Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
Vater abgerungen hatte. Nachdem ich zugestimmt hatte, vor den jüngeren Schülerinnen dort eine patriotische Rede zu halten, hatte ich an unsere Schule zurückkehren dürfen, um sie zu sehen.
Pip und ich hatten gleich hinter dem fensterlosen Ziegelbau gesessen, wo Pip so lange mit den Fingern gegen den steinernen Tisch getrommelt hatte, bis sie feuerrot waren. Sie war so wütend auf mich gewesen. Es war mehr als zwei Monate her, dass ich Arden den Schlüssel zum Seitenausgang der Schule zugeschoben hatte. Aber ich hatte nichts von einem Fluchtversuch gehört.
Ich fragte mich, ob Arden ihn immer noch zwischen ihren wenigen Habseligkeiten verborgen aufbewahrte oder ob jemand ihn gefunden hatte.
Als wir uns dem Krankenhaus näherten, wurde das Tuckern der Motoren um uns herum lauter. Eine Reihe von Jeeps schmiegte sich an die Wand des steinernen Gebäudes. Ihre Scheinwerfer boten eine willkommene Abwechslung zur Dunkelheit der restlichen Stadt. Ein Stück voraus standen drei Soldatinnen vor Glastüren, die zur Hälfte mit Sperrholz verbarrikadiert waren. Das Krankenhaus war seit der Zeit vor der Epidemie nicht mehr benutzt worden. Selbst jetzt noch waren die Büsche in der Umgebung verdorrt und kahl und der Sand türmte sich an den Wänden auf. Zwei der Soldatinnen diskutierten mit einer älteren Frau in einer leuchtend weißen Bluse und schwarzen Hosen – die Uniform, die die Angestellten im Stadtzentrum trugen.
»Wir können Ihnen nicht helfen«, sagte eine Soldatin, auf deren Wange ein rotes ovales Muttermal prangte. Eine andere Soldatin, eine Frau Mitte dreißig mit dünnen Augenbrauen und einer kleinen, schnabelähnlichen Nase, befahl der Person am anderen Ende der Funkverbindung zurückzubleiben.
Die Frau vom Stadtzentrum stand mit dem Rücken zu uns, aber ich erkannte den schmalen goldenen Ring, den sie am Finger trug, mit einem einfachen grünen Stein in der Mitte. Dies waren dieselben Hände, die meine eigenen gehalten hatten, als ich zum ersten Mal im Palast ankam, dieselben Hände, die mit dem Waschlappen behutsam mein schmutzverkrustetes Gesicht abgerieben und vorsichtig die Knoten aus meinem feuchten Haar gelöst hatten. »Beatrice«, rief ich. »Wie bist du hierhergekommen?«
Sie drehte sich zu mir um. Obwohl seit unserer letzten Begegnung lediglich zwei Monate vergangen waren, sah sie älter aus. Tiefe Falten umrahmten ihren Mund wie Klammern einen Satz. Die Haut unter ihren Augen war dünn und grau. »Es ist so schön, dich zu sehen, Eve«, sagte sie und kam auf mich zu.
»Prinzessin Genevieve«, korrigierte Charles und streckte die Hand aus, um sie aufzuhalten.
Ich ignorierte seine Reaktion und schob mich an ihm vorbei. Nachdem am Morgen der Hochzeit mein Verschwinden bemerkt worden war, hatte Beatrice meinem Vater gestanden, dass sie mir bei der Flucht aus dem Palast geholfen hatte. Der König hatte sie und ihre Tochter bedroht, die seit frühester Kindheit in einer der Schulen war. Aus Angst um das Leben ihrer Tochter hatte Beatrice ihm verraten, wo ich mich mit Caleb treffen wollte, und damit den Standort des ersten der drei Tunnel preisgegeben, die die Rebellen unter der Mauer hindurchgegraben hatten. Sie war der Grund, weswegen sie uns an jenem Morgen gefunden hatten, der Grund, weswegen sie uns gefangen und Caleb getötet hatten. Seitdem hatte ich sie nicht mehr gesehen.
»Es gab ein Gerücht im Zentrum«, flüsterte Beatrice. »Ich habe einige Transporter vorbeifahren sehen und bin ihnen gefolgt. Das sind die Mädchen aus den Schulen, nicht wahr?« Mit zitternder Hand deutete sie auf das Gebäude hinter sich, auf die Fenster, die mit Sperrholz bedeckt waren. »Ich habe recht, oder?«
Die Soldatin mit dem Muttermal trat vor. »Sie müssen gehen oder ich werde Sie wegen Übertretens der Sperrstunde verhaften müssen.«
»Du hast recht«, unterbrach ich sie. Beatrice war schlussendlich von allen Vorwürfen der Kollaboration mit den Dissidenten freigesprochen worden, nachdem ich mich bei meinem Vater für sie eingesetzt und ihm versichert hatte, dass sie nichts von Caleb gewusst hatte, außer dass wir geplant hatten, zusammen die Stadt zu verlassen. Sie hatten sie ins Adoptionszentrum versetzt, wo sie sich nun um einige der jüngeren Kinder der Geburteninitiative kümmerte. »Aus dem Grund sind wir auch gekommen.« Ich wandte mich an die Soldatin. »Ich wollte meine Freundinnen aus der Schule sehen.«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Das können wir nicht genehmigen«, sagte sie kurz
Weitere Kostenlose Bücher