Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
wird von diesem Om angenommen, dass
es der Klang dieser Energie ist - dieser gewaltigen, kosmischen Energie. Hast du das noch nie gehört? Meditierst du denn nicht?«
Ich zucke die Achseln. Früher habe ich mal meditiert. Habe meine Aura gereinigt. So getan, als würden Wurzeln aus meinen Fußsohlen tief ins Zentrum der Erde sprießen, und noch allen möglichen anderen Wohlfühlunsinn gemacht. Aber jetzt nicht mehr. Ich meine, es ist ja nicht so, als hätte ich Zeit, herumzusitzen und auf meinen eigenen Atem zu achten, wenn meine ganze Welt um mich herum in die Brüche geht.
»Du solltest echt wieder damit anfangen, weißt du? Meditieren hilft wirklich dabei, zu heilen und ins Gleichgewicht zu kommen, ganz zu schweigen von …«
»Und, heilt es dich?« Viel sagend sehe ich seine Arme an und überlege immer noch, ob ich die Idee, die ich gestern Abend hatte, in die Tat umsetzen soll. Addiere das Für und Wider und komme einem Entschluss doch nicht näher.
»Ich habe nachher noch einen Arzttermin, wir werden es also wohl herausfinden. Und da wir gerade dabei sind …« Unsere Blicke begegnen sich. »Ich habe mich gefragt, ob du mich da hinfahren könntest. Ich könnte ja den Bus nehmen, aber dann müsste ich den Unterricht früher beenden, und das würde ich lieber nicht tun, weißt du?«
»Unterricht?« Verständnislos sehe ich ihn an.
»Na ja, du weißt doch, hellseherische Fähigkeiten für Anfänger, mit Schwerpunkt Selbstfindung und Wicca. Du erinnerst dich doch bestimmt?« Er lacht.
Ich nicke, stehe von meinem Hocker auf und überlasse ihn Jude. »Wie läuft’s denn damit so?«
»Ganz okay. Deine Freundin Honor scheint echt begabt zu sein.«
Ich halte inne. Mit allem. Jetzt hat er meine geballte Aufmerksamkeit. »Honor?«
Er zuckt die Achseln. »Ja, du weißt doch. Ich dachte, ihr wärt befreundet?«
Ich schüttele den Kopf und denke daran, was ich am letzten Schultag beobachtet habe, und an Honors Pläne für einen gewaltigen Stacia-Coup. »Wir gehen in dieselbe Klasse.« Achselzuckend drücke ich mich gegen die Wand und lasse ihn vorbei. »Befreundet sind wir eigentlich nicht. Glaub mir, das ist ein Unterschied.«
Er bleibt stehen, wenn er eigentlich weitergehen sollte, sodass ich praktisch gegen ihn geklemmt bin. Seine Augen forschen auf eine Art und Weise in meinem Gesicht, die unweigerlich eine Flut der Ruhe durch mich hindurchströmen lässt - die erste Ruhe seit Tagen. Seit ich das Sommerland verlassen habe. Danach konnte ich die ganze Zeit immer nur an Ava denken und daran, wie sie es geschafft hat, sich Zugang zu den Großen Hallen des Wissens zu erschleichen. Und obwohl es nur ein paar Sekunden währt, obwohl er gleich darauf an mir vorbei zu seinem Hocker geht, die Auswirkung, die beruhigende Aufladung durch seine Gegenwart, hält an.
»Entweder hängt sie sich megamäßig rein, oder sie hat eine echte Begabung für Magie«, meint er, schnappt sich mit zwei unversehrten Fingern die Schachtel mit den Kassenzetteln und blättert sie ungeschickt durch. »Scheint allerdings ziemlich zielstrebig zu sein, also würde ich auf Reinhängen tippen.«
Ich blinzele und versuche, mich an alles zu erinnern, was ich über Honor weiß. Doch abgesehen von ihrer Position als Craigs Freundin und als Stacias missmutige beste Freundin ist das nicht viel.
Ich sehe Jude an und überlege, ob ich ihm erzählen soll, dass Honors Absichten nach allem, was ich gesehen habe, als ich damals einen schnellen Blick in ihren Kopf geworfen habe, ganz und gar nicht so … honorig sind. Aber es ist ja nicht so, als hätte Stacia mir - oder irgendjemand anderem - jemals irgendwelche Gefallen getan, wer bin ich also, mich da einzumischen?
»Und, wann fängt der Unterricht an?«, erkundige ich mich und beschließe, mich auf die praktische Seite der Dinge zu konzentrieren, während ich auf das Hinterzimmer zugehe.
»In einer Stunde. Warum?«
»Ich bin dann hinten, bis du mich brauchst.« Damit schlüpfe ich ins Büro und schließe die Tür hinter mir. Hole das Buch aus seinem Versteck und klatsche es auf den alten Holzschreibtisch. Dann nehme ich mir einen Augenblick lang Zeit für ein paar tiefe, reinigende Atemzüge, ehe ich mich darüberbeuge, mit den Fingern über die kunstvolle, goldene Schrift auf der Vorderseite fahre und überlege, ob ich das hier tun sollte oder nicht.
Als ich dieses Werk das letzte Mal zurate gezogen habe, ist es nicht besonders gut gelaufen, Und jetzt, da ich von Romans Verbindung mit dem Buch
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