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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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gestört werden, deshalb ist er hier. Ich fürchte, er wird keine Zeit für Sie haben.“
    „Ich glaube doch, dass er für mich Zeit hat“, sage ich bestimmt. „Ich arbeite fürs ‚Magazin‘. Ich mache eine Serie über Menschen, die es geschafft haben, die Wirtschaftskrise positiv zu nützen. Bei unserem letzten Gespräch war es noch nicht klar, aber Ihr Mann und sein Institut sollen die Reportage der Woche werden.“ Ich sage es, als würde ich Osthof einen Siegerpokal überreichen. Um wie viel er älter ist als sie? Sicher fünfzehn Jahre. Wahrscheinlich mehr. Dann habe ich eine Idee. „Vielleicht können Sie mir ein wenig über sein Erfolgskonzept erzählen?“
    „Ich arbeite nicht an seinem Institut“, sagt die Frau unsicher. „Ich bin Lehrerin. Am Gymnasium. Leibesübungen und Geografie.“
    Ich nicke verständnisvoll. „Vielleicht könnten Sie Ihren Mann einfach fragen, ob er für mich Zeit hat?“
    Sie sieht mich zweifelnd an. Die Panik ist aus ihrem Blick verschwunden. Oder habe ich sie mir ohnehin nur eingebildet? „Ich probier’s“, sagt sie dann und verschwindet in einem großzügigen Vorraum. Ich drücke die Eingangstür vorsichtig weiter auf und spähe hinein. Sorgsam gepflegter Holzboden, wunderschöner Schafwollteppich in beigen und braunen Tönen. Ich lausche. Die Tür neben dem lebensgroßen Spiegel mit dem dicken Goldrahmen steht einen Spalt offen. Ich höre Getuschel, Gezische. Die Tür bewegt sich. Ich ziehe meinen Kopf eilig zurück.
    Frau Osthof kommt, sieht mich an und schüttelt bedauernd den Kopf.
    So leicht wird er mich nicht los. „Da ist noch etwas, eine alte Geschichte, sie hat mit seinem Bruder zu tun, aber …“, ich sage es bewusst so laut, dass Osthof in seinem Arbeitszimmer die Worte hören muss. Und schon rasche Schritte, und Osthof, der so Erfolgreiche, steht hinter seiner Frau in der Tür. Er sieht mich wenig freundlich an. „In Ordnung. Kommen Sie. Mehr als zehn Minuten hab ich aber nicht.“
    Wir sitzen in Christian Osthofs Arbeitszimmer. Der Wirtschaftsmeinungsforscher ist ein penibler Mensch. Nichts liegt herum, auch die Zeitschriften sind sorgfältig in Boxen gestapelt. Sogar die Kugelschreiber und Bleistifte auf seinem Schreibtisch sind schnurgerade nebeneinander aufgereiht. Das Zimmer ist groß und hell, die Möbel dürften aus einer besseren IKEA-Serie stammen. Jedenfalls sieht alles so aus, als könnte hier jederzeit für den neuen Katalog des schwedischen Möbelhauses fotografiert werden. „Wenn dein Beruf mehr für dich ist als Arbeit“, stünde dann wohl darunter. Oder: „Arbeitest du noch oder lebst du schon?“
    Osthof bietet mir einen Stuhl an, der mit hellem Leder bespannt ist. Er selbst setzt sich auf seinen Schreibtischsessel. Ich fange mit den Fragen zu meiner Reportage an. Will von ihm wissen, was er denn unter Erfolg verstehe, welche Erfolgstipps er für andere Menschen habe, ob er immer schon Wirtschaftsmeinungsforscher werden wollte und schließlich was er meine: Ob für Erfolg die Herkunft oder die persönlichen Fähigkeiten ausschlaggebender seien. Er antwortet, ähnlich wie damals im Universitätsbüro, eher automatisch und wenig interessiert. Allerdings betrachtet er mich heute mit deutlich mehr Aufmerksamkeit, beinahe lauernd. Jetzt nimmt er einen Bleistift in die Hand und klopft damit auf die Tischplatte. „Reden wir endlich Klartext. Ich weiß, warum Sie hier sind.“
    Ich lächle. „Ich arbeite an einer Serie über Krisengewinner. Ihnen ist unsere nächste Reportage gewidmet.“
    Osthof steht auf, stützt die Hände auf die Tischplatte, sieht mich an: „Ich kann Ihnen nur raten, an dieser alten Sache nicht zu rühren. Mein Vater ist nicht mehr in der besten gesundheitlichen Verfassung, er könnte …“
    Okay, wenn er Klartext will, kann er ihn haben. „Es geht ihm immerhin besser als Hubert. Oder als Evelyn.“
    „Das ist fünfundzwanzig Jahre her. Es wird keine Aufdeckergeschichte geben, das sage ich Ihnen. Mein Vater hat gute Verbindungen. Und ich werde ihn schützen.“
    „Evelyn Maiers Tod ist erst einige Wochen her“, widerspreche ich sanft.
    „Der hat uns nicht zu interessieren“, kommt es zurück. „Ich nehme an, Sie haben auch schon mit dem anderen von dieser Band, mit Hans Tobler, gesprochen. Ich kann Sie nur warnen. Der hat seine Methoden, um Menschen wie Sie zum Schweigen zu bringen.“
    „Was ist das? Eine Drohung?“
    „Hängt davon ab, wie Sie es verstehen. Man könnte es auch einen gut gemeinten Hinweis

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