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Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Titel: Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Avery Williams
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bleiben.
    Dann sehe ich Claudia an, beobachte, wie sie nervös den Markasit-Ring an ihrem Zeigefinger dreht, und rufe mir in Erinnerung, warum ich standhaft bleiben muss.
    Cyrus trinkt einen Schluck Wein und runzelt die Stirn. »Ist das der Pinot Noir?«, fragt er.
    Mein Herz beginnt zu rasen – ich weiß nicht, was mir mehr Angst einjagt: dass er das Schlafmittel herausschmecken könnte oder nicht.
    »Nein«, antworte ich so ruhig wie möglich, »der Cabernet.«
    Er nimmt einen weiteren Schluck. »Schmeckt gut«, sagt er und wirft mir ein strahlendes Lächeln zu.
    »Es ist so laut hier unten«, wende ich mich an Claudia. »Warum gehen wir nicht wohin, wo es ruhiger ist, um über das Shooting zu reden?« Cyrus führt das Glas erneut an die Lippen, und ich flehe ihn stumm an, es langsam angehen zu lassen. Ich muss ihn aus dem Club gelockt haben, bevor die Wirkung des Pulvers einsetzt.
    »Ja, das wäre toll«, stimmt mir Claudia zu.
    Ich führe sie in den hinteren Bereich des Clubs, wo ein schwerer grün-violetter Vorhang eine Treppe verbirgt.
    »Hier oben gibt es eine private Lounge.« Ich sehe mich um.
    Das Mädchen folgt mir voller Zuversicht, Cyrus dagegen verfehlt eine Stufe und lässt beinahe sein Glas fallen. Aber die vielen Jahrhunderte in menschlichen Körpern haben uns eine mühelose, katzenhafte Eleganz mitgegeben, so dass er sich rasch wieder fängt.
    Die Wände an der Treppe sind mit jadegrün und gold gestreiften Tapeten bedeckt, und in Kupferwandleuchten flackern matte rosafarbene Glühbirnen. Oben angekommen, gehen wir einen langen Korridor entlang. Jared und Amelia, die vor dem Raum Wache halten, geben uns den Weg frei. Ich schwebe auf einer Wolke aus Nervosität an ihnen vorbei. Amelia wirft mir einen seltsamen Blick zu, als ob sie tief in mich hineinblicken könnte, die Vogelaugen wachsam, den Kopf zur Seite geneigt. Ich möchte ihr sagen, dass ich sie vermissen werde, doch wenn ich ehrlich bin, ist es eine Erleichterung, sie bald los zu sein.
    Claudia und Cyrus betreten die Lounge, und ich schließe die schwere Walnussholztür hinter uns. Als ich sie verriegele, blickt Cyrus überrascht auf – ich weiß, dass die Tür offen bleiben soll, damit Jared und Amelia im Notfall einschreiten können –, lässt mich jedoch gewähren.
    »Es ist wunderschön hier«, sagt Claudia atemlos, während sie die Wände aus grünem Milchglas bestaunt, die von hinten beleuchtet sind. Die Zimmerdecke ist mit Gaze bespannt, die sich sanft in der durch die offenen Balkontüren hereinwehenden Brise wölbt. Wegen dieses Raumes habe ich Cyrus gebeten, die Party hier abzuhalten.
    »Schön, dass es dir gefällt.« Seine Stimme klingt ein wenig schleppend, als er sich auf einer der Couchen niederlässt. Er reibt sich die Augen, als ob er nicht klar sehen könne. Nervös atme ich tief ein und reiche Claudia ein Glas mit Absinth, während ich versuche, es mir auf den Bodenkissen bequem zu machen. Ich vermeide es, zu den Balkontüren hinüberzusehen. Selbst in seinem beeinträchtigten Zustand könnte Cyrus meine Absicht erkennen. Der Abschiedsbrief in meiner Tasche scheint Tonnen zu wiegen.
    »Also, Claudia, erzähl mir ein bisschen über dich. Du bist nicht aus San Francisco, oder?« Ich verschränke die Finger, damit sie meine Unruhe nicht verraten.
    Cyrus hat seinen Wein zur Hälfte ausgetrunken.
    »Nein«, antwortet sie, »ich bin aus München.«
    »Mit Freunden auf Reisen?«, frage ich weiter.
    »Nein, ich bin allein unterwegs. Mit großer Begeisterung. Ich war schon überall, aber San Francisco ist echt eine Wahnsinnsstadt. Deshalb will ich mir auch einen Job suchen, um hierbleiben zu können.«
    Obwohl Claudia die Nacht überleben wird, wallt glühende Wut in mir auf. Cyrus kennt meine einzige Bedingung: Ich nehme grundsätzlich nur Körper, die bereit sind zu sterben. Entweder körperlich oder seelisch. Claudia hingegen ist gesund und glücklich und freut sich auf ihre Zukunft. Sie ist allein und bildschön – für Cyrus reicht das, um zu entscheiden, dass sie den Tod verdient.
    Cyrus, inzwischen bleich und mit geweiteten Pupillen, wirft mir ein Lächeln zu, das frei von jeglichen Schuldgefühlen ist. Ich schließe kurz die Augen, um die Wut zu unterdrücken, die in meinem Herzen pulsiert.
    Claudia lächelt schüchtern. »Erzähl mir von dem Shooting.« Sie schlägt die Beine übereinander und streicht sich übers Haar. »Ich habe schon mal gemodelt.«
    Um mich wieder zu beruhigen, stehe ich auf, und die Anstrengung

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