Everlasting
waren ein schlauer Bursche. Sind es noch immer – hoffentlich?»
Ich zuckte die Achseln.
«Noch immer so bescheiden?»
Wieder zuckte ich die Achseln.
Er faltete die Hände vor sich und sah mich erwartungsvoll an, wartete auf meine nächste Frage.
«Erinnern Sie sich noch, wie viele Tagebücher es insgesamt waren?»
«Acht.»
Dann war das Tagebuch, an dem ich arbeitete, also tatsächlichihr letztes. Wahrscheinlich der letzte noch vorhandene Beweis ihrer Existenz.
«Mit dem ersten hat sie an ihrem 13. Geburtstag begonnen», sagte der Archäologe. «Und mit dem letzten Anfang September 2011 aufgehört. – Gibt Ihnen dieser Einfaltspinsel Sriwanichpoom die Bücher nur eins nach dem anderen? Fragen Sie deshalb danach?»
«Nun ja –»
«Was für ein Pedant», unterbrach er mich. «Genial, aber überkorrekt. Bei manchen Projekten muss man auch mal ein Auge zudrücken. Macht er Ihnen das Leben schwer? Soll dieser Archäologe mal mit ihm reden?»
«Nein, nein, nicht nötig. Wir sind ohnehin fast fertig mit der Übersetzung. Dieser Historiker hat sich nur gefragt, ob danach noch mehr kommt.»
«Verstehe. – War das dann alles?», fragte er und stand auf. Er wollte wieder an die Arbeit.
«Noch eine letzte Frage, bitte. Sind Sie je dazu gekommen, die Tagebücher zu lesen?» Ich fragte das so ungezwungen wie möglich.
«Nein. Dieser Archäologe hat sie natürlich flüchtig durchgesehen, hier und da ein bisschen darin geblättert, schnell gemerkt, dass ein Spezialist für die Jahrtausendwende besser für die Übersetzung geeignet wäre, und sie daraufhin umgehend nach Greifswald geschickt.»
Ich glaubte ihm. Es gab keinen Grund, es nicht zu tun.
Er begleitete mich zu dem Weg, der zurück zur Hauptstraße führte. «Aber wieso haben die so lange gebraucht, einen passenden Übersetzer zu finden?», fragte er. «Wieso diese Verzögerung?»
«Verzögerung?»
«Wir haben die Tagebücher doch schon vor sechs Jahren gefunden.»
«Vor sechs Jahren?» Mein Magen machte einen Salto rückwärts. Wenn Dr. Beyer mich nicht gepackt und festgehalten hätte, wäre ich glatt in die Ausgrabungsstätte gekippt und auf der gut erhaltenen Karosserie eines Trabant-Automobiles gelandet, das sie gerade ausgegraben hatten.
«Ja», sagte der Professor. «Wir haben die Tagebücher im Sommer 2259 gefunden. Am 17. August. Wann, sagten Sie, haben Sie mit der Übersetzung angefangen?»
Vor sechs Jahren! Die Europäische Bibliothek hatte Elianas Tagebücher fünf Jahre lang in ihrem Besitz gehabt, bevor man mich mit dem Projekt betraute. Zu dem Zeitpunkt hatte ganz sicher schon jemand den Inhalt entschlüsselt und übersetzt. Wer? Und wer hatte die Übersetzung danach gelesen? Doc-Doc hundertprozentig. Professor Grossmann vielleicht. Möglicherweise sogar Rouge. Und warum hatten sie das vor mir geheim gehalten? Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir alles: Ich war schon immer Teil ihres Plans gewesen. Vielleicht hatte mich sogar die Europäische Bibliothek vor vier Jahren nur deshalb eingestellt. Aber wie lautete der Plan genau? Beschränkte er sich darauf, dass ich diesen sogenannten Liebesvirus mit zurückbringen sollte, oder steckte mehr dahinter? Diese Geschichte mit dem Virus kam mir so weit hergeholt vor.
Diese und andere Fragen gingen mir auf dem Rückweg nach Berlin im Swuttle durch den Kopf, als ein Plinkblink auf meinem B B-Raster erschien. Es waren Renko und Gao. Ich hatte die beiden völlig vergessen. Ich klinkte mich in die Kamera der Einzelkabine ein.
«Hallo, hallo, hallo!», riefen Renko und Gao.
Sie sahen überglücklich aus.
«Finnkins! Wir müssen dir was erzählen!», sagte Gao.
«Wir erwarten ein Kind!», brüllte Renko dazwischen. «Es wird ein Junge!»
Ich gratulierte ihnen, natürlich ohne mir anmerken zu lassen, dass ich es bereits wusste. Gao warf mir einen Kuss zu. «Bis dann, Finnkins. Gynäkologen warten nicht gern. Lass uns morgen feiern!»
«Gute Idee», sagte ich.
«Und weißt du was?», sagte Renko, als Gao gegangen war. «
Breaking news!
Wir sind verliebt!» Er zwinkerte mir zu. «Unglaublich, aber wahr. Um einen guten Freund zu zitieren.»
«Verliebt!» Das war wirklich eine erstaunliche Neuigkeit. Vielleicht war an diesem Virus ja doch etwas dran.
«Diesem Freund … Diesem Freund ist ständig durch den Kopf gegangen, was du über Liebe gesagt hast. Und je länger … je länger dieser Mann darüber nachgedacht hat, desto klarer wurde ihm, dass
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