Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
weiß … Na ja, ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich dem Buch trauen kann. Denn wenn er wirklich dafür verantwortlich ist, dass es mir in die Hände gefallen ist, dann würde es mich bloß - schon wieder! - zu einer Spielfigur in seinen Plänen machen, wenn ich jetzt darin lese.
Andererseits, wenn er wirklich Einfluss auf diese Seiten hat, dann könnte es sein, dass dort ein Hinweis versteckt ist, ein Hinweis darauf, wie dieses Spiel endet, oder wie er es zu gewinnen plant.
Vielleicht geht es nur darum, die richtigen Fragen zu stellen, wie bei der Akasha-Chronik im Sommerland.
Doch während die Akasha-Chronik nur denjenigen Zutritt zu ihren prachtvollen Hallen gewährt, die würdig sind, ist für das Buch der Schatten lediglich ein Code erforderlich, gefolgt von einer in Code gefassten Frage, am besten in Reimen.
In den Welten der Magie - ist dieses Buch daheim
Für das ich die Erwählte bin - auf dass ich kehre heim
In mystischen Gefilden - weile ich zurzeit
Betrachte dieses Werk und sehe - was darin liegt bereit
Ich sitze da und versuche fieberhaft, mir eine schlaue, gereimte Frage auszudenken, mit der ich Romans Code knacken kann, doch mein Verstand bleibt leer, und das Buch liegt einfach nur da. Seine Seiten weigern sich, irgendetwas Neues zu enthüllen.
Seufzend lehne ich mich auf meinem Stuhl zurück und drehe mich hin und her, während ich das Zimmer betrachte, die verschiedenen Bilder und Totems an den Wänden, die Massen von Büchern, die sich auf den Regalen stapeln. Ein Raum, der vor Potenzial beinahe überquillt, der all die nötigen Ingredienzien für alle möglichen Zaubersprüche beherbergt, und doch inspiriert mich keiner davon, keiner bietet irgendwie Hilfe an. Und die Wahrheit ist, ich habe keine Zeit mehr zu verlieren. Der Sommer geht schnell zur Neige, und ich muss eine Lösung finden, denn ich kann Damen unmöglich weiter aus dem Weg gehen.
Damen.
Ich presse die Hände gegen mein Gesicht, wild entschlossen,
die Tränen zurückzuhalten. Zwinge das salzige Brennen wieder meine Kehle hinunter.
Ich habe ihn seit dem Tag von Miles’ Party nicht mehr gesehen, als ich aus seinem Auto gesprungen und ins Sommerland getürmt bin. Habe seine Anrufe nicht erwidert. Bin nicht an die Tür gegangen. Habe die zahlreichen Sträuße aus roten Tulpen kaum zur Kenntnis genommen, die jetzt mein Zimmer füllen. Mir ist klar, dass ich sie nicht verdient habe - dass ich ihn nicht verdient habe -, bis ich eine Möglichkeit finden kann, das alles zu regeln. Eine Möglichkeit finden kann, ihn um Hilfe zu bitten. Oder sogar eine Möglichkeit, Jude zu bitten, ihn um Hilfe zu bitten. Aber jedes Mal, wenn ich dazu ansetze, mischt sich das Ungeheuer ein und weigert sich strikt, irgendetwas zwischen Roman und mich kommen zu lassen. Und die Wahrheit ist, mir wird nicht nur die Zeit knapp, sondern auch die Orte, an denen ich suchen könnte. Judes Recherche hat nichts ergeben, und alles, was ich bisher versucht habe, hat mit absolutem Scheitern geendet. Und wenn der gestrige Abend irgendetwas zu besagen hat, dann wird es immer schlimmer.
Ich öffnete die Augen und fand ein dunkles Zimmer vor; der dichte Seenebel ließ nicht einmal den dürftigsten Mondschein durchsickern. Trotzdem schlüpfte ich aus dem Bett und aus dem Haus; mit nackten Füßen und nur in ein dünnes Baumwollnachthemd gekleidet. Und mit nur einem einziges Ziel im Sinn. Von Romans Haus angezogen wie eine Schlafwandlerin - wie eine von Draculas übereifrigen Bräuten.
Rasch und mühelos eilte ich durch die stillen, leeren Straßen und blieb dicht vor seinem Fenster stehen, wo ich mich hinkauerte und durch einen Spalt im Rollo spähte. Und augenblicklich ihre Gegenwart spürte, wusste, dass
sie dort drin war … irgendwo … und das genoss, was mir bestimmt ist.
Mein Verstand geriet ins Trudeln, ins Taumeln, während mein Körper vor ungestilltem Hunger und Verlangen schmerzte. Das Ungeheuer tobte in meinem Innern, drängte mich, mit dem Denken aufzuhören und zu handeln - einfach die Tür aufzubrechen und sie endlich zu eliminieren. Und gerade wollte ich es tun, war im Begriff, mich in Bewegung zu setzen, als sie mich spürte. Mit einem so harten, so drohenden Blick stürmte sie auf das Fenster zu, dass es wie eine kurze Ohrfeige klaren Denkens war - eine Erinnerung daran, wer ich bin, wer sie ist und was wir zu verlieren haben, wenn ich es zulasse, dass das Ungeheuer gewinnt.
Und ehe ich eine Chance hatte, alles noch einmal zu überdenken,
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