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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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stolz auf sich. Ich drehte mich wieder zur Tanzfläche und sagte mit übertriebenem Strahlen: »Lass uns tanzen, ja?«
    »Ja, in Ordnung.« Balthazars Hand schloss sich um meine, und im perfekten Augenblick, genau im Takt, zog er uns wieder zurück zwischen die anderen tanzenden Paare, sodass ich das Gefühl hatte, den Rhythmus der Musik in meinem eigenen Herzschlag wiederzufinden. Vom Blutgeschmack wurde mir ganz schwindlig, so aufregend war er. Nie wieder , dachte ich. Lucas würde das nicht gefallen. Ganz und gar nicht.
     
    Ich rutschte auf dem glatten Boden ein wenig zur Seite und wollte mich gerade entschuldigen, doch da glitt ich ein zweites Mal aus. Als ich mich an Balthazars Schultern klammerte, um das Gleichgewicht wiederzufinden, runzelte er die Stirn, und ich merkte, dass auch er Schwierigkeiten hatte, sich aufrecht zu halten.
    Wir senkten den Blick und sahen, dass der Boden zu einer Eisfläche geworden war.
    Überall um uns herum schwoll ein Murmeln an, und man hörte beunruhigte Rufe, als das Eis dicker wurde und knirschend von einer spiegelglatten, papierdünnen Schicht zu einer dicken, ungleichmäßigen, blauweißen Oberfläche wurde. Einige Paare stürzten, ein Mädchen kreischte. Mein Blick fiel auf einen Strauß weißer Blumen, der mit Bändern an der Wand befestigt worden war; jedes einzelne Blütenblatt glitzerte vom Frostüberzug und war steif und festgefroren.
    Balthazar murmelte: »Das ist …«
    »Uh-huh.«
    Der gleiche kalte, schneidende Wind, an den ich mich so gut erinnern konnte, fuhr durch die Große Halle, und einige der Kerzen verloschen flackernd. Im Orchester hörte ein Instrument nach dem anderen auf zu spielen, sodass aus einer Melodie ein Durcheinander wurde und sich schließlich Stille über alles senkte. Einige der aufsichtführenden Lehrer begannen damit, Leute in Richtung Tür zu drängen, aber alle waren so verängstigt, dass sie die Blicke nicht abwenden konnten. Bläuliches Eis überzog die Wände und ließ jedes einzelne Fenster beschlagen; Eiszapfen, so dick wie Stalaktiten, hingen von den Deckenbalken und wuchsen von Sekunde zu Sekunde weiter Richtung Boden. Sie waren einen halben Meter lang, dann einen ganzen und somit dicker als mein Körper. Und das alles geschah innerhalb weniger Momente. Ich konnte eisige Flocken auf meiner Haut spüren, aber sie waren nicht weich und schneeig wie beim vorigen Mal. Stattdessen waren sie nadelspitz und glatt.
    »Was haben wir nur getan?« Ich klammerte mich an Balthazars Jackett. »Haben wir die Geister aufgeweckt?«
    »Geister?« Courtney hatte offenbar gehört, was wir vor allen geheim zu halten versucht hatten. »Das ist ein Geist?«
    Die Leute gerieten in Panik. Alle drängten gleichzeitig zu den Ausgängen, rutschten jedoch auf dem Eis aus, schrien, stolperten übereinander und sorgten für ein heilloses Chaos. Balthazar schlang seinen einen Arm um meine Taille und legte den anderen über meinen Kopf, um mich vor der Menge zu schützen. Der eisige Wind schnitt durch den Raum und löschte den Rest der Kerzen. Mit jeder Sekunde wurde es dunkler, und mit jeder Sekunde fürchtete ich mich mehr.
    Sie werden schon wissen, was zu tun ist , dachte ich, obwohl ich inzwischen am ganzen Körper zitterte. Ganz bestimmt wissen Mrs. Bethany oder meine Eltern oder sonst irgendjemand, wie man die Sache in den Griff bekommen kann, denn irgendjemand musste das doch in den Griff bekommen und beenden …
    Auf dem Raureif auf einem der Fenster der Großen Halle schmolzen plötzlich einige Linien, sodass ein gekritzeltes Wort zu lesen war: UNSER.
    Dann knirschte das Eis überall, auf den Wänden, der Decke, dem Boden. Wir taumelten zur Seite, von der Wucht der Bewegung unter unseren Füßen aus dem Gleichgewicht gebracht, als ich mit einem Mal ein entsetzliches Ächzen über uns hörte. Ich hob den Blick und sah die Eiszapfen beben.
    Und dann stürzten die drei Meter langen Zapfen, scharf und spitz wie Messer, auf uns herab. Alle schrien durcheinander. Balthazar warf mich auf den Fußboden und bedeckte meinen Körper mit seinem eigenen. Ich keuchte vor Schreck, als ich die Kälte auf meiner Haut und Balthazars ganzes Gewicht auf mir spürte, und ich sah, wie sich einer der Stalaktiten nur einige Zentimeter von uns entfernt in den Boden bohrte. Eissplitter stoben in alle Richtungen und schnitten in meine nackten Arme. Ich hörte Balthazar fluchen und begriff, dass er den Einschlag noch mehr als ich gespürt hatte. Das schwere Eis stürzte neben uns

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