Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
auch wenn du bestimmt findest, dass dein spezieller Fehler unheimlich groß ist, sogar unüberwindlich, kann man solche Sachen, im Gegensatz zu dem, was du denkst, immer ungeschehen machen. Oft sind sie auch gar nicht so vernichtend, wie wir meinen - oder ich sollte wohl sagen, wie wir sie sein lassen.«
»Ach, jetzt lasse ich also zu, dass es so ist?«, lege ich los, und der Widerspruch erfolgt so leicht und schnell, doch ich bin nicht mit dem Herzen dabei und winke schnell ab. Dann füge ich seufzend hinzu: »Weißt du, bei jemandem, der so oft Hilfe braucht wie ich, sollte man doch meinen, er könnte sie ein bisschen besser annehmen.« Ich verdrehe die Augen und schüttele den Kopf, aber die Geste gilt mir und nicht ihr.
Ava zuckt die Achseln, nimmt einen Haferflockenkeks von dem Haufen und steckt sich eine Rosine in den Mund. »Für sture Menschen ist es niemals leicht.« Sie lächelt, und ihr Blick begegnet dem meinen. »Aber ich denke, das haben wir jetzt hinter uns, nicht wahr?« Als sie mein zustimmendes Nicken sieht, fährt sie fort. »Verstehst du, Ever,
sowohl beim Zaubern als auch beim Manifestieren ist die Absicht das Allerwichtigste - das Ergebnis, das man ins Auge gefasst hat. Deine Absicht ist das wichtigste Werkzeug, das dir zur Verfügung steht. Du bist doch mit dem Gesetz der Anziehung vertraut, oder?« Sie sieht mich an und fährt mit der Hand über ihren seidigen Ärmel. »Dass wir das anziehen, worauf wir uns konzentrieren? Also, hier ist es nicht anders. Wenn du dich auf das konzentrierst, was du fürchtest - dann kriegst du mehr von dem, wovor du Angst hast. Wenn du das ins Auge fasst, was du nicht willst - bekommst du mehr von dem, was du nicht willst. Wenn du es darauf anlegst, andere zu kontrollieren - ziehst du mehr Kontrolle durch andere an. Deine auf sie gerichtete Aufmerksamkeit bringt mehr von ihnen und mehr ähnliche Leute wie sie in dein Leben. Anderen deinen Willen aufzuzwingen, um sie dazu zu bringen, etwas zu tun, was sie normalerweise nicht tun würden … Na ja, das funktioniert nicht nur nicht, es geht außerdem meistens nach hinten los und kommt zurück wie ein Bumerang. Daraus resultiert Karma, wie aus jeder Handlung, nur ist das nicht die Sorte Karma, die sich zu deinen Gunsten auswirkt. Es sei denn, du bist bereit, ein paar sehr wichtige Lektionen zu lernen …«
Obwohl sie weiterredet, sitzt mein Versand noch immer an der Stelle mit dem Karma fest, dass es zurückkommt wie ein Bumerang. Mir fällt wieder ein, dass die Zwillinge einmal etwas ganz Ähnliches gesagt haben, etwas in der Art von: Es ist falsch, Magie aus eigennützigen, schändlichen Gründen anzuwenden. Das Karma muss gezahlt werden, und es kommt dreifach zurück.
Ich schlucke krampfhaft und greife nach meinem Tee. Ihre Worte fluten über mich hinweg. »Ever, du musst verstehen, dass du dich die ganze Zeit über mit aller Kraft
gewehrt hast. Gegen mich, als ich versucht habe, dir zu helfen. Gegen Damen, als er angefangen hat, sich Sorgen um dich zu machen, gegen Roman und diese schrecklichen Sachen, die er dir angetan hat …«Abwehrend hebt sie die Hand, als sie sieht, dass ich Einspruch erheben will und bringt mich mit erhobenem Finger zum Schweigen. »Und mit Gegenwehr ist das so, die Ironie daran ist, dass du am Ende so viel Zeit und Energie auf das ausrichtest, wogegen du dich zur Wehr setzt, gegen die Dinge, die du nicht willst, dass du schließlich genau diese Dinge anziehst.«
Ich sehe sie an und bin mir nicht ganz sicher, ob ich sie richtig verstehe. Soll ich mich etwa nicht gegen Roman wehren? Ich meine, hal-lo , schaut doch mal, was gerade passiert ist, oder was gerade beinahe passiert wäre, als ich mir fast gestattet habe nachzugeben.
Sie strafft die Schultern und legt die Hände zu beiden Seiten ihrer Tasse auf den Tisch. Dann schaut sie mir in die Augen und setzt von Neuem an. »Alles ist Energie, richtig?«
Habe ich mir sagen lassen.
»Wenn also deine Gedanken Energie sind und Energie anzieht, dann ziehen all deine Gedanken über all die Dinge, die du am allermeisten fürchtest - also, eigentlich sorgst du dafür, dass sie passieren. Du manifestierst ihre Existenz, einfach indem du dir ständig Gedanken darum machst. Oder, um es einfacher und übrigens sehr passend für dich auszudrücken, wie die Alchemisten sagten: ›Wie oben, so auch unten, wie drinnen, so auch draußen.‹ «
»Das ist einfach ausgedrückt?« Ich schüttele den Kopf und lasse meinen Tee in der Tasse kreisen.
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