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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bis aufs Blut
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Altstadtviertel, genaugenommen in der Opatovicka Straße hinter dem National Theater. Seine hilflosen Notizen auf diesem Zettel von Wien hatten sie also tatsächlich hierher geführt. Er war selbst wohl am meisten überrascht. Nur ein paar Schritte vom Hotel entfernt konnte man die großartige Silhouette der Prager Burg und der Karlsbrücke erkennen. Alex hatte das Auto vor dem Hotel geparkt und betrachtete die Fassade. Mein Gott war dieses Gebäude heruntergekommen. Schwarz vom ewig wiederkehrenden Ruß der Kohleöfen, hier und dort war der Putz einfach vom Gebäude abgefallen wie das Stück einer Dreckkruste von einem verschlammten Körper und hatte eigentümlich sauberes Mauerwerk zum Vorschein gebracht.
    So ungefähr musste ein Leprakranker aussehen, dachte Alex und gleichzeitig fiel ihm ein, dass er noch nie im Leben einen Leprakranken gesehen hatte. Zum Glück eigentlich, fügte er für sich selbst hinzu, riss sich von dieser Fassade los und wollte zur Rezeption, an der man angeblich, so hatte Pete zumindest gesagt, eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte. Er trat in das Hotel und der Geruch von billigem Zigarettenqualm kam ihm aufdringlich entgegen. Die Rezeption stellte sich als eine Bar heraus, an der verwahrloste Gestalten auf den Barhockern herumlungerten, eine Zigarette nach der anderen rauchten und sich ihre Zeit damit vertrieben, indem sie in den Fernseher glotzten. Eine Rezeptzionistin gab es erstaunlicherweise auch, eine fünfzigjährige Tschechin. Sie hatte ihr Gesicht derartig weiß geschminkt, dass sie wunderbar ins Londoner Wachsfigurenkabinett gepasst hätte und Alex hatte alles andere als Lust, sich mit dieser konservierten Person zu beschäftigen. Sie hingegen, von Alex Erscheinung offensichtlich höchst erfreut, kam mit einem aufdringlichen Grinsen auf ihn zu.
    Alex schluckte seine Abneigung herunter und versuchte freundlich zu sein: „Man hat mir hier eine Nachricht hinterlassen. Mein Name ist Glenn. Glenn Morgan. Könnten Sie bitte mal nachsehen?“
    „Tut mir leid, aber ich habe keine Nachricht für Sie erhalten“, antwortete sie ohne auch nur irgendwo nachgesehen zu haben.
    „Das kann nicht sein. Sind Sie sicher. Ich...“
    „Ja, da bin ich mir ganz sicher“, antwortete die Frau und schnitt ihm das Wort mitten im Satz ab.
    Alex überlegte. Das konnte eigentlich nicht sein. Hatte er den Namen des Hotels nicht richtig verstanden? Hatte man die Nachricht unter einem anderen Namen hinterlegt?
    „Kann ich mal telefonieren?“, fragte Alex.
    „Ja, den Gang entlang, um die Ecke.“
    Alex fand die Telefonzelle und warf ein paar Münzen in den Apparat, die aber allesamt durch diese Blechkiste rauschten und unten scheppernd in einem breiten Fach wieder herausfielen. Da war es wieder, dieses Europa. Mit Schillingen konnte man in Prag nicht telefonieren. Kein Wunder, wenn McDonalds ein Vermögen alleine mit den gesammelten Münzen der Touristen machte, schoss es ihm durch den Kopf. Genervt trabte er zur Rezeption zurück. Gerade als er die österreichischen Schillinge in Kronen umwechselte, betrat Anna die Hotelhalle und gesellte sich zu dem "Pack". „Pete, Gott sei Dank, dass ich dich erreiche. Ich bin in Prag, in dem Scheißhotel „Koruna“ oder so! Aber hier ist keine Nachricht. Weißt du eigentlich...“
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    „Ich hab' dir doch gesagt, du sollst mich nicht anrufen. Nimm dir ein Zimmer, die Nachricht wird schon kommen“, hatte Pete geantwortet und aufgelegt.
    Entmutigt kam Alex an die Rezeption zurück um ein Doppelzimmer zu buchen, als ihm die Rezeptzionistin zu seiner Überraschung mitteilte, dass unter seinem Namen bereits eine Reservierung getätigt wurde.
    „Aber ich habe Sie doch vor wenigen Minuten gefragt, ob eine Nachricht für mich hinterlassen wurde und Sie haben mir gesagt...“
    „Eine Nachricht habe ich auch nicht für Sie, nur eine Zimmerreservierung...“ „Das habe ich nicht verdient! Habe ich es ununterbrochen nur mit Volltrotteln zu tun?“, dachte sich Alex und schnaufte sich seinen Ärger aus dem Leib. Das Zimmer erinnerte ihn an das Hotel in Turin: Wieder einmal entsetzlich ungemütlich und ohne jeden Komfort. Alex regte sich nicht mehr auf. Bald würde alles ein Ende haben und er würde diese Alptraumwoche gedanklich aus seinem Leben streichen. Na ja! Außer diesen letzten Nachmittag! Diesen Tag würde er für immer in Erinnerung behalten.. Wie war es eigentlich dazu gekommen? Geil gemacht hatte sie ihn, diese Lisa. Vielleicht

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