Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
für mich getan hat.« Heftig reibe ich meine Arme, um mich zu wärmen, dabei ist mir eigentlich gar nicht kalt. Ich bin nur verlegen. Ich bin verlegen und fühle mich ganz sicher nicht wohl in meiner Haut.
Doch Jude nickt nur und versichert mir, dass alles gut wird. Seine Hand liegt in meinem Kreuz, als er mich schweigend von der Brücke weglotst, von der langen Reihe der Seelen, die fröhlich auf die andere Seite hinüberhüpfen, und zurück auf die Erdebene.
SIEBENUNDZWANZIG
A lso, du machst jetzt Folgendes.« Er lässt den Motor im Leerlauf brummen, während er sich zu mir herumdreht. »Erstens gehst du da rein und packst aus.« Er hebt den Finger, um mich zum Schweigen zu bringen, sobald ich versuche, ihm ins Wort zu fallen. »Du setzt dich hin und erzählst die ganze schmutzige Geschichte - lass nichts weg. Denn trotz deiner früheren Erfahrungen mit ihr, nach allem, was ich gesehen und nach allem, was ich erfahren habe, bist du da in guten Händen. Wirklich. Sie ist klüger, als du denkst, und sie macht das jetzt schon seit vielen Leben. Ganz zu schweigen davon, dass sie so ziemlich die Einzige ist, die mir einfällt, die wirklich unvoreingenommen helfen könnte.«
»Woher weißt du das mit ihren früheren Leben?«, will ich wissen, und ein jähes Frösteln überzieht meine Haut. »Ich meine, abgesehen von dem Kram, den ich dir schon erzählt habe?«
Er sieht mich an und dehnt den Augenblick so lange aus, dass ich schon den Blickkontakt abbrechen will, als er sagt: »Ich war in den Großen Hallen des Wissens. Ich weiß jetzt so ziemlich alles.«
Ich nicke, schlucke krampfhaft und gebe mir Mühe, nicht in Panik zu geraten. Denn obwohl ich ihm gegenüber gerade mehr oder weniger die Mutter aller Beichten abgelegt habe, trotzdem, ich habe ihm doch nicht alles erzählt.
Doch er zuckt lediglich die Achseln, ohne im Mindesten zu zögern. »Und dann, wenn du da drin fertig bist, dann musst du zu Damen. Es ist mir egal, was du ihm erzählst, das ist deine Sache. Aber du hast ihm in letzter Zeit ganz schön was zugemutet, und ganz gleich, wie ich zu ihm stehe …« Er hält inne und schüttelt den Kopf. »Tu’s einfach, okay? Es geht dir noch nicht besser - das hast du heute Nacht bewiesen, und du musst ihn auf deiner Seite haben, damit er dir hilft, da durchzukommen. Es ist richtig, es ihm zu sagen. Und wenn du schon mal dabei bist, nimm dir ein bisschen frei. Im Ernst, ich komm schon mit dem Laden zurecht. Außerdem hat Honor angeboten einzuspringen, also gebe ich ihr vielleicht Gelegenheit dazu.« Ich nicke und bin beeindruckt, wie nobel er ist, dass er so den rechten Weg einschlägt und mich zu seinem Rivalen der letzten paar Jahrhunderte drängt. Fest umklammere ich den Türgriff und bin mir sicher, dass wir fertig sind. Gerade will ich aussteigen, als er die Hand auf mein Bein legt, sich zu mir herüberbeugt und sagt: »Da wäre noch was.«
Ich drehe mich um und sehe, wie ernst er geworden ist, während seine kühlen Finger mein Knie drücken.
»Ich verspreche zwar, mich nicht in deine Beziehung mit Damen einzumischen, aber ich habe auch nicht vor, einen Rückzieher zu machen. Vierhundert Jahre beim Mädchen meiner Träume immer wieder den Kürzeren zu ziehen, das kommt bei mir in letzter Zeit nicht gut an.«
»Du … Du weißt davon?« Ich schnappe nach Luft, und meine Hand zuckt zu meiner Kehle empor, während meine Stimme erstirbt.
»Du meinst von dem Pariser Stallburschen, dem britischen Earl, dem Gemeindemitglied in Neuengland und dem auch als Bastiaan de Kool bekannten Künstler?« Seine
Augen blicken in meine, zwei Meeresteiche, in denen die Sehnsucht von Hunderten von Jahren brennt. »Ja.« Er nickt. »Ich weiß alles davon. Und mehr. « Ich schüttele den Kopf und habe keine Ahnung, was ich sagen, wie ich jetzt weitermachen soll. Seine Finger heben sich von meinem Knie zu meiner Wange, während er sagt: »Erzähl mir nicht, dass du es nicht auch fühlst - ich weiß, dass es so ist. Ich kann es in deinem Blick sehen, daran, wie du auf meine Berührung reagierst. Verdammt, ich habe sogar gesehen, wie es dich getroffen hat, als du mich vorhin mit Honor gesehen hast … War das heute?« Er schielt nach seinem Handgelenk, doch da er keine Uhr trägt, zuckt er lediglich die Achseln. »Jedenfalls, ich stehe nicht auf Honor, nicht so, wie du denkst. Das ist eine reine Lehrer-Schüler-Beziehung - eine Freundschaft, nicht mehr.« Er legt den Kopf schief, während seine Finger, die seidenweichen
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