Eva und die 40 Maenner - Roman
wandte den Blick ab. Was war denn mit ihr los? Hatte sie den gestrigen Tag schon vergessen? Die Begegnung auf dem Schulhof hatte sie zuerst angenehm berührt, aber dann die Enthüllung, dass er vermutlich Charlottes Liebhaber war, und nun Kirstens verliebte Blicke, mit denen sieihn verfolgte … Er war offenbar ein heimlicher Don Juan, und sie wollte lieber nichts mit ihm zu tun haben. Dafür nahm er allerdings eindeutig zu viel Raum in ihren Gedanken ein, das musste sich ändern.
In diesem Augenblick nahm Frau Helmholtz ihr Glas, hob es zu einem vagen Toast in die Runde und sagte: »So viel zum Basar. Prösterchen. Kommen wir zum Projekttag …«
Eva lehnte sich unauffällig zurück und atmete einmal durch. Jetzt war sie aus der Schusslinie. Für den Projekttag waren Nils, Kirsten und zwei der Erzieherinnen zuständig. Die breiteten gerade am Flipchart ihre Tabellen aus. Die anderen am Tisch hörten mehr oder weniger aufmerksam zu; Lutz Dassler lehnte, wie Eva jetzt auffiel, ganz entspannt in seinem Stuhl, tat so, als ob er zuhörte, und tippte unauffällig auf seinem Handy herum, das er im Schoß hielt. Ein sehr versonnenes Lächeln umspielte dabei seine Mundwinkel.
Als er zufällig aufsah, begegnete er ihrem Blick. Er lächelte kokett. Eva unterdrückte einen Seufzer.
Andererseits, sagte sie sich, brauchte sie nicht über andere schlecht zu denken, solange sie selbst solche Schoten wie gestern lieferte. Wie abgrundtief peinlich musste ihr Auftritt mit Markus gewesen sein! Fast war sie dankbar, dass sie sich nicht richtig erinnerte.
Ihr Blick fiel auf Nils, der gerade mit dem Stift auf sein Papier klopfte, um irgendeinen Sachverhalt zu unterstreichen. Wenn sie sich vorstellte, er wäre das gewesen, den sie da reichlich angeschickert und die Zeche prellend auf der Straße getroffen hätte! Wie peinlich. Eva betrachtete heimlich seine breiten Schultern unter dem dunkelblauen Hemd. Aber was, wenn er doch nicht Charlottes Liebhaber war? Er machte eigentlich einen offenen, geradlinigen Eindruck. Diese Geschichte passte im Grunde eher zu Jochen, dem Kollegen, der heute wieder seinen Dienst angetreten hatte.
»… trinken ja gar nichts. Nicht so schüchtern!«
Eva fuhr zusammen. Frau Helmholtz hatte sie sanft angestupst und deutete auf ihr Glas. Eva hatte es tatsächlich nicht angerührt, sie hatte noch genug von gestern.
»Ist ja schon nach sieben. Da müssen wir es nicht mehr so ganz genau nehmen.« Frau Helmholtz’ helle Augen hinter der Lesebrille glitzerten fast ein bisschen schelmisch.
Eva lächelte und tat so, als nähme sie einen Schluck.
Nils war mittlerweile in einer kleinteiligen Diskussion über den genauen Ablauf des Projekttages verstrickt. Kirsten war über irgendetwas anderer Meinung und stritt mit ihm, sah aber dabei aus, als wäre sie ihm am liebsten um den Hals gefallen. In ihren Augen leuchtete es wie am Kudamm zur Weihnachtszeit.
Eva seufzte leise und senkte den Blick auf ihre eigenen Unterlagen. Da hatte sie reichlich zu tun ab morgen, und alles noch zusätzlich zur eigentlichen Arbeit.
»… bis zum nächsten Mal. Danke, Kollegen.«
Eva sah auf; hatte sie so lange geträumt? Die Kollegen räumten bereits ihre Unterlagen zusammen, Nils und Kirsten trugen den Flipchart zur Seite. Lutz war der Erste, der zur Tür hinaus war.
Auch Eva packte ihre Sachen ein. Die Direktorin verwickelte sie danach noch in ein kurzes Gespräch, und als Eva aufstand, waren die meisten Kollegen schon verschwunden. Kein Wunder, es war ja auch fast 20 Uhr.
Draußen auf dem dunklen Schulhof erklangen die letzten Abschiedsgrüße und Eva rief ebenfalls ein »Tschüß« in die Runde, während sie ihr Fahrradschloss öffnete. Unweit des Ausgangs erkannte sie Kirsten, die sich von jemandem verabschiedete – Nils. Sie schienen sich zu küssen.
Als sie ein paar Sekunden später ihr Rad auf die Straße schob, stand Kirsten noch da, jetzt alleine.
»Na, gestresst? Ist ja auch blöd, diese abendlichen Sitzungen. Aber ich mache sie in letzter Zeit ganz gerne.«
Kein Wunder , dachte Eva, auf die Art kannst du ihn ja auch stundenlang anhimmeln . Doch dann schämte sie sich ein bisschen. Sie war doch nicht etwa neidisch auf dieses Glück, das Kirsten aus den Augen leuchtete?
»Ich begleite dich zur U-Bahn, ich schiebe das Rad«, bot sie spontan an.
Kirsten fand das okay. Sie plauderten über den Abend und generell die Arbeit an der Schule. Als eine kurze Pause eintrat, entfuhr Eva eine Frage, die sie selbst
Weitere Kostenlose Bücher