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Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Titel: Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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Steinchen herabfallen und hangabwärts rutschen hören. Hinter mir ertönte Bettes ersticktes Schluchzen. »Sie muss sie retten«, weinte sie. »Sie darf nicht sterben.«
    »Niemand wird sterben«, blaffte Beatrice. Es war das erste Mal, dass ich etwas wie Ärger in ihrer Stimme hörte. Selbst die Mädchen erschraken. Sie alle wurden still und gaben nur noch Leine, wenn ich es ihnen befahl.
    Clara sagte etwas, ein geflüstertes Selbstgespräch während ihres Abstiegs, das ich jedoch nicht verstehen konnte. Alle Zweifel, die ich in den letzten Tagen beiseitegeschoben hatte, brachen jetzt über mich herein. Wie hatte ich nur glauben können, ich könnte die Mädchen mitnehmen, ohne dass wir alle verhaftet wurden, ohne dass eine von uns verhungern würde? Selbst wenn wir Helene wieder hochziehen konnten, war ihr Bein wahrscheinlich gebrochen. Wie sollte sie mit der Gruppe mithalten? Wir würden für unseren Weg zur Küste mindestens zwei Wochen länger brauchen.
    Das Seil brannte in meiner Hand. Ich fühlte, wie Claras gesamtes Körpergewicht daran zerrte und riss. Ich gab etwas mehr Leine und einige Minuten später erschlaffte das Seil, als Clara den Vorsprung erreichte, auf dem Helene saß. »Ich hab sie«, schrie sie. Ihre Stimme klang leise und weit entfernt. »Es geht ihr gut. Ich bringe sie jetzt rauf.«
    ***
    Ich legte meine Hand auf Helenes Stirn, gleich über ihrer Augenbraue. »Das brennt jetzt ein bisschen«, sagte ich. Ihre winzigen schwarzen Zöpfe waren mit getrocknetem Blut verkrustet. Eine Wunde von gut sieben Zentimeter Länge klaffte in ihrer Stirn. Ich atmete durch den Mund und versuchte, das flaue, kitzelige Gefühl in meinem Magen zu unterdrücken, während ich den Wodka über die Schnittwunde träufelte. Sie zuckte zusammen und spannte alle Muskeln an. Ich hielt eines der Handtücher an ihr Gesicht, um die restliche Flüssigkeit aufzufangen, wobei ich darauf achtete, den Stoff von ihrer Verletzung fernzuhalten. »Fertig«, sagte ich. »Das war’s. Versuch, etwas zu schlafen.«
    Helene sah mich nicht an. Sie hatte die Augen zusammengekniffen. In ihren Wimpern sammelten sich die Tränen. Die Blutergüsse an ihren Armen hatten sich verfärbt und unter ihren Fingernägeln bildete das getrocknete Blut schwarze Ränder. Ich ließ den Blick hinunter zu ihrem Bein wandern. Beatrice hatte aus zwei Stöcken, die wir aufgetrieben hatten, eine Schiene gebaut und mit einem Stück Seil befestigt. Ich hatte Helenes Hand gehalten, als Beatrice an ihrer Ferse gezogen hatte, um den gebrochenen Knochen zu richten. Jetzt war der ganze Bereich von ihrem Knie bis runter zum Knöchel geschwollen; die Haut war bis zum Äußersten gespannt und rot. Wir hatten ihr etwas Wodka gegen die Schmerzen eingeflößt, aber es war schwer zu sagen, wie schwerwiegend die Verletzung war. Es war zumindest kein offener Bruch – Grund zur Hoffnung, hatte Beatrice gesagt.
    Ich wandte mich ab, wobei ich einen Bogen um die Mädchen machen musste, die ihr Lager neben Helene aufgeschlagen hatten. Bette und Sarah waren eingeschlafen. Die Decken, die wir nicht für Helene gebraucht hatten, hatten die restlichen Mädchen unter sich aufgeteilt. Bette rutschte unruhig auf dem harten Boden herum, während sie versuchte, eine einigermaßen bequeme Schlafposition zu finden. Als vom Tal her der Wind auffrischte, wickelte ich mich enger in meinen Pullover ein, um mich gegen die Kälte zu wappnen, aber es nutzte nichts. Seit die Sonne untergegangen war, war die Temperatur um zehn Grad gesunken.
    Wir hatten eine Lagerstelle gefunden, gleich als die Straße abgeflacht war, und uns hinter einer Gruppe hoher Felsen niedergelassen. Bette und Sarah hatten Helene auf dem Schlitten hinter sich hergezogen. Obwohl wir ihr so viel Alkohol eingeflößt hatten, wie sie nur runterbrachte, schluchzte sie immer noch vor sich hin, wenn der Schmerz in Wellen über sie hereinbrach. Ich hatte fast eine Stunde lang bei ihr gesessen und dabei gelegentlich auf das Funkgerät gelauscht, um Neuigkeiten vom Pfad zu erfahren.
    Ich sah zu Beatrice und Clara hinüber, deren Umrisse auf der anderen Seite des verdorrten, welken Gestrüpps gerade eben noch auszumachen waren. Als ich auf sie zuging, schnappte ich einige Gesprächsfetzen auf, einzelne Sätze, die der Wind zu mir herüberblies. »Wenn es sich entzündet, haben wir keine Wahl«, sagte Clara. »Ich sehe keinen Weg, wie sie sonst überleben soll.« Beide standen Seite an Seite, vornübergebeugt, um sich vor der Kälte zu

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