Eve und der letzte Englaender
dass ich Dominic Howell, der famose Schlagzeuger der Über-Band Mega war, aber das schien mir irgendwie unangebracht. Auch wenn mein Ego mir dazu riet, ich war ja schließlich schon auch ein bisschen beleidigt, dass sie zwar meine Musik kannte, aber mich nicht.
„ Ich spiele Schlagzeug“, antwortete ich also ein klein wenig unverbindlicher.
„ Das erklärt so einiges!“, entgegnete sie, und damit war das Thema für sie vorerst abgehakt.
Ich atmete auf. Ich konnte es ihr nicht sagen, in mir war etwas, dass sich dagegen wehrte, dass das ganze hier nicht kaputtmachen wollte und ich unterdrückte Georges Worte, die sich schon wieder in meinem Kopf breit machten.
„ Du musst es ihr sagen, Dominic.“
„ Aber wieso sollte ich“, schrie ich gedanklich zurück.
„ Weil du sie magst.“
George musste auch wirklich immer das letzte Wort haben.
Wir tanzten, wir lachten und wir redeten in dieser Nacht. Und als Eves Kopf gegen vier Uhr morgens im Taxi auf meine Schulter sackte, hatte ich ihr immer noch nichts gesagt. Sie hingegen war für mich schon keine Fremde mehr, so viel wusste ich mittlerweile über sie. Es war nicht mal das, was sie mir von sich erzählte, sondern das, was ich an ihr bemerkte. Ihre kleinen Spleens und Eigenarten, ihre Art zu lachen und wie sich ihre Augen dabei aufhellten. Und wie sie sich immer eine Strähne aus dem Gesicht strich, wenn sie nachdachte, und ihre Mundwinkel schnell nach links und rechts zog, wenn sie mit etwas nicht einverstanden war. Ich beobachtete sie vorsichtig, jetzt wo ihre Gesichtszüge ganz entspannt so nah vor mir lagen.
„ Eve“, flüsterte ich. „Eve.“
Sie murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Auch als das Taxi vor dem Appartement hielt, war sie nicht wach zu bekommen. Kurz entschlossen legte ich ihre Arme um mich und trug sie mitsamt ihrer zentnerschweren Handtasche in mein Bett. Dort erwachte dann wieder das Leben in ihr und sie schaute mich verschlafen an.
„ Sind wir schon da?“
„Ja, aber schlaf' ruhig weiter, Süße.“
„ Nein nein, ich muss noch ins Bad.“
Sie stand umständlich auf und etwas fiel auf den Boden. Einer ihrer kleinen silbernen Sternenohrringe hatte sich verabschiedet, sie bückte sich danach und zog grinsend etwas unter dem Bett hervor.
„ Oh nein!“, rief ich.
Plötzlich war sie hellwach und zog sich ihren Fund über das Gesicht. Jetzt blickte mich nicht mehr die bezaubernde Eve an, sondern der Clown von Slipknot! Sie quiekte und schrie vor Lachen unter diesem hässlichen Ding, während ich versuchte, ihr die Maske vom Kopf zu reißen.
„ Gib das her!“, winselte ich hilflos, aber sie dachte gar nicht daran.
„ Ich wusste gar nicht, dass du auf NuMetal stehst. Bestimmt spielst du heimlich in einer Slipknot-Coverband, was?“
„ Duuuuuuu!“, war das einzige, was ich herausbrachte, bevor ich mich auf sie stürzte und sie an ihren Schwachstellen zu kitzeln begann.
„ Neeein, aufhören!“, winselte sie jetzt.
„ Niemals!“
Sie quiekte noch lauter und wand sich aus meinem Griff auf den Boden. Die Maske hatte sie zwischenzeitlich quer durchs Zimmer auf den Sessel geworfen, wo ich sie jetzt völlig außer Atem einsammelte. Ich drehte mich triumphierend um und erblickte Eve mit etwas in der Hand wedelnd.
„ Aha, Mega sind als überbewertet. Genau wie Slipknot, was?“, lachte sie und zeigte bis über beide Ohren grinsend auf unsere Live-DVD, die sie scheinbar unter dem Bett gefunden hatte. Mir blieben die Worte im Hals stecken und ich starrte sie nur hilflos an.
„ Zur Strafe musst du die DVD jetzt auch mit mir schauen.“
Bevor ich hätte reagieren können lief sie ins Wohnzimmer, steckte sie in den Player und drückte „play“.
Kapitel 6
Eve
Ich irrte durch die Straßen. Planlos, gedankenlos. „Entschuldigung, hast du Feuer?“, fragte mich ein Passant im Vorbeigehen. Ich sah ihn nur erschrocken an, blieb einen kurzen Moment stehen und rannte dann davon.
In meiner Tasche vibrierte etwas. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich begriff, dass das mein Handy war. Ich zog es heraus und schaute aufs Display. Rosa, was für ein Glück.
„ Süße, wo steckst du nur? Immer noch in London? Was zur Hölle machst du da?“
Ich hatte Rosa gestern eine kurze SMS geschickt, damit sie sich keine Sorgen machte, aber sie wusste natürlich nicht, dass ich noch länger geblieben war.
„ Rosa – ich weiß es nicht.“
Meine Stimme versagte.
„ Ist alles okay?“
„ Ja. Nein. Ich weiß
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