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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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fransig kurz schneiden darf, vergisst sie auch nie zu betonen, dass mich das jünger macht. Hm. Wenn derartige Statements nötig scheinen, dann ist man definitiv nicht mehr jung. Pfeif drauf, Mira. Und vergleiche dich nicht mit einer einundzwanzigjährigen Schönheit, die auch noch singen kann.
    Besonders glücklich sieht meine Schönheit ohnehin nicht aus. Nach einer kurzen Begrüßung – wir nicken einander zu, dann strecke ich ihr doch die Hand hin, ein Händedruck, der seltsam förmlich wirkt – meint Céline, dass sie ziemlich rasch zur Probe zurück müsse, ihre Kollegen nervten total. Die könnten zwar das klassische Liedgut, aber eine vernünftige Begleitung zu Weill brächten sie einfach nicht zustande. Und sie hätten ihr nahegelegt, etwas zu singen, bei dem ihre Stimme besser zur Geltung käme. Irgendwas von Strauß. Oder Mozartarien. „Das macht doch jedes Provinzgürkchen“, faucht Céline.
    Sie wird ihren Weg machen, ich bin mir sicher.
    „Also okay, holen wir die Speicherkarten.“
    Ich komme mir vor, als täte sie mir einen Gefallen. Was soll’s. Wir werden die Videos ansehen und dann den Tod ihrer Mutter in unserer Erinnerung vergraben. Ich gehe mit ihr zum Portier, es ist einer, den ich kenne.
    „Was ausgefressen?“, grinst er. Es ist ein altes Spiel zwischen uns.
    „Zum Glück haben sie die Todesstrafe abgeschafft“, antworte ich.
    Céline sieht uns entgeistert an. Diese Sorte von Humor ist eine Sache des Alters. Vielleicht ist es Galgenhumor.
    Ich erzähle dem Portier, warum wir hier sind, er nickt. Er habe die „persönlichen Gegenstände“ von Evelyn Maier da. Er bittet uns in sein verglastes Minibüro und legt einen Plastiksack mit der Werbeaufschrift einer großen Supermarktkette auf den kleinen Tisch. „Sehen Sie die Dinge bitte durch und unterschreiben Sie dann hier“, sagt er zu Céline und schiebt ihr ein Formular hin. Vierzehn Speicherkarten in einer kleinen Plastiktüte. Ein Paar Turnschuhe, ausgetreten, billig. Eine dünne Halskette aus Gold oder etwas, das aussieht wie Gold, daran zwei Anhänger: eine Gitarre und ein Herz. Reisepass, es ist noch einer von den alten grünen. Céline hat alles auf dem Tisch ausgebreitet, Stück für Stück. Ich sehe, dass ihre Augen feucht sind. Eine Träne fällt auf die Spitze des rechten Turnschuhs.
    „Die Kleidung …“, sagt der Portier, „wir nehmen an, Sie legen keinen Wert auf die Kleidung … sie ist …“
    Céline schüttelt den Kopf und deutet auf die Kette mit den zwei Anhängern. „Die hat sie getragen, seit ich denken kann. Sie hat sie nie verloren.“
    Auf der Bank vor dem Polizeigebäude versuchen wir die Speicherkarten auf unseren Mobiltelefonen abzuspielen. In das von Céline passen die Karten nicht, in meines passen sie zwar, aber das Telefon erkennt sie nicht, kann sie nicht öffnen. Was so ein Telefon heutzutage alles können soll. Trotzdem ärgere ich mich. Man wird ein Mobiltelefon besorgen müssen, das dem von Evelyn entspricht. Oder … Fran, Vesnas computertechnisch hochbegabter Sohn, hat doch so ein Programm gebastelt, mit dem fast alle mobilen Anwendungen auf dem Laptop lesbar werden. Ich rufe Vesna an, während Céline die Kette ihrer Mutter in der Hand hin und her schiebt.
    „Bin ich in Stress“, sagt Vesna. „Es ist wichtig?“
    Ich erzähle ihr, dass ich Fran oder zumindest einen Laptop brauche, auf den er das Programm gespielt hat. „Fran ist diese Woche auf Exkursion in Schweden. Schrecklich teuer. Habe gesagt, er muss es abarbeiten. Ich muss Truppe aufstellen, die große Fabrikhalle ganz sauber putzt, war Feuer dort und übermorgen soll zwanzigjähriges Firmenjubiläumsfest sein. Und Chef vermutet, das Feuer hat Mitarbeiter gelegt, der gekündigt ist. Aber sind dreißig gekündigt worden vorigen Monat. Ich soll nachsehen, was da war.“
    „Kann ich mir deinen oder Frans Laptop ausborgen?“
    „Wenn du Laptop von Fran nimmst, er frisst dich, weiß ich aus Erfahrung. Meinen habe ich mit. Wir können uns sehen am Abend. Nachtbewachung mache ich nicht selbst, nur vorher muss ich herumfragen, als Chef-Putzfrau sozusagen. Aber ehrlich: Ich weiß nicht, ob wir was finden.“
    „Wo?“
    „In Halle nicht und bei Célines Mutter nicht.“
    „Ich will mir wenigstens noch die Speicherkarten ansehen. Ich könnte was kochen. Geht es ab neun?“
    „Wunderbar. Bin da.“ Und schon hat sie aufgelegt, das ist so ihre Art.
    „Niemand glaubt, dass Mama ermordet worden ist“, sagt Céline.
    „Würde ich die

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