Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
sie wird sie wahrscheinlich nie erhalten. Nun, da Moss tot ist, glaube ich nicht, dass irgendeiner der Rebellen sie entschlüsseln und übermitteln wird.«
Clara lehnte sich an die Wand und schlug die Hände vors Gesicht. »Wir gehen irgendwann zurück«, sagte sie, nicht direkt an mich gerichtet. »Irgendwann wird sie erfahren, dass es mir gut geht. Ich bin mir sicher, sie kann sich denken, was passiert ist.«
»Ganz sicher«, bekräftigte ich. »Sobald wir in Califia sind, stehen uns ganz andere Mittel zu Verfügung. Wenn wir einmal dort sind, können wir uns viel besser überlegen, wie wir weiter vorgehen sollen.«
Der letzte Sonnenstrahl des Tages fiel durch die Tür und verfing sich in Claras blaugrauen Augen, sodass sie für einen Moment aufleuchteten. »Ich hätte nicht einfach so gehen sollen«, sagte sie. »Es ist, als wollte ich sie für irgendwas bestrafen oder so.«
»Du hattest nicht viel Zeit, dich zu entscheiden«, beschwichtigte ich sie.
»Wir waren immer zu zweit.« Clara zupfte an einem Knoten in ihrem dicken goldenen Haar, bis er sich löste. »Seit der Epidemie, seit mein Vater und Evan gestorben sind. Ich habe mir so oft gewünscht, sie einfach loszuwerden.«
»Du darfst dir keine Vorwürfe machen, weil du gegangen bist. Was, wenn mein Vater rausgefunden hätte, dass du mir damals geholfen hast? Was wäre dann passiert?«
Wir schwiegen beide. Ich wollte ihr sagen, dass sie in die Stadt würde zurückkehren können, dass wir beide würden zurückkehren können, aber je mehr Tage vergingen, desto unwahrscheinlicher erschien es mir. Sogar in der kurzen Zeit, seit wir unser Lager hier aufgeschlagen hatten, hatte ich eine Veränderung an mir bemerkt. Mir war nicht länger übel. Beatrice sagte, das sei normal; nun, da ich den dritten Monat erreicht hatte, würde mir die Morgenübelkeit nicht mehr so zusetzen wie bisher. Mein Bauch fühlte sich geschwollen und voll an und meine Kleider saßen enger – auch wenn es bisher nur mir auffiel. Ich fragte mich, ob ich Califia überhaupt wieder verlassen oder ob ich auf ewig dort festsitzen würde. Wie lange würde es dauern, bis mein Vater mich wieder fand?
Sarah und Kit liefen mit zwei weiteren Stapeln Decken in den Armen an uns vorbei. Clara wischte sich über die Wangen und stand auf, um sich eine staubige Filzdecke von einem der Stapel zu schnappen. Ich kniete mich hin und wollte gerade das Funkgerät in die Tasche zurückstopfen, wo ich es versteckt hielt, als Kit in der Tür stehen blieb. Sie starrte mich an; ihr Gesicht war im Dämmerlicht gerade noch so zu erkennen. »Was habt ihr damit vor?«, fragte sie.
Clara drückte die Decke an ihre Brust. »Was meinst du?«, entgegnete sie. »Das ist ein Funkgerät, Kit. Du hast nie –«
»Ich weiß, was das ist.« Kit zerrte an ihrem langen Pferdeschwanz und wickelte ihn um ihre Finger. »Aber ich dachte, es gehört Bette.«
Ich ließ den Blick über die Lobby schweifen, über die Mädchen, die auf den Sofas und dem Boden lagen und schliefen. In der Dunkelheit, so weit von den Fenstern und der Straße entfernt, konnte ich sie kaum ausmachen. »Warum denkst du das?«
Kit zuckte mit den Schultern. »Sie hat gesagt, sie hätte es in der Tankstelle gefunden und dass es ihr gehört. Sie hat es letzte Nacht benutzt.«
Ich konnte Claras Blick auf mir spüren. Ich drängte mich an ihr vorbei in die Lobby. »Wo ist Bette?« Ich streckte die Hand aus und drückte Helenes Schulter. Sie fuhr aus dem Schlaf hoch. »Wusstest du von dem Funkgerät? Wusstest du, dass sie es benutzt hat?« Ich sah zu den Mädchen, die sich auf dem Boden zusammengerollt hatten, und versuchte, in der Dunkelheit ihre im Schatten liegenden Gesichter zu unterscheiden. Bette konnte ich nirgends sehen.
Helene schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wo sie ist«, sagte sie. Aber sie rang die Hände und ihr Gesicht war seltsam angespannt. »Ich weiß nicht …«
»Was hat sie damit gemacht?«, fragte ich. »Sag es mir.«
Helene strich sich die Zöpfe aus dem Gesicht. »Sie hat gesagt, sie wolle Hilfe holen. Sie hat es mir versprochen.«
Ich rannte durch den dunklen Flur, vorbei an den alten Motelzimmern. Einige Betten lagen auf der Seite. Ich sah staubige Koffer voller Kleider, verrottende Deckenpaneele, einen Haufen Spielzeug, der von den Leuten zurückgelassen worden war, die übereilt abgereist waren. Aus dem zerbrochenen Spiegel am Ende des Ganges blickte mir jemand entgegen. Ich erstarrte, dann erkannte ich mein eigenes
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