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Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Titel: Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Avery Williams
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wird. Ich fing gar nicht bewusst an, Geld beiseitezulegen, eher instinktiv. Eines Tages legte ich das Wechselgeld für einen Kaffee in das Buch, das ich gerade las, und behauptete Cyrus gegenüber, dass der Kassierer mir wohl zu wenig herausgegeben habe. Dieser kleine Ungehorsam versetzte mir einen Kick. Endlich hatte ich etwas, das allein mir gehörte.
    Ich greife in den Ausschnitt meines Kleides und hole den Schlüssel hervor, den ich an meinem BH-Träger befestigt habe. Im Kofferraum liegt meine Fluchttasche mit Kleidung zum Wechseln, Cyrus’ Buch und meinem Geld. Heute Nacht werde ich runter nach Big Sur fahren. Ich will bei den Mammutbäumen und den Wasserfällen sein, wenn ich sterbe.
    Ich ziehe Jeans und Sweatshirt an, lasse das verschmutzte Kleid in den Kofferraum fallen und schlüpfe mit meinen zerschrammten Füßen in ein Paar Turnschuhe. Meine Hände zittern, als ich mich auf den Fahrersitz setze und den Schlüssel ins Zündschloss stecke. Das Hämmern in meinen Schläfen und die blaue Färbung meiner Finger sind ein Zeichen, dass ich es vielleicht nicht bis Big Sur schaffen werde. Aber ich muss es zumindest versuchen.
    Der Wagen springt an, und ich reihe mich in den Verkehr ein. Ungläubig schüttele ich den Kopf – nach sechshundert Jahren mit Cyrus bin ich endlich frei. Ich gebe mir selbst das Versprechen, nie wieder einen Unschuldigen zu töten. Bald trete ich das Gaspedal stärker durch und lasse San Francisco – und damit meine Vergangenheit – weit hinter mir.

Kapitel 6
    I ch fahre mit weit geöffneten Fenstern und sauge die Welt und die frische Luft ein, solange ich noch Zeit habe. Der Straßenbelag rattert unter den Rädern, trägt mich voran, als auf einmal Aufregung in mir aufsteigt. Ich weiß, es ist morbide, aber der Tod ist ein unerforschtes Gebiet. Nicht einmal Cyrus weiß, was geschieht, wenn wir sterben.
    Mit jeder Meile, die ich zwischen mich und Cyrus bringe, fällt mehr Gewicht von mir ab. Selbst im Regen hat Kalifornien noch nie so schön und lebendig ausgesehen wie jetzt. Ich blicke zu den Sternen hinauf, die durch die Wolken drängen, als ob sie jeden Moment in die Bucht fallen könnten.
    Ich hoffe, du bist irgendwo da draußen, Mutter, denke ich, denn ich komme jetzt zu dir.
    Doch die Euphorie verlangt einen hohen Preis, zehrt an meiner kaum noch vorhandenen Energie. Meine Hände am Steuerrad zittern, mein Blick verschwimmt, die Lichter der entgegenkommenden Autos werden zu langen gelben Streifen. Ich habe kaum noch genug Kraft, um das Gaspedal zu treten. Hinter mir hupt jemand und überholt mich, und ich fürchte, dass ich nicht länger Gewalt über meinen Körper habe.
    Seufzend packe ich das Steuerrad fester. Ich hatte bis nach Big Sur fahren wollen, um mich zwischen den Bäumen zu verkriechen und allein dem kalten Wind und dem Rufen der Eulen auf den knorrigen Ästen zuzuhören, aber ich werde immer schwächer, und das sehr schnell. Ich werde es nicht bis dorthin schaffen. Selbst wenn ich es versuchte, würde ich wahrscheinlich nur einen Autounfall verursachen und am Ende noch jemanden töten.
    Oakland, entscheide ich mich, ist ein genauso guter Ort zum Sterben. Die Straße macht eine scharfe Kurve, als ich von Treasure Island Richtung Oakland abbiege. Ich komme an einer alten, verblichenen Reklametafel vorbei, die den Tag des Jüngsten Gerichts ankündigt, der jedoch nie gekommen ist. Dahinter ragen die schaurigen Verladekräne des Containerhafens von Oakland wie uralte Wächter der Stadt empor.
    Ich lenke das Auto die Franklin Street hinunter, auf den Jack London Square zu. Eine einsame Laterne brennt auf den Ladedocks der Second Street, winzige Nebeltropfen tanzen in ihrem Schein in der Nachtluft. Ich parke in einer Seitenstraße und stütze den Kopf in die Hände. Ein Schwächeanfall droht mich zu übermannen, ebbt jedoch wieder ab. Zitternd ziehe ich die Schlüssel aus dem Zündschloss, hänge mir meine Tasche über die Schulter und gehe leise durch die Dunkelheit davon. Ich weiche einigen Ölpfützen und Schlaglöchern aus und steuere auf ein Neonschild mit der Aufschrift »Saloon« zu, das unter einer termitenzerfressenen Dachtraufe hängt.
    Ich weiß, dass mir kaum noch Zeit bleibt, aber ich werde nicht im Auto von dieser Welt gehen. Auch wenn unsere ursprünglichen Körper einen menschlichen Tod sterben, zerfallen unsere gestohlenen Hüllen zu Staub, sobald wir sie verlassen, ausgelaugt von der Kraft, die es kostet, eine fremde Seele zu beherbergen. Ich will,

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