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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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nennen.“
    Seltsam, dass ich mich vor Tobler gar nicht fürchte. Auf jeden Fall nicht mehr.
    „Hat Evelyn versucht, Sie und Ihren Vater zu erpressen?“, frage ich.
    „So ein Unsinn. Ich habe sie seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Und ich hätte mich natürlich auch nicht erpressen lassen. Soviel ich weiß, ging es ihr nicht besonders gut. Da hätte es nicht viel gebraucht, um sie zum Schweigen …“
    „Nein, viel hat es nicht gebraucht“, ergänze ich. „Nur einen festen Stoß, durch den sie gegen den Eisenofen gefallen ist.“
    „Drehen Sie mir nicht das Wort im Mund um. Wenn man die einmal streng angeschaut hätte, dann hätte sie nichts mehr gesagt. Wenn man ihr einen Hunderter gegeben hätte, dann wäre sie bis ans Lebensende ruhig gewesen.“
    „… das ja ziemlich schnell und überraschend gekommen ist.“
    „Überraschend? Sicher nicht. Die Frau war am Ende“, widerspricht Osthof junior.
    „Sie wissen aber erstaunlich gut über sie Bescheid, dafür dass sie Evelyn fünfundzwanzig Jahre nicht gesehen haben“, stelle ich fest.
    Osthof seufzt. „Also gut. Aber es war ganz anders, als Sie sich das zusammenfantasieren: Tobler hat Evelyn per Zufall in einem Supermarkt gesehen. Sie war ein Wrack. Er scheint vergessen zu haben, dass sie zum Tod meines Bruders so einiges beigetragen hat. Er hatte die Idee, ihr zu helfen. Aber sie hat sich geweigert, mit ihm zu reden. Also ist er zu mir gekommen und hat mich gebeten, mit der Frau Kontakt aufzunehmen.“
    „Und?“, sage ich gespannt. „Was hat sie gesagt?“
    „Ich bin natürlich nicht hingefahren. Ich habe eine Menge zu tun. Ich hatte auch damals kaum Kontakt zu ihr. Ich habe sie immer … für ein Flittchen gehalten. Sie hat sich ganz gezielt an meinen gutgläubigen Bruder herangemacht. Was für ein Aufstieg: Vom Unterschichtmädchen ohne Ausbildung zur Freundin des Ministersohnes. Und das sollte nur der erste Schritt sein. Sie wollte einheiraten. – Aber dieser neureiche Autohändler hat nicht locker gelassen. Er hat sogar damit gedroht, die alte Geschichte ans Licht zu bringen, wenn ich ihm nicht mit dieser Person helfe. Also habe ich meine Frau zu ihr geschickt. Sie passt dafür ohnehin besser. Sie hat eine Menge soziales Engagement. Gut, sie hat auch die Zeit dafür.“
    „Sie ist Lehrerin, oder?“, frage ich. Seine Art, alle Menschen rund um sich abzuwerten, geht mir auf die Nerven.
    „Sie hat eine halbe Lehrverpflichtung für Turnen und Geografie. Also bitte. Jedenfalls hat Claudia die Frau dann in ihrem Haus besucht und mit ihr geredet. Aber als sie ihr gesagt hat, dass sie mit mir verheiratet sei, hat die Person sie hinausgeworfen. Okay? Das war es. Ich hoffe, dass Ihnen jetzt klar ist, dass Sie die Sache vergessen können.“
    „Hat Ihre Frau von dem, was vor fünfundzwanzig Jahren geschehen ist …“
    „Sie weiß nichts von der traurigen Angelegenheit. Das ist ja viel länger her, als wir uns kennen, sie wäre damals auch erst … acht Jahre alt gewesen. – Wissen Sie, was? Damit Sie auch noch einen ‚recheck‘ haben, ich glaube, so sagt man in Ihrer Branche dazu, hole ich meine Frau. Die kann Ihnen alles bestätigen.“
    Er steht auf, eilt aus dem Raum. Warum hat uns Tobler nichts von seinem Gespräch mit Osthof erzählt? Weil er ihn, in alter Loyalität, nicht mit hineinziehen wollte? Irgendwann einmal hat ihm Vater Osthof hunderttausend Schilling gegeben. Fühlt er sich dadurch sein Leben lang verpflichtet? Wozu verpflichtet? Immerhin hat er uns einiges erzählt. Ich stehe auf, vielleicht könnte ich die Abwesenheit von Osthof nützen und … Da höre ich schon Schritte und lasse mich wieder in meinen lederbespannten Sessel sinken. Er gibt ein unfeines Geräusch von sich.
    „Claudia, sag einfach, ob das so stimmt“, fordert Professor Osthof seine Frau auf. Sie steht da wie eine Zeugin, die sehr schnell zur Angeklagten werden könnte. Ich hätte viel lieber mit ihr alleine gesprochen. Osthof wiederholt penibel und Claudia bestätigt es in vollem Umfang.
    „Nur noch etwas“, sagt sie, als eigentlich schon alles gesagt ist. Sie wirft ihrem Mann einen eigenartigen Blick zu. „Ich habe es ein zweites Mal bei Evelyn Maier probiert. Die Frau hat mir ziemlich leidgetan. Wenn man sich angeschaut hat, wie die gelebt hat …“
    „Davon hast du bisher nichts erzählt“, kommt es einigermaßen scharf von Osthof. Er hasst es, die Kontrolle zu verlieren, da bin ich mir sicher.
    „Sie hat mir auch nicht geöffnet“,

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