Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
Mitarbeiter die neue Hackordnung an der Schule gar nicht wahrnehmen.
»Und, Ever«, sagt er und wendet sich mir zu, als ich meine Lieblingsparklücke ansteuere, die beste von allen, die Damen früher immer für mich frei gehalten hat, in der jetzt allerdings befremdlicherweise Havens Wagen steht. »Das ist noch nicht alles. Es steckt noch ein bisschen mehr dahinter, etwas anderes, was du wissen musst.«
»Schieß los.« Ich lächele, obwohl mein Puls rast, während
ich Romans glänzenden roten Aston Martin betrachte, den jetzt Haven fährt.
»Es ist nicht alles so, wie es auf den ersten Blick scheint.« Er mustert mich aufmerksam und vorsichtig und will sich vergewissern, dass ich zuhöre, ehe er weiterspricht. »Also … versuch bitte, dir das zu merken, okay? Fäll kein vorschnelles Urteil. Zieh keine voreiligen Schlüsse, falls du … oder vielmehr sollte ich sagen, wenn du … auf so etwas stößt. Okay?«
Ich blinzele, streife mir das Haar aus dem Gesicht und sage: »Jetzt spuck’s schon aus, Miles. Ehrlich, ganz egal, was es ist, worum du jetzt herumschleichst wie um den heißen Brei, sag es einfach geradeheraus. Denn ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, worauf du hinauswillst.« Ich sehe ihn aus schmalen Augen an und lese seine Energie, seine unruhige, wabernde Aura, ein sicheres Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Trotzdem halte ich mich an mein Versprechen, seine Privatsphäre zu respektieren und es damit gut sein zu lassen, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, in seine tiefsten Gedanken einzudringen.
Doch das weiß er nicht. Er sieht nur meinen eindringlichen Blick, der ihn augenblicklich in Panik versetzt.
»Hey, lass das sein!«, brüllt er. »Du hast versprochen, du würdest das nicht mehr ohne meine Erlaubnis tun. Schon vergessen?«
»Entspann dich.« Ich mache eine abwehrende Handbewegung. »Ich hab deine Gedanken nicht gelesen. Nicht einmal ansatzweise. Ich meine, puh, was muss man denn noch tun, um sich hier ein klein wenig Vertrauen zu verdienen?«
Letzteres habe ich mehr oder weniger unhörbar vor mich hin gemurmelt, doch irgendwie reizt es Miles zu einer Erwiderung. »Vertrauen ist keine Einbahnstraße, Ever, merk
dir das, okay? Das wollte ich dir eigentlich vorhin schon sagen.«
Achselzuckend übergehe ich Miles’ absichtlich zurückhaltende und undurchsichtige Warnung und schließe stattdessen die Augen, um einer gewissen Person zu beweisen, wer hier wirklich das Sagen hat. Ich sehe , wie der rote Aston Martin in eine entlegene Ecke verbannt wird, während ich aufs Gas trete und mir rasch die geräumte Parklücke aneigne.
Miles schnappt hörbar nach Luft und wendet sich zu mir um. »Wow«, sagt er. »Irgendwie hatte ich ganz vergessen, wie gern ich mit dir zur Schule fahre.« Er schüttelt lachend den Kopf. »Ehrlich, es hat mir richtig gefehlt. Ich meine, versteh mich nicht falsch, ich bin ganz heiß darauf, dass mein Auto wieder aus der Werkstatt kommt, damit ich meine Freiheit wiederhabe und so, aber es geht doch nichts darüber, wie du die Ampelphasen manipulierst, dass es Grün wird, wenn du es brauchst, und Rot, wenn nicht, und wie du all die anderen Fahrer dazu bringst, dir den Weg frei zu machen, und wie du dir einfach jeden Parkplatz schnappst, den du dir in den Kopf gesetzt hast, egal, ob er gerade frei ist oder nicht. Wie jetzt eben zum Beispiel.« Er schüttelt den Kopf und seufzt. »Ich muss echt sagen, Ever, solche Sachen passieren mir nie, wenn ich allein unterwegs bin.«
Doch obwohl er das scherzhaft gemeint hat, erschüttert mich etwas daran wirklich. Alles, was er soeben erwähnt hat, all die trickreichen Manöver hat mich der Meister des Tarnkappenfahrens persönlich gelehrt: Damen. Und ich muss mich zwangsläufig fragen, wo er in der ganzen Sache steht.
»Miles …« Ich halte inne, da meine Stimme wesentlich kleinlauter klingt als geplant. Ich nehme die Hände vom Lenkrad, lasse sie fallen und falte sie auf meinem Schoß.
»Wo ist Damen eigentlich zurzeit?«, frage ich und registriere die Besorgnis, die schlagartig seinen Blick eintrübt. »Ich meine, warum erlaubt er Haven das – hier zu parken und was sie sonst noch alles treibt? Warum wehrt er sich nicht in irgendeiner Form?«
Miles wendet sich ab und braucht einen Moment, um sich zu fassen und die richtigen Worte zu finden. Dann sieht er mich wieder an und drückt mir sachte den Arm. »Glaub mir, er wehrt sich durchaus. Auf seine Art, eben als besorgter Bürger mit gutem Karma. Das
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