Eva und die Apfelfrauen
einen Dörrapparat zu bauen, den sie über den Ofen schieben und so Apfelscheiben trocknen konnte. Er trank bereitwillig Tee ihrer selbst kreierten Kräutermischungen, aber war ehrlich, wenn ihm etwas nicht gefiel ( » Schmeckt, als ob Caruso dir geholfen hätte⦠« ). Wenn er Zeit hatte, unterstützte er sie sogar bei der Ernte, auch wenn Eva längst eingesehen hatte, dass sie die Menge nie würde bewältigen können. Es waren einfach zu viele Ãpfel, und sie hatte den Eindruck, dass es nicht weniger, sondern immer mehr wurden.
Abends kochten sie zusammen. Loh arbeitete sorgfältiger als Eva, dafür überlieà er ihr gern den kreativen Teil des Kochens. Ein GroÃteil dessen, was sie aÃen, stammte aus seinem Anbau oder dem, was die anderen Bauern anboten. Wenn es Fleisch gab, kam es von den Galloways, und es war köstlich.
Wenn sie abends bei Loh waren, lagen sie auf seiner Couch, hörten Musik und schauten der Sonne dabei zu, wie sie über dem abgeblühten Sonnenblumenfeld unterging. Manchmal döste Loh dabei weg, während Eva nochlas oder für Titus Frenz textete. Das Leben eines Landwirts war anstrengend, und der Tag fing frühmorgens an.
Sie schliefen abwechselnd bei ihm oder in Annas Haus. Caruso hatte das am Anfang etwas befremdlich gefunden. Aber seit er zwei dicke Mäuse in Evas Küche erlegt hatte, wartete er immer schon an der Terrassentür und maunzte abends, um hineingelassen zu werden. Selbst wenn sie bei Loh waren, tat Caruso dasâ woraus Eva schloss, dass der Kater nicht bis zwei zählen konnte.
Noch eine Woche, zwei Tage und einundzwanzig Stundenâ dann brach der Oktober an, und Eva würde wieder bei Frenz in Berlin aufkreuzen müssen.
Sie saÃen in Annas Küche und schälten Ãpfel. Eva wollte noch ein paar Gläser Apfelchutney für ihren Wintervorrat haben. Irgendwas, das sie an einem grauen Dezemberabend öffnen konnte, um an den Apfelgarten in Wannsee zu denken.
» Warum bist du nicht verheiratet? « , fragte Loh.
Er zerteilte gerade mit äuÃerster Präzision einen Apfel in Sechzehntel, was Evas Meinung nach keinen Einfluss auf den Geschmack des Chutneys hatte.
» Ich habe keinen Mann gefunden, den ich heiraten wollte « , antwortete sie.
» Und warum hast du keinen Freund? « Jetzt sah er auf.
» Habe ich doch. «
» Ich meine, warum hast du keinen Freund in Berlin? Bist du schon lange Single? « , verbesserte er sich.
Sie lächelte. Natürlich hatte sie gewusst, was er meinte. » Meine letzte Beziehung ist vor einem knappen Jahr auseinandergegangen. Mit Martin war ich immerhin neunJahre zusammen. Aber je länger es dauerte, desto deutlicher wurde, dass wir nicht zusammenpassten. Er hat für eine Bank gearbeitet. Und Erfolg hat er mit Geldgemessen, mit Luxus. Ich brauche auch Geld zum Leben, aber ich kann daraus nicht all meine Bestätigung ziehen. «
» Ja, das Luxusweibchen sehe ich in dir auch nicht « , sagte Loh und legte die sechzehn Apfelschnitze sorgfältig in die Schüssel mit Wasser. » Aber Berlin ist so groÃ. Da muss doch irgendwer dabei sein, der dir gefällt. « Er stützte das Kinn in die Hand.
Eva lieà das Messer sinken. » Loh, ich hatte noch nie einen Freund, mit dem ich mich über Gallwespen unterhalten konnte, geschweige denn über Hornissen oder Schirmpilze. Reicht dir das als Erklärung? «
Er nickte. Eine Weile arbeiteten sie schweigend weiter. In der Schüssel häuften sich die Apfelschnitze. Hoffentlich haben wir genug Ingwer und Chili für das Chutney, dachte Eva, aber Loh riss sie aus ihren Gedanken.
» WeiÃt du, was ich mir wünsche? « Er sah sie eindringlich an. » Eine gute Texterin. «
» Wozu das denn? « , fragte Eva erstaunt.
» Zum Ausfüllen der EU -Subventionsanträge. Schon allein die Anträge auf die Umstellung von intensiver auf extensive Weidewirtschaft⦠Also echt, dabei ist einiges an Fantasie vonnöten. Ich dachte, das könntest du übernehmen. «
Eva fragte sich, ob er das gemeint hatte, von dem sie annahm, dass er es gemeint hatte. Vielleicht hatte sie ihn auch missverstanden, und er hatte ihr einen Job als Büroleiterin auf dem Lohmüller-Hof angeboten. Dass » Loh « sich nicht auf » romantischen Antrag « reimte, glaubte sie aufs Wort. Für so etwas war er zu⦠realistisch. Er steckte mit den Gummistiefeln
Weitere Kostenlose Bücher