Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
zu manifestieren, nur um zu beweisen, dass ich es noch kann. Aber das hält normalerweise nicht besonders lange vor, und in letzter Zeit passiert es auch nur, wenn ich müde bin und ziemlich durch den Wind, so wie jetzt. Und dann gibt es Zeiten, da kann ich mir nicht vorstellen, wieder zu solcher Gewöhnlichkeit zurückzukehren.
Doch stattdessen sehe ich sie nur an und erkundige mich: »Und, wie geht’s den Zwillingen?« Dabei breche ich noch ein Stückchen von dem Keks ab und erinnere mich, wie die einmal geschmeckt haben, so süß, so reichhaltig und köstlich, überhaupt nicht so fade und nichts sagend wie dieser hier. Und ich weiß, dass ich es bin, die verändert worden ist, nicht das Rezept.
»Weißt du, es ist komisch.« Sie stellt ihre Tasse hin und beugt sich vor. Ihre Finger spielen mit ihrem grob gewebten grünen Platzdeckchen, als würde sie es mit den Händen bügeln. »Wir haben uns alle so gut und so schnell eingelebt, es ist, als wäre gar keine Zeit vergangen. Wer hätte das gedacht?« Sie lächelt halb und schüttelt staunend den Kopf. »Ich weiß ja, dass es bei der Reinkarnation hauptsächlich um das Karma geht, und um Unerledigtes aus unserer Vergangenheit, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass das für mich mal so … wortwörtlich endet.«
»Und ihre Magie - kommt sie zurück?«
Sie holt langsam und tief Luft, und ihre Finger greifen erneut nach der Tasse, legen sich fest um den Henkel, heben sie jedoch nicht hoch, während sie erwidert: »Nein. Noch nicht. Aber vielleicht ist das ja gar nicht so schlecht.«
Ich sehe sie verwirrt an; was kann sie damit meinen?
»Na ja, bei dir scheint das ja nicht so gut geklappt zu haben, oder?«
Unwillkürlich lasse ich die Hände in den Schoß fallen und ziehe und drehe an meinen Fingern. Meine zusammengekauerte, nervöse Körperhaltung ist mehr oder weniger allein schon die Antwort, auf die sie aus ist.
»Und obwohl ich früher, na ja, ganz offenkundig Magie praktiziert habe.« Sie steckt die Zunge seitlich heraus und
hebt die Hand über den Kopf, sodass sie eine Henkersschlinge andeutet. Dann lacht sie laut los und wackelt mit den Fingern vor mir herum, als ich sie entgeistert anstarre. »Ach, bleib locker.« Sie lächelt, ein rasches Aufblitzen weißer Zähne. »Hat doch keinen Sinn, sich wegen einer Vergangenheit aufzuregen, die ich nicht ändern kann. Jeder Schritt führt uns zum nächsten, und so wie die Dinge liegen, ist der nächste Schritt genau hier.« Sie klatscht mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wegen der Erfahrungen aus meinen früheren Leben, weil du mir geholfen hast, Zutritt zum Sommerland zu bekommen, wo ich schließlich in den Großen Hallen des Wissens gelandet bin, bin ich viel besser in der Lage, die Dinge zu verstehen, die ich früher höchstens erahnen konnte.«
»Ach ja, was denn zum Beispiel?« Ich kneife die Augen zusammen und verfalle sofort wieder in mein altes, streitlustiges Verhaltensmuster, indem ich ihr nicht einmal die Chance geben, zu sagen, was sie zu sagen hat, ohne sie rüde zu unterbrechen.
Doch Ava beschließt erwartungsgemäß, das gar nicht zu beachten und redet weiter, als hätte ich gar nichts gesagt. »Ich habe gelernt, dass Magie genau wie Manifestieren nichts anderes ist als eine simple Manipulation von Energie. Aber während Manifestieren normalerweise dem Manipulieren von Materie vorbehalten ist, ist Magie, jedenfalls in den falschen Händen …« Sie hält inne und sieht mich an, und ihr Blick schreit gellend »in deinen Händen!« , oder jedenfalls kommt es mir so vor. »Also, wenn sie nicht richtig ausgeübt wird, ohne angemessenes Ziel, dann neigt sie dazu, andere Menschen zu manipulieren, und da fangen die Probleme dann an.«
»Ich wünschte, die Zwillinge hätten mich davor gewarnt«,
nuschele ich und kann es kaum fassen, dass ich den beiden die Schuld gebe, aber trotzdem, ich tue es.
»Vielleicht haben sie es ja nicht erwähnt, aber Damen doch wohl ganz bestimmt?« Sie sieht mich an, und ihren hochgezogenen Brauen und dem vorgereckten Kinn nach zu urteilen kauft sie mir diese Ausrede eindeutig nicht ab. »Ever, wenn du gekommen bist, weil du Hilfe brauchst, was ich in Anbetracht der Uhrzeit und der Umstände annehme, dann lass mich bitte genau das tun - dir helfen. Ausreden sind nicht nötig, ich bin nicht hier, um in irgendeiner Weise oder Form über dich zu urteilen. Du hast einen Fehler gemacht, da bist du nicht die Erste, und du wirst ganz sicher nicht die Letzte sein. Und
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