Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
Schlimmste bereits überstanden hatte.
»Sie ist noch nicht bereit, um weiterzugehen«, entgegnete Bette. »Warum seht ihr das denn nicht?«
»Wir müssen«, antwortete ich. »Es hat keinen Zweck, deswegen zu streiten. Hier draußen sind wir immer noch viel zu ungeschützt. Falls jemand hier vorbeikommt, könnten wir auffliegen. Wir müssen weiterziehen.«
Bette schüttelte den Kopf. Während der Rest der Mädchen ihre Decken und Kissen auf dem Boden ausbreitete und es sich nebeneinander gemütlich machte, drehte sie sich um und lief in einen der Seitenkorridore.
Clara kam zu mir herüber und legte mir die Hand auf den Arm, während wir zusahen, wie sie verschwand. »Falls du dich dann besser fühlst, sie spricht auch nicht mit mir«, sagte sie. »Sie wird schon wieder, wenn wir erst mal in Califia sind. Dann sieht sie, dass du recht hattest.«
»Das hoffe ich«, antwortete ich. Ich entfernte mich einige Schritte von den anderen und bedeutete Clara, mir zu folgen. Dann zog ich die abgegriffene Karte aus meinem Gürtel und breitete sie aus, wobei ich auf die Strecke zeigte, die ich mit Bleistift markiert hatte. Clara besah sie sich im schwachen Licht der beinahe untergegangenen Sonne. »Wenn wir Richtung Norden gehen, haben wir den ganzen Weg über Wasser. Garantierten Nachschub etwa alle drei Tage. Owens Lake, der Stausee von Fish Springs, Mesa Lake, Lake Crowley … siehst du? Bis ganz zum Schluss.«
»Lake Tahoe?«, fragte Clara. »War da nicht auch die Höhle?« Sie fuhr mit dem Finger über die Weggabelung und weiter hinauf, über die Linie, die ich gezeichnet hatte, hinaus. Seit unserer Flucht hatte ich immer wieder an Silas und Benny gedacht. Moss hatte Nachrichten an das Höhlencamp geschickt, als ich in der Stadt angekommen war, um sie wissen zu lassen, dass ich am Leben war, dass Caleb und ich zusammen waren. Wir bekamen jedoch keine Antwort und es war unmöglich festzustellen, ob sie unsere Nachrichten überhaupt erhalten hatten. Sosehr ich auch wissen wollte, ob es ihnen gut ging, sosehr fürchtete sich ein Teil von mir davor, sich der Tatsache stellen zu müssen, dass es vielleicht nicht so war. Was, wenn wir die Höhle verlassen vorfanden? Was, wenn sie an der Belagerung teilgenommen hatten, wenn sie unter den Toten waren, die in jenen ersten Tagen die Straßen gesäumt hatten? Und wenn sie doch noch am Leben waren, wenn sie doch noch dort waren, war ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt an das alles zurückerinnert werden wollte – den Ort, die Zeit dort. Caleb. Leif. Ich hatte mit voller Absicht unsere Route so geplant, dass wir noch vor dem Höhlencamp der Jungs Richtung Westen abbogen.
Ich nickte. »Das würde unsere Reise aber um einige Tage verlängern. Ich dachte –«
»Ich meinte gar nicht, dass wir dorthin gehen sollten«, unterbrach mich Clara und drehte sich zu mir um. Sie sah mich entschuldigend an. »Das würde ich dir nicht zumuten. Ich würde es keinem von uns zumuten – nicht nach dem, was dir dort passiert ist.«
Einige der Mädchen sagten einander Gute Nacht und schliefen bereits ein, während Sarah und Kit sich aufmachten, noch weitere Decken aus einem der Schlafzimmer zu holen. Clara kniete sich neben die Reisetasche und wühlte darin herum, bis sie das Funkgerät gefunden hatte. »Ich dachte mir …«, sagte sie und hielt es hoch. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, ihr eine Nachricht zu schicken? Nur um ihr zu sagen, dass ich es heil aus der Stadt geschafft habe. Dass ich in Sicherheit bin – dass ich bei dir bin. Sie ist wahrscheinlich vollkommen aufgelöst, weil sie denkt, dass mich die Rebellen entführt und in den Außenbezirken umgebracht haben oder so.«
Ich drehte das Funkgerät in meinen Händen und fragte mich, wer im Palast wohl in der Lage wäre, die Nachricht zu entschlüsseln. Es war unwahrscheinlich, dass einer der Rebellen, die noch im Turm arbeiteten, es riskieren würde, Rose gegenüber seine Identität preiszugeben – nicht jetzt, und schon gar nicht, um ihr mitzuteilen, dass Clara, die aus Sicht der Rebellen auf der Seite meines Vaters stand, noch lebte. Ich hatte ohnehin schon darüber nachgedacht, nachdem mir aufgefallen war, wie sich Claras Stimmung im Laufe der vergangenen Woche verändert hatte. Sie kam immer wieder auf ihre Mutter oder die Stadt im Allgemeinen zu sprechen und wollte wissen, ob es irgendwelche Funkempfänger im Palast gab. »Natürlich können wir ihr eine Nachricht schicken«, antwortete ich. »Ich muss dich aber warnen –
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