Stimme und es schien ihm, als würde sie zu jemandem sprechen. Dazu kam, dass Alex keiner ihrer Worte verstand. Lag es daran, dass sie eine andere Sprache sprach? Ja, nun war sich Alex sicher - sie sprach Deutsch mit jemanden. Aber wer war mit ihr im Bad? Hatte er tatsächlich länger als nur ein paar Minuten geschlafen und so etwas Wesentliches, wie den Eintritt einer anderen Person in das Zimmer, verpasst?
    „Anna, wenn du jetzt nicht sofort die Türe aufmachst, breche ich sie auf!“, mahnte Alex und überlegte sich gleich darauf seine Aussage. Was redete er denn da? Wie sollte er jemals diese Türe aufbrechen? In Filmen – ja, in Filmen hatte er schon oft gesehen, wie man Türen aufbrach. Alex zögerte und schritt dann umso energischer zur Tat, indem er mit seiner Schulter die verschlossene Türe rammte. Gellende Schmerzensschreie stieß er aus. So ging es also nicht, dachte er sich und legte seine Hand auf die schmerzende Stelle nahe dem Schulterblatt. Wie war das noch?, dachte er sich, lehnte sich mit seinem Rücken gegen die Wand, streckte seinen Fuß wie ein Karatekämpfer aus und stieß mit einem kräftigen Stoß auf die Türklinke ein. So könnte es klappen, ermutigte er sich selbst und nahm einen erneuten Anlauf. Im Endeffekt bedurfte es dreier solcher Versuche, bis das Türschloss tatsächlich nachgab und die Türe aufsprang. Mit dem Schwung, den er beim letzten Anlauf genommen hatte, stolperte er ins Bad und stürzte fast auf Anna, die blutüberströmt auf dem weißen Fliesenboden gekrümmt lag. Ihr Blut schoss indes nur so aus ihren Handgelenken, denn sie hatte sich mit den dicken Glasscherben des Zahnputzglases die Pulsadern aufgeschnitten.
    „Holy shit, Anna! Was hast du gemacht?“, stieß er voll Entsetzen aus. Mit einem einzigen Ruck riss er ihr grob den Slip von den Hüften, zerriss ihn entzwei und band die Fetzen, die daraus entstanden waren, zuerst um das eine und dann um das andere Handgelenk. Anschließend hob er Annas Kopf leicht an, indem er seine Hand darunterschob. Ein kreidebleiches Gesicht mit kaltem Schweiß auf der Stirn lag nun schwer in seiner Hand gebettet. Vorsichtig legte er ein zusammengeknülltes Handtuch unter ihr Haupt und benetzte ein weiteres mit kaltem Wasser, um es ihr auf die Stirn zu legen. In dem Moment, in dem er mit dem kalten Tuch ihren Nacken abtupfte, öffnete sie nur für einen Augenblick ihre verweinten Augen, wenngleich auch nur einen kleinen Spalt. Sie lebte noch, obwohl ihre Gliedmaßen regungslos auf dem Boden lagen, so, als würden sie gar nicht zu ihr gehören. Ihre Beine waren weit auseinander gekreuzt, fast schon verrenkt, während ihr ganzes Körpergewicht auf ihrem linken Arm ruhte. Ihr rechter Arm lag - ebenfalls bewegungslos - in ihrem Schoß. Was sollte er nur tun? Ins Bett! Ins Bett würde er sie bringen, schließlich zitterte sie am ganzen Leib. Ihr makelloser, nackter Körper bekam eine

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