Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
Vom Netzwerk:
beiden Knien seiner Jeans.
    »Kennen Sie Egil Einarsson?« fragte Sejer und wartete auf die Reaktion des Mannes. Sie saßen einander gegenüber am Küchentisch. Mikkelsen schob einen Stapel Lottozettel, Salz-und Pfefferstreuer und die neueste Nummer einer Herrenzeitschrift beiseite.
    »Einarsson? Das klingt bekannt, aber ich weiß nicht, wieso. Einarsson. Klingt wie ein isländischer Name.«
    Mikkelsen hatte wohl kaum etwas zu verbergen. So gesehen war es natürlich Zeitverschwendung, daß Sejer hier mitten am Tag vor einer karierten Wachstuchdecke saß und die Nase in eine blinde Spur steckte.
    »Er ist tot. Er ist vor zwei Wochen aus dem Fluß gefischt worden.«
    »Aaaah ja!«
    Mikkelsen rieb seinen dünnen goldenen Ohrring und nickte heftig.
    »Das habe ich natürlich in der Zeitung gelesen. Erstochen. Ja, dann weiß ich Bescheid, Einarsson, ja. Wir haben hier bald amerikanische Zustände, und das liegt am vielen Rauschgift, wenn Sie mich fragen.«
    Das tat Sejer nicht. Er schwieg und wartete, beobachtete neugierig das junge Gesicht mit dem schnurgeraden Haaransatz, dem zu verdanken war, daß dem Mann der Pferdeschwanz ausgezeichnet stand. Das ist nur bei wenigen der Fall, dachte Sejer, die meisten sehen damit unmöglich aus.
    »Ja, aber ich habe ihn nicht gekannt.«
    »Sie wissen also nicht, was er für ein Auto hatte?«
    »Auto? Nein, Himmel, woher sollte ich das wissen?«
    »Er hatte einen Opel Manta. Achtundachtziger Modell. Fast ungewöhnlich gut in Schuß. Und den hat er von Ihnen gekauft, vor zwei Jahren.«
    »O verdammt! Der ist das also!«
    Mikkelsen nickte. »Ja, natürlich, deshalb kam der Name mir bekannt vor. O verflixt.«
    Er streckte die Hand nach einer Packung Nikotinkaugummi aus, stellte sie hochkant, tippte sie an und drehte sie wieder um.
    »Woher um alles in der Welt wissen Sie das denn?«
    »Sie haben doch einen Kaufvertrag gemacht, wie das nun mal üblich ist. Hatten Sie eine Anzeige aufgegeben?«
    »Nein, ich hatte ein Plakat ins Fenster gehängt. Um das Geld zu sparen. Er rief schon nach zwei Tagen an. Er war übrigens ein komischer Vogel. Er hatte seit einer Ewigkeit gespart und hat gleich bar bezahlt.«
    »Warum wollten Sie verkaufen?«
    »Ich wollte nicht. Ich wurde arbeitslos, und deshalb konnte ich mir kein Auto mehr leisten.«
    »Sie haben jetzt also keins?«
    »Doch, das schon. Ich habe einen Escort, den habe ich bei einer Versteigerung gekauft, einen alten. Aber meistens steht der herum, ich habe kein Geld für Benzin, solange ich von der Sozialhilfe lebe.«
    »Ja, das ist wohl richtig.«
    Sejer erhob sich.
    »Nein, das ist überhaupt nicht richtig, wenn Sie mich fragen.«
    Beide grinsten kurz.
    »Bringen die was?« fragte Sejer und zeigte auf die Kaugummipackung. Der andere dachte kurz nach. »Doch, ja, im Grunde schon, aber sie machen süchtig. Und teuer sind sie auch. Und sie schmecken ganz scheußlich, ungefähr so, als ob man auf einer Kippe herumkaut.«
    Sejer ging, strich Mikkelsens Namen oben von der Liste und fügte ihn unten wieder an. Überquerte die Straße und spürte, wie die Sonne ihn durch die Lederjacke hindurch warm werden ließ. Es war die beste Zeit des Jahres, der Sommer lag noch vor ihm, ein Traum von einem Ferienhaus auf Sandøya, von Sonne und Meer und Salzwasser, der Essenz aller früheren Sommer, aller gelungenen Ferien. Ab und zu war er ein bißchen besorgt, aus purer bitterer Erfahrung von verregneten, windigen Sommern, von denen es auch etliche gegeben hatte. Aber in den sonnigen Sommern fand er Frieden, dann war er nicht so nervös.
    Jetzt lief er die flache Treppe hoch, stieß die Tür auf und nickte Frau Brenningen in der Rezeption kurz zu. Frau Brenningen war im Grunde eine hübsche Frau, blond und freundlich. Nicht, daß er den Frauen hinterherlief, vielleicht hätte er das tun sollen, aber das hatte noch Zeit. Bis auf weiteres begnügte er sich damit, sie anzusehen.
    »Ist das spannend?« fragte er und nickte in Richtung auf das Buch, in dem sie zwischendurch las.
    »Gar nicht schlecht«, sie lächelte. »Intrigen, Macht und Begierde.«
    »Klingt wie unsere eigene Branche.«
    Er entschied sich für die Treppe, schloß die Tür hinter sich und ließ sich in den Sessel von Kinnarps fallen, den er selber bezahlt hatte. Dann erhob er sich wieder, nahm Maja Durbans Ordner aus dem Aktenschrank, setzte sich und fing an zu lesen. Betrachtete eine Weile ihre Fotos, zuerst das eine, auf dem sie noch lebte, eine hübsche, etwas mollige Frau mit rundem Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher