Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
fehlte ein gelber Knopf. Die anderen Mädchen versuchten, sie ihr aus der Hand zu reißen, aber sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt den Arm weit über ihre Köpfe gestreckt.
»Sie sind viel besser gelaunt«, flüsterte Beatrice mir zu. Sie legte ein paar der T-Shirts zusammen, die wir gefunden hatten, und stopfte sie in eine Reisetasche. »Allerdings glaube ich nicht, dass ich das Geschrei noch lange aushalte.«
»Warum lasst ihr es für heute nicht gut sein?«, schlug ich vor und warf einen Blick nach draußen. Der Himmel leuchtete bereits rosarot, während die Sonne hinter den Bergen unterging. »Euch bleiben noch ungefähr fünfzehn Minuten Licht. Ihr solltet eure Betten fertig machen.«
Sarah schlenderte den Flur entlang, einige Mädchen im Schlepptau, um die Decken aus dem Zimmer zu holen, in dem Helene schlief. Wir waren seit vier Tagen in dem Motel in Stovepipe Wells, wo wir uns im hinteren Teil des Gebäudes, das ein wenig abseits der Straße stand, aufhielten. Die Mädchen hatten sich ein Spiel ausgedacht, das daraus bestand, ein abgegriffenes Plüschtier, das sie irgendwo gefunden hatten, zu entführen und zu verstecken. Die Erste, die es mit dem Tier in der Hand durch die Eingangstür schaffte, hatte gewonnen. Was genau der Preis war, blieb unklar.
Clara stand hinter dem Empfangstresen und reihte Glasflaschen auf. »Insgesamt zehn«, sagte sie. »Sollten wir welche hierlassen, falls noch mehr Leute hier durchkommen?«
Ich ging zu ihr und linste in die Schränke unter dem Tresen. Wir hatten die Vorräte gefunden, die die Rebellen zurückgelassen hatten. Es gab Wasserflaschen, Trockenobst und Nüsse und einige saubere Handtücher und Verbände. Es konnte höchstens drei oder vier Wochen her sein, dass sie auf ihrem Weg in die Stadt hier haltgemacht hatten. Es gab immer noch ein paar Hinweise auf ihre Anwesenheit. Frische Fußspuren durchzogen den Boden auf dem Weg zu den hinteren Häusern. Jemand hatte einen Kamm an einem alten Spiegel in der Lobby zurückgelassen. Das Plastik war noch staubfrei. Verheddert in einem der Handtücher hatte ich ein goldenes Medaillon entdeckt, in dem ein winziger, gefalteter roter Papierschnipsel steckte, auf den jemand Trage meine Liebe mit dir geschrieben hatte. Ich trug es bei mir; die Kette rasselte in meiner Tasche. Ich konnte nicht aufhören, mich zu fragen, wem es wohl gehörte und wo dieser Jemand jetzt sein mochte, ob er oder sie in der Stadt ums Leben gekommen war.
»Zwei Flaschen und etwas von dem Trockenobst«, sagte ich. »Jetzt, da die Belagerung vorbei ist, bezweifle ich, dass noch irgendjemand diesen Posten nutzen wird. Aber wir sollten für alle Fälle trotzdem etwas übrig lassen.«
Sarah kam mit ein paar Mädchen zurück in die Lobby. Sie trugen staubige Decken, die sie über die alten Sofas mit den durchgesessenen Kissen warfen. Lena, ein stilles Mädchen mit zerkratzter schwarzer Brille, legte sich auf ein Sofa und zog die Decke über ihre Beine. Sie griff nach der Plastikbox mit den zerknitterten Broschüren, auf denen Wandern im Death Valley und Willkommen in Stovepipe Wells stand. Sie las sie jedes Mal, bevor sie sich schlafen legte.
Bette zog Helene im Schlitten hinter sich her, wobei sie etwas zu schnell durch den schmalen Flur lief. »Vorsicht«, rief ich. »Pass auf ihr Bein auf.«
Bette funkelte mich wütend an. »Ich passe ja auf«, murmelte sie. Sie half Helene auf und lagerte ihr verletztes Bein auf dem Stapel flach gedrückter Kissen am Ende des Sofas. Die Schwellung war zurückgegangen, aber die Haut leuchtete immer noch grellrot. Die Blutergüsse ließen alles noch viel schlimmer aussehen. Lila Striemen überzogen eine Schulter. Die eine Seite ihres Gesichts war geschwollen und die Schnittwunde auf ihrer Stirn immer noch blutig.
»Müssen wir morgen wirklich schon gehen?«, fragte Helene. Sie zuckte zusammen, als sie sich vorsichtig auf das Sofa sinken ließ.
Beatrice legte den Stapel Kleider ab und drückte ihre Hand auf Helenes Stirn. »Du wirst dankbar sein, wenn wir endlich in Califia sind. Dort habt ihr richtige Betten und könnt so lange ausruhen, wie ihr wollt.« Sie drehte sich zu mir um und nickte, wie sie es jedes Mal tat, wenn sie Helenes Zustand überprüft hatte. In den vergangenen Tagen hatte sie alle paar Stunden nach ihr gesehen, um sicherzugehen, dass sie kein Fieber bekam, dass das Bein nicht weiter anschwoll, dass es keinerlei Anzeichen für eine Infektion gab. Wir waren voller Hoffnung, dass sie das
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